Liudolfinger

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Verwandtschaftstafel der Ottonen in einer Handschrift der Chronica Sancti Pantaleonis aus dem frühen 13. Jahrhundert (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 74.3 Aug. 2°, pag. 226).

Die Liudolfinger, die nach der Kaiserkrönung auch Ottonen genannt werden, waren ein sächsisches Adelsgeschlecht und eine deutsche Herrscherdynastie. Sie regierten im ostfränkisch-deutschen Reich von 919 bis 1024. Das älteste mit Sicherheit identifizierbare Familienmitglied war Graf Liudolf († 866). Die Bezeichnung Ottonen geht auf die drei liudolfingischen Kaiser zurück: Otto I., Otto II. und Otto III.

Anfänge

Der Aufstieg des Geschlechts fällt zusammen mit dem Aufstieg des Ostfränkischen Reiches und dem Entstehen des Heiligen Römischen Reiches. Durch die Entscheidung des mächtigen Stammesherzogs und Königs Konrad I., den Liudolfinger Heinrich von Sachsen zu seinem Nachfolger zu ernennen, erhielt die zuvor lediglich im Herzogtum Sachsen bedeutende Familie die Königswürde.

Könige und Kaiser

Die Herrscher des ostfränkisch-deutschen Reichs aus dem Geschlecht der Liudolfinger waren:

Heinrich I.

Heinrich I. war der Sohn des sächsischen Herzogs Otto dem Erlauchten und ein Enkel Liudolfs. Er wurde 919 in Fritzlar von den fränkischen und sächsischen Großen zum ostfränkischen König gewählt. Eine seiner wichtigsten Aufgaben war die Verteidigung des Reiches gegen die immer wieder angreifenden Magyaren (Ungarn). Diese besiegte er im Jahre 933 in der Schlacht bei Riade an der Unstrut. Im selben Jahr unterwarf er die Elbslawen und Böhmen. Dadurch konnte er das Reich nach innen stabilisieren. Eines seiner politischen Ziele war die Schaffung der Reichseinheit. Diese wollte er mittels der 929 verabschiedeten Quedlinburger Hausordnung erreichen, die seinen zweiten Sohn Otto zum direkten Nachfolger bestimmte. Die anderen Söhne wurden mit der Herzogswürde abgefunden.

Otto I.

Mit König Otto I., der auch Otto der Große genannt wird, bestieg 936 eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des Heiligen Römischen Reiches den Thron. Ottos Heer war es, das die Ungarn endgültig besiegte und der Bedrohung aus dem Südosten ein Ende bereitete, als er sie in der Schlacht auf dem Lechfeld 955 vernichtend schlug. Um die Stabilisierung des Reiches zu vollenden, ließ Otto sich von Papst Johannes XII. im Jahre 962 zum Kaiser krönen. Gleichzeitig erneuerte er das römische Kaisertum von Karl dem Großen, bestätigte die Pippinische Schenkung durch das Privilegium Ottonianum und verheiratete seinen Sohn und Thronfolger Otto mit Theophanu, einer byzantinischen „Prinzessin“.

Otto II.

Bereits 961 wurde der Sohn von Otto I. von seinem Vater zum Mitkönig und 967 zum Mitkaiser erhoben. Als nach 37-jähriger Herrschaft sein Vater verstarb, trat der erst 18-Jährige 973 die Alleinherrschaft an und führte die Politik seines Vaters als römisch-deutscher Kaiser fort. Während seiner Herrschaft erlitt Otto II. jedoch schwere Niederlagen. Bei der Schlacht am Kap Colonna 982 gegen die sizilianischen Sarazenen entging er nur knapp dem Tod und wenige Tage später einer byzantinischen Gefangenschaft. Im Folgejahr gingen durch den Slawenaufstand von 983 dem römisch-deutschen Reich die meisten Gebiete östlich der Elbe für über 140 Jahre verloren. Als Otto II. 983 starb, war sein Sohn und designierter Nachfolger erst drei Jahre alt.

Otto III.

Dieser wurde als Otto III. im Jahre 983 zum deutschen König gewählt. Für ihn übernahm seine Mutter bis 991 die Regentschaft. Fünf Jahre später wurde er zum Kaiser gekrönt. Kaiser Otto III. starb sehr früh (1002) und hinterließ keinen Erben.

Heinrich II.

Doch es wurde mit Heinrich, einem Vetter Ottos, noch einmal ein Liudolfinger deutscher König. Heinrich war der Urenkel von König Heinrich I. und bestieg 1002 als Heinrich II. den Thron (Königswahl von 1002). Trotz aller Widerstände wurde er 1014 zum Kaiser gekrönt. Später wurde er aufgrund seiner vielen Stiftungen (Gründung des Bamberger Bistums) 1146 heiliggesprochen. Er starb 1024 ohne männlichen Erben, sodass die Ottonendynastie in männlicher Linie ausstarb. Mit Heinrich ging die Epoche der Ottonen zu Ende und die Königswürde an die Salier (Konrad II.) über.

Weitere bedeutende Liudolfinger

Stammliste

Siehe auch

Literatur

  • Gerd Althoff: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. 3., durchgesehene Auflage, Kohlhammer, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-17-022443-8.
  • Gerd Althoff, Hagen Keller: Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen. Krisen und Konsolidierungen 888–1024 (= Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 3). 10., völlig neu bearbeitete Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-608-60003-2.
  • Matthias Becher: Rex, Dux und Gens. Untersuchungen zur Entstehung des sächsischen Herzogtums im 9. und 10. Jahrhundert (= Historische Studien. Bd. 444). Matthiesen, Husum 1996, ISBN 3-7868-1444-9.
  • Helmut Beumann: Die Ottonen. 5. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 2000, ISBN 3-17-016473-2.
  • Klaus Gereon Beuckers, Johannes Cramer, Michael Imhof (Hrsg.): Die Ottonen. Kunst, Architektur und Geschichte. 2. durchgesehene Auflage, Imhof, Petersberg 2006, ISBN 3-932526-91-0
  • Patrick Corbet: Les saints ottoniens. Sainteté dynastique, sainteté royale et sainteté féminine autour de l’an Mil. (= Beihefte der Francia. Bd. 15). Thorbecke, Sigmaringen 1986, ISBN 3-7995-7315-1 (online)
  • Wolfgang GieseLiudolfinger. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 718–721 (Digitalisat).
  • Winfried Glocker: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Studien zur Familienpolitik und zur Genealogie des sächsischen Kaiserhauses (= Dissertationen zur mittelalterlichen Geschichte. Bd. 5). Böhlau, Köln u. a. 1989, ISBN 3-412-12788-4.
  • Hagen Keller: Die Ottonen. 6., aktualisierte Auflage. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-77413-3.
  • Ludger Körntgen: Ottonen und Salier. 3., durchgesehene und bibliographisch aktualisierte Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-23776-0.
  • Simon MacLean: Ottonian Queenship. Oxford University, Oxford 2017, ISBN 978-0-19-880010-1.
  • Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter: Ottonische Neuanfänge. von Zabern, Mainz 2001, ISBN 3-8053-2701-3

Weblinks

Commons: Liudolfinger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien