Lord Jim Loge

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Lord Jim Lodge)

Die Lord Jim Loge war ein Zusammenschluss mehrerer Künstler, unter anderem von Jörg Schlick, Martin Kippenberger, Albert Oehlen, Matjaž Grilj, Walter Grond und dem Schriftsteller Wolfgang Bauer. Seit 2005 wird sie von der Künstlergruppe monochrom weitergeführt.

Wirkung

Das Motto der Lord Jim Loge lautete: „Keiner hilft keinem“. Jörg Schlick[1] war der Herausgeber der Zeitschrift Sonne Busen Hammer, des Zentralorgans der Lord Jim Loge. Der Name der Loge kommt von einem Roman von Joseph Conrad, dessen Hauptfigur Lord Jim ein ewiger Verlierer ist, aber dabei ein Idealist bleibt. Die Lord Jim Loge verstand sich als ein „Männerbund des genuinen Widerstands gegen Denk- und Verhaltensschablonen“. Weitere Mitglieder waren u. a. Arnulf Rainer und Niki Lauda. Diese Aufnahmen in die Loge waren oft "Zwangsbeitritte" und manchmal wussten die neuen Mitglieder gar nichts davon. Friedrich Dürrenmatt wurde posthum, allerdings mit Einverständnis seiner Witwe, aufgenommen.

„Sonne Busen Hammer“-Logo an Kippenbergers U-Bahnschacht Metro-Net

Jedes der Mitglieder dieser Loge wurde angehalten, das „Sonne Busen Hammer“-Symbol und den Schriftzug „Keiner hilft Keinem“ in seinen Werken zu verwenden. Erklärtes Ziel war, dieses Signet „bekannter zu machen als das von Coca Cola“. Martin Kippenberger machte dies u. a. bei seinen Selbstporträts von 1988 und den „U-Bahn-Stationen“ (bei diesem Projekt sollte ein weltumspannendes U-Bahn-System errichtet werden, gebaut wurden aber nur Attrappen von Eingängen und Lüftungsschächten).

Mit dem Tod Kippenbergers 1997 hat die Lord Jim Loge ihre Tätigkeit, das Symbol mittels Werksintegration bekannt zu machen, aufgegeben. Durch die internationale Anerkennung der Œuvres von Martin Kippenberger, Albert Oehlen und Jörg Schlick hat die Lord Jim Loge bereits einen beachtlichen Bekanntheitsgrad erreicht.

1993 gründete die Berliner Künstlerin Lena Braun mit der Queen Barbie Loge ein weibliches Pendant zur Lord Jim Loge.

Signet

Datei:Logo-lord-jim-loge.png
Das Signet der Lord Jim Loge

Das Signet kam so zustande: Aky Bleich-Rossi plante 1985 eine Ausstellung mit Werken von Martin Kippenberger, Albert Oehlen, Bauer und Schlick. Wenige Tage vor der Vernissage zeichneten Oehlen und Kippenberger betrunken auf einen Zettel eine Sonne mit Hammer, Bauer kritzelte die Brüste dazu, und Schlick gestaltete damit das Plakat.[2]

Erste 3D-Zeichnung durch Manfred Wolff-Plottegg 1991, Rendering 2006, 3D-Druck (Stereolithographie) 2011.

Das Signet der Lord Jim Loge als 3D-Druck

Zeitschrift

Sonne Busen Hammer war eine (von Mai 1991 an) von Jörg Schlick in Graz herausgegebene Zeitschrift. Sie erschien in unregelmäßigen Abständen und stellte das Zentralorgan der Lord Jim Loge dar. Insgesamt wurden bis 1996 vierzehn Hefte (Nr. 1 bis Nr. 15 ohne Nr. 8) herausgegeben, wobei die Nummer 2 bereits mit 'Die Jubiläumsnummer' betitelt wurde und die Nr. 8 sogar nonexistent ist. Die Auflage betrug 600 bzw. vereinzelt 1000 Exemplare. Im April 2006 erschien Sonne Busen Hammer 16 (gleichzeitig monochrom #24) und im Mai 2007 Sonne Busen Hammer 17 (gleichzeitig monochrom #25) mit einer Auflage von jeweils 2000 Exemplaren in der edition mono. Nach längerer Pause erscheint 2014 schließlich Sonne Busen Hammer 18 (gleichzeitig monochrom #35).

Einzelne Titel der Zeitschrift

  • Keiner hilft keinem. (Das Zentralorgan der Lord Jim Loge; 4) Herausgegeben von Jörg Schlick, Graz o. J.
  • Walter Grond: Habemus Papam oder die betrunkene Laterne: ein Drama. Die Daxernummer. (Das Zentralorgan der Lord Jim Loge; 6) [… anlässlich der Ausstellung von Jörg Schlick im Kunstraum Daxer, München vom 20. März 1992 bis 2. Mai 1992] München 1992.
  • Die Graznummer. (Das Zentralorgan der Lord Jim Loge; 11) Herausgegeben von Elisabeth Fiedler, Graz: Ed. Forum Stadtpark 1994
  • J.B. Slik, you asked for disco: a story is born. Die Oehlennummer. (Das Zentralorgan der Lord Jim Loge; 13) [als Beitrag für die Ausstellung Biennale Trigon 1995 „Jörg Schlick gründet den J. B. SLIK-Fanclub“, 30. September – 22. Oktober 1995, (kuratiert von Peter Weibel) von der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum]. Graz: Oehlen 1995
  • Die Aufbruchsnummer. (Das Zentralorgan der Lord Jim Loge; 16) Herausgegeben von monochrom und der Galerie Bleich Rossi, Wien: edition mono 2006
  • Die Ölzweignummer. (Das Zentralorgan der Lord Jim Loge; 17) Herausgegeben von monochrom und der Galerie Bleich Rossi, Wien: edition mono 2007
  • Sehr unangenehme Gesellschaft. Die Gesundschlachtungsnummer (Das Zentralorgan der Lord Jim Loge; 18) Herausgegeben von monochrom, Wien: edition mono 2014

Übernahme (Lord Jim Loge powered by monochrom)

Die "Lord Jim Loge (powered by monochrom)' gewinnt 2006 den Coca-Cola Light Award.

Anfang Dezember 2005 verkaufte Jörg Schlick der Wiener Künstlergruppe monochrom alle Marken- und Nutzungsrechte der Lord Jim Loge, einschließlich Wort-Marke „Lord Jim Loge“, die Wort-Bild-Marke „Sonne Busen Hammer“ sowie die Wort-Marke „Keiner hilft Keinem“.[3] monochrom übernahm damit aktiv die Loge und begann sie umzugestalten. Erster Schritt war die Umbenennung in „Lord Jim Loge (powered by monochrom)“ und Veröffentlichung von Presseaussendungen und einer neuen Philosophie der Gruppe, beruhend auf "neoliberaler Inklusion", so wurde etwa die männerbündlerische Regel abgeschafft, dass nur Männer Teil der Loge sein können. Diese alte Regel würde potentielle weibliche Investoren abschrecken, was man sich nicht mehr leisten könne. monochrom organisierte (unterstützt durch die Art-Consulting Agentur Teyssandier-Springer) eine Pressekonferenz in Berlin. Hier ging es in erster Linie um die Marken- und Nutzungsrechte:

Ohne die Zustimmung der Eigentümer der oben angeführten Markenrechte dürfen jene Werke, die Elemente dieser Marke beinhalten, keiner wie auch immer gearteten Werknutzung unterworfen werden. Dies betrifft vor allem Reproduktionen und Ausstellungen. Geprüft werden rechtliche Schritte gegen Galerien wie die NGBK in Berlin, die Galerie Bleich-Rossi in Wien und das Forum Stadtpark in Graz, die wegen demnächst stattfindender Ausstellungen Gefahr laufen, gegen diese Rechte zu verstoßen. Diese Vorgangsweise schafft die Basis für Franchising-Konzepte und künstlerische „Re-Start-Ups“.[4]

Ziel von monochrom war es die aus der Welt der Konzerne bekannten Strategien wie "Merger" und "Gesundschlachtung" im Bereich der Kunst durchzuspielen sowie neoliberale Strategien in der Kunstwelt anzuwenden. Die Gruppe prüfte deswegen rechtliche Schritte gegen Galerien und Museen wie das MoMA in New York, da diese, laut monochrom, durch den Besitz von Kunstwerken, die das „Sonne Busen Hammer“-Logo trugen, in Gefahr liefen, gegen die Marken- und Nutzungsrechte zu verstoßen. Diese „Abmahnungen“ waren nur der erste Teil einer ironischen und gezielt aggressiven Reihe an Projekten, die monochrom mit der „Lord Jim Loge“ durchführten. Sie planten u. a. auch andere prekäre Künstlergruppen zu übernehmen, etwa die Public Netbase (Institut für neue Kulturtechnologien, Wien) und ubermorgen.com (u. a. Prix Ars Electronica 2005).[5]

Als nächsten Schritt versuchten monochrom, den von den Gründervätern der Lord Jim Loge schon in den 1980er Jahren geäußerten Wunsch zu erfüllen, das Logo bekannter zu machen als Coca-Cola. Es war auch geplant Geld für eine Expansion der Loge aufzustellen, deswegen beteiligten sie sich im Jahre 2006 am von Coca-Cola Österreich ausgeschriebenen „Coca-Cola Light Art Award“ und gewannen 5000 Euro.[6] Das Logo der Loge wurde auf 50.000 Flaschen Coca-Cola Light gedruckt[7] und das Preisgeld dazu verwendet 12 Ölgemälde zur Geschichte der Lord Jim Loge und der Übernahme durch monochrom billig in China fertigen zu lassen.[8][9] Der Verkaufserlös der Ölgemälde wurde dann in weitere Projekte investiert.

2013 konnten im Rahmen des Steirischen Herbst Künstler aus der Steiermark "um den Ankauf durch die Lord Jim Loge powered by monochrom buhlen." Roswitha Weingrill ging als Siegerin hervor und durfte bald darauf ihre erste Mission für die Lord Jim Loge antreten – eine Reise nach Singapur, die in einer Publikation der Loge aufgearbeitet wurde.[10]

Das Projekt „Lord Jim Loge (powered by monochrom)“ wird bis heute in verschiedenen Formen fortgeführt.

Publikationen

  • We’re only in it for the Markenwert. Die Übernahme der Lord Jim Loge durch monochrom, erschienen in: Geistiges Eigentum und Originalität. Zur Politik der Wissens- und Kulturproduktion, Herausgeber: Odin Kroeger, Günther Friesinger, Paul Lohberger, Eberhard Ortland, Turia & Kant, Wien, 2011, ISBN 978-3-85132-613-0.

Literatur

  • Petra und Ralph Schilcher (Hrsg.): Memory – Remembering Jörg Schlick (1951–2005). Joseph Windisch art productions, Graz 2011.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heideggers Nichts hilft keinem - derStandard.at. Abgerufen am 7. März 2019 (österreichisches Deutsch).
  2. Das Logo und der Wille zum Werk - derStandard.at. Abgerufen am 7. März 2019 (österreichisches Deutsch).
  3. Deutsches Biografische Lexikon (abgerufen am 2. September 2009)
  4. Re:AW: [Wir] Fwd: Loge etc / OTS-Auss.f.Ubernahme; oel / businessplan // WICHTIG; wer? Abgerufen am 4. März 2019.
  5. monochrom übernimmt die "Lord Jim Loge". Abgerufen am 7. März 2019.
  6. Flaschenkunst - derStandard.at. Abgerufen am 7. März 2019 (österreichisches Deutsch).
  7. De:Bug Magazin » Lord Jim Loge: Sonne, Busen, Hammer. Abgerufen am 7. März 2019.
  8. MUSA: Monochrom wird 20. 28. Januar 2013, abgerufen am 7. März 2019.
  9. monochrom: monochrom: 23 WORKS -- Number 16: "The World Of Art In The East". 31. Mai 2013, abgerufen am 7. März 2019.
  10. Günther Friesinger, Anika Kronberger, Johannes Grenzfurthner, u. a.: Sonne Busen Hammer: Das Zentralorgan der Lord Jim Loge 18, monochrom # 35. Sehr unangenehme Gesellschaft - Die Gesundschlachtungsnummer. edition mono/monochrom, Wien 2014, ISBN 978-3-902796-08-0 (worldcat.org [abgerufen am 10. Januar 2022]).