Lorenz Schmidt

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Johann Lorenz Schmidt (* 30. November 1702 in Zell bei Schweinfurt; † 19./20. Dezember 1749 in Wolfenbüttel) war ein deutscher Theologe der frühen Aufklärung.

Schmidt studierte Theologie in Jena. Er arbeitete an einer Bibelübersetzung, der Wertheimer Bibel, deren erster Teil, die fünf Bücher Mose, Ostern 1735 erschien. Das von dem Aufklärer rationalistisch übersetzte Pentateuch entfachte einen Sturm der Entrüstung unter der Orthodoxie und den Pietisten.

Fritz Mauthner beschrieb das so: es hat einen Sturm im theologischen Sumpf hervorgerufen, einen Zorn, zu dessen Verständnis wir uns heute kaum mehr hinabsenken können. Was man ihm so übel nahm, war zunächst die Verwegenheit, den durch eine Tradition von 200 Jahren beinahe geheiligten Text Luthers verdrängen zu wollen; dann aber war es der Wolffsche Rationalismus, mit welchem er den Urtext wörtlich wiedergab (z. B. „ein starker Wind“ wehte über den Wassern, anstatt „der Geist Gottes“)* und mit welchem er in zahlreichen und oft überflüssigen Anmerkungen die Bibelworte schlicht erklärte, in der durchgehenden Absicht, alle Weissagungen des Alten Testaments, die auf Jesus Christus nämlich, kritisch abzulehnen. Er wurde für einen Religionsspötter erklärt, und besonders der bösartige Fanatiker Joachim Lange hetzte die evangelische Kirche und den Reichsfiskal hinter ihm her. Der Schutz des gräflichen Hauses Wertheim, wo er als Erzieher der jungen Herren lebte, konnte ihm nicht viel helfen, weil die fürstliche Linie des Hauses die Befehle des Kaisers auszuführen sich anschickte; doch ließ man ihn nach der Konfiskation des Buches und nach seiner Verhaftung (1737) freundlich entkommen, nach Altona, ...

Als Übersetzer der Nachgelassenen Werke Spinozas, der „Opera postuma“ (nicht unter dessen Namen, sondern nur die Anfangsbuchstaben B. d. S.) erhielt er, der wie Spinoza Verfolgte, 1747 noch vor Gotthold Ephraim Lessing in Wolfenbüttel unter dem Namen Schröder eine Anstellung als Hofmathematiker.

Lessing hatte ihn für den wahrscheinlichen Autor der antichristlichen Stücke ausgeben, welche im Fragmentenstreit große Aufgeregtheit hervorgerufen hatten, damit Hermann Samuel Reimarus, der wahre Verfasser, nicht bekannt würde.

Werke

  • Die Göttlichen Schriften vor den Zeiten des Meßias Jesus 1ster Theil, welcher die Gesetze der Israeliten in sich begreifet. Nach einer freyen Übersetzung, welche durch und durch mit Anmerkungen erläutert, und bestätiget wird. 1735
  • Sammlung derienigen Schriften, welche bey Gelegenheit des wertheimischen Bibelwerks für oder gegen dasselbe zum Vorschein gekommen sind. 1738.

Literatur

  • Hermann Ehmer: SCHMIDT, Johann Lorenz. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 9, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-058-1, Sp. 459–460.
  • Gustav FrankSchmidt, Johann Lorenz. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 31, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 739–741.
  • Werner RauppSchmidt, Johann Lorenz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 194 f. (Digitalisat).
  • Werner Raupp: Schmidt, Johann Lorenz. In: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie. Band 5. Wallstein, Göttingen 2010, ISBN 978-3-8353-0640-0, S. 325–327.
  • Werner Raupp: Schmidt, Johann Salomo. In: Heiner F. Klemme, Manfred Kuehn (General Editors): The Dictionary of Eighteenth-Century German Philosophers. Bd. 3. Continuum, London/New York 2010, ISBN 978-0-8264-1862-3, S. 1045–1047.
  • Paul S. Spalding: Seize the book, jail the author: Johann Lorenz Schmidt and censorship in eighteenth-century Germany. Purdue University Press, West Lafayette (Ind.) 1998.
  • Andres Straßberger: Johann Lorenz Schmidt und Johann Gustav Reinbeck. Zum Problem des „Links-“ und „Rechtswolffianismus“ in der Theologie. In: Albrecht Beutel et al. (Hrsg.): Aufgeklärtes Christentum. Beiträge zur Kirchen- und Theologiegeschichte des 18. Jahrhunderts (= AKThG 31). Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2010, ISBN 978-3-374-02790-3, S. 23–52.

Weblinks