Lorenzo G. Vidino

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Lorenzo G. Vidino (* 1977 in Mailand, Italien) ist Programmdirektor für Extremismus an der George Washington University und gibt Publikationen auf den Gebieten Radikalisation, Gegenradikalisierung sowie Islamismus heraus.[1]

Biografie und Positionen

Er erwarb ein rechtswissenschaftliches Diplom an der Universität Mailand sowie ein Doktorat an der Tufts University Fletcher School in Internationale Beziehungen und hatte bisweilen Anstellungen am Belfer Center for Science and International Affairs an der Harvard-Universität[2], der RAND Corporation und dem Center for Security Studies (CSS) an der ETH Zürich.

Weiters gibt er Medien regelmäßig Expertise, u. a. der New York Times, der Washington Post, dem Wall Street Journal, PBS, CNN, Fox News, MSNBC, BBC, Al Jazeera, der London Times, The Telegraph und Reuters.

Zu seinem bekanntesten Werk zählt das Buch The Muslim Brotherhood in the West: Evolution and Western policies.[3]

Die österreichische Juristin und Parlamentsabgeordnete Stephanie Krisper (NEOS) rechnet Vidino »dem Umfeld der rechtsstehenden Republikaner aus den USA« zu.[4] In einem Interview mit der Wiener Zeitung wies er die Falschmeldung zurück und bezeichnete diese als typisch für den oberflächlichen Ansatz, dass jeder, der sich mit Islamismus beschäftigt, sofort ein extremer Rechter sei. Er gab darin auch bekannt, dass er ein eingetragenes Mitglied der Demokraten war und mit der linken Regierung in Italien rund um Matteo Renzi zusammengearbeitet hat. Er kritisierte darin die Politisierung des Problems in Österreich und die gezielten Methoden der Diffamierung ohne Grundlage. Kritik an Studien und Berichten sei gut und wichtig, in Österreich würden manche Informationen zum Politischen Islam aber sofort verworfen werden. Und zwar nicht nur von Organisationen, die dem Islamismus nahestehen, sondern auch teils vom politischen Mainstream.[5]

Vidino gehört dem wissenschaftlichen Beirat der Dokumentationsstelle Politischer Islam der österreichischen Regierung an. Die wurde noch unter der FPÖ-ÖVP-Koalition geplant und unter Ministerin Susanne Raab (Koalition ÖVP-Grüne) umgesetzt.[6]

Gegenüber dem militanten Islamismus sieht Vidino im politischen Islam die größere Bedrohung für die westliche Kultur, weil der „ein Projekt der langfristigen gesellschaftlichen Umgestaltung“ verfolge.[7]

Im November 2005 sagte Vidino in einem Interview mit dem konservativen bis rechtsradikalen Frontpage Magazine:

„Demografie lügt nicht: In zwei Jahrzehnten werden ethnische Nicht-Europäer in vielen europäischen Städten die Mehrheit der Bevölkerung darstellen, und ein großer Prozentsatz von ihnen werden Moslems sein.“[8]

In den Ermittlungen rund um die Operation »Luxor«, bei der im November 2020 hunderte zum Teil schwer bewaffnete Polizisten Hausdurchsuchungen bei rund 70 Beschuldigten durchführte, bezog man sich auch auf eine Studie von Vidino. Im Fall des ehemaligen Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, und seiner Stiftung wurden die Vorwürfe gerichtlich zurückgewiesen.[9] Anlässlich der Anschuldigungen erklärte Vidino in einem Wiener-Zeitung-Interview: "Wenn meine Arbeit fehlerhaft ist und ihnen Schaden zugefügt hat: Warum verklagen sie mich dann nicht? Es handelt sich nur um allgemeine Kritik, persönliche Angriffe und leere rechtliche Drohungen: Das ist für mich ziemlich enthüllend."[10]

Weblinks

 Einzelnachweise

  1. GW Program on Extremism: Our Team: Dr. Lorenzo Vidino. In: extremism.gwu.edu. Abgerufen am 7. Februar 2021 (englisch).
  2. Lorenzo Vidino. In: belfercenter.ksg.harvard.edu. Archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 7. Februar 2021 (englisch).
  3. Lorenzo Vidino: The New Muslim Brotherhood in the West. Columbia University Press, New York 2010, ISBN 978-0-231-15126-9.
  4. Jan Michael Marchart: Umstrittene Razzien gegen angebliche Muslimbrüder werden Thema im ÖVP-U-Ausschuss Der Standard, 18. Juli Juli 2022.
  5. Daniel Bischof: "Muslimbrüder verbreiten ein Opfernarrativ" Wiener Zeitung, 29. September 2022.
  6. Dokumentationsstelle Politischer Islam hat Chefin. In: ORF.at. 18. September 2020, abgerufen am 7. Februar 2021.
  7. Forscher: Politischer Islam ist gefährlicher als Dschihadismus. In: idea.de. 7. Februar 2021, abgerufen am 7. Februar 2021.
  8. “Demography doesn't lie: in a couple of decades non-ethnic Europeans will represent the majority of the population in many European cities and a large percentage of them will be Muslim.” Jamie Glazov: Al-Qaeda in Europe. In: Frontpage Magazine, 14. November 2005.
  9. Hans Rauscher: »Operation Luxor«: Entscheidender (Fehl)schlag Der Standard, 20. September 2022.
  10. Daniel Bischof: "Muslimbrüder verbreiten ein Opfernarrativ" Wiener Zeitung, 29. September 2022.