Lotte Kramer

Lotte Kramer (geboren als Lotte Karoline Wertheimer am 22. Oktober 1923 in Mainz) ist eine britische Schriftstellerin deutscher Herkunft.

Leben

Lotte Wertheimer stammt aus einer jüdischen Familie in Mainz. Sie besuchte die Volksschule in der Schulstraße und nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten ab 1934 die neu eingerichtete Jüdische Bezirksschule in der Hindenburgstraße. Bei den Novemberpogromen 1938 wurde die Hauptsynagoge Mainz und auch das benachbarte Schulgebäude niedergebrannt, der Schulleiter Eugen Mannheimer und dessen Frau nahmen sich das Leben.

Wertheimer gelangte mit einer Cousine und zwei weiteren Mainzer Schülerinnen in einem der letzten Kindertransporte am 20. Juni 1939 nach England. Sie wurden begleitet von ihrer Lehrerin Sophie Cahn (1883–1964), die vor dem Berufsverbot 1933 Lehrerin am Frauenlob-Gymnasium Mainz gewesen war. Die Schülerinnen lebten in den folgenden Jahren zusammen mit Cahn in einem Landhaus, das ihnen von den Quäkern zur Verfügung gestellt wurde. Lotte Wertheimers Eltern Ernst und Sofie Wertheimer wurden am 20. März 1942 von Mainz aus in das Zwangsgetto in Piaski im besetzten Polen deportiert und wurden Opfer des Holocaust. Kramer erhielt noch während des Zweiten Weltkriegs eine Todesanzeige auf einer Rote-Kreuz-Karte.

Wertheimer heiratete 1943 ihre Jugendliebe Fritz Kramer, der ebenfalls fliehen konnte. Sie studierte später Kunstgeschichte. Erst im Jahr 1979, nach einem Umzug nach Peterborough (Cambridge), wo sie seither lebt, begann sie auf Englisch Gedichte zu schreiben.

Werke (Auswahl)

• Family Arrivals. Hatch End: Poet and Printer, 1981
• The shoemaker’s wife and other poems. Sutton, Surrey: Hippopotamus Press, 1983 ISBN 0-904179-35-4
• A Lifelong House. Sutton, Surrey: Hippopotamus Press, 1983
• The Desecration of Trees. Somerset: Hippopotamus Press, 1994 ISBN 0-904179-54-0
• Earthquake and other poems. Chester: Bemrose Shafron Ltd, 1994 ISBN 1-873468-23-7
• Selected and new poems : 1980–1997. Ware: Rockingham Press, 1997 ISBN 1-873468-53-9
• Homesick – Heimweh. Übersetzung, Herausgabe und Nachwort Beate Hörr. Frankfurt am Main: Brandes und Apsel, 1999 ISBN 978-3-86099-468-9
• The Phanthom Lane. Ware: Rockingham Press, 2000
• Black over Red. Ware: Rockingham Press, 2005
• Kindertransport, Before and After : Elegy and Celebration. Univ. of Sussex: Center for German Jewish Studies, 2007
• New and Collected Poems, Ware, Rockingham Press 2011

Literatur

• Hedwig Brüchert-Schunk: „For Thirty Years I Locked your Nameless Graves“. Die Dichterin Lotte Kramer und die unaussprechlichen Erinnerungen, in: Mainzer Geschichtsblätter, Heft 6, 1990, S. 127–131
• Anton Maria Keim: Lotte Kramer: Selected and new poems 1980–1997 : jüdisches Schicksal in unserem Land, Rezension, in Mainz : Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft, Geschichte. Bodenheim: Bonewitz ISSN 0720-5945, Bd. 17 (1997), H. 3, S. 126–127
• Peter Lawson: Three Kindertransport Poets: Karen Gershon, Gerda Mayer and Lotte Kramer, in: Ulrike Behlau (Hrsg.): Jewish women's writing of the 1990s and beyond in Great Britain and the United States. Trier: WVT, Wiss. Verl. Trier, 2004 ISBN 3-88476-668-6, S. 87–94
• Andreas Wittbrodt: Mehrsprachige jüdische Exilliteratur, Autoren des deutschen Sprachraums : Problemaufriß und Auswahlbibliographie. Aachen: Shaker, 2001 ISBN 3-8265-9336-7, S. 35; S. 227
• Dorothy Anne Dufour: Portraits of Women in the Poems of Lotte Kramer. 2010 [PDF]

Weblinks

• Literatur von und über Lotte Kramer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
• Literatur von und über Lotte Kramer in der bibliografischen Datenbank WorldCat
• Anthony Grenville: Lotte Kramer’s collected poems, Rezension, in: AJR-Journal, Mai 2012
• Carol Rumens: Poem of the week: Silence by Lotte Kramer, in: The Guardian, 23. Juni 2014