Louis Mékarski

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Druckluftstraßenbahn System Mékarski in Paris, um 1900

Louis Mékarski (polnisch Ludwik Mękarski) (* 1843 in Clermont-Ferrand,[1] Frankreich; † 1923) war ein französischer Konstrukteur polnischer Abstammung.[2] Mékarskis Pioniertat besteht in der Konstruktion eines Pressluftantriebs für Schienenfahrzeuge – einer der ersten, wenn nicht der ersten „erfolgreiche[n] praktische Anwendung“ des „System[s] der Aufspeicherung von Kraft durch Comprimirung der Luft in geschlossenen Behältern“.[3]

Im Jahr 1870 konstruierte Ludwik Mékarski einen Druckluftantrieb für Straßenbahnen.[2] Hierfür wurde ihm am 10. Januar 1876 in Österreich-Ungarn ein Patent erteilt.[4] 1876 erhielt Mékarski die Konzession zum Betrieb einer Straßenbahn in Nantes, die 1879 ihren Betrieb aufnahm.[5] Straßenbahnen nach dem Prinzip von Mékarski waren auch in den Städten London (1883), Bern (1890),[6] Vichy (1895), Aix-les-Bains (1896), La Rochelle (1899) und Saint-Quentin (1901) in Betrieb.[7]

Mékarski-Straßenbahnen in Paris

Die erste nach dem System Mékarski betriebene Straßenbahn in Paris nahm im September 1894 ihren regelmäßigen Betrieb auf. Zunächst wurden die drei Hauptlinien LouvreSaint-Cloud (10,135 km), Louvre–SèvresVersailles (19 km) sowie Cours de VincennesSaint Augustin (9,14 km) umgestellt. Hierfür wurden 23 Pressluftlokomotiven angeschafft, welche die maximal auftretende Steigung von 43 ‰ bewältigten und deren Druckluftbehälter mit 80 kg/cm2 gefüllt wurden. Gezogen wurden jeweils drei Personenwagen mit je 51 Sitzplätzen. Für die Druckluftbefüllung wurde in Boulogne-sur-Seine eigens eine Betriebsstation errichtet. Jede Lokomotive kostete 35.000 Fr. und konnte 28 Pferde ersetzen. Man ging davon aus, dass Anschaffungs- (Pressluftlokomotiven vs. Pferde) und Betriebskosten (Kohle für Drucklufterzeugung vs. Futter für Pferde) auf dem bisherigen Niveau liegen würden.[8]

Ab 1900 wurden 8 weitere Linien mit Mékarski-Bahnen befahren, welche meistens pferdebespannte Straßenbahnen ablösten. Noch 1913 waren die Linien – in erweitertem Umfang – technisch im Wesentlichen unverändert in Betrieb.[9]

Dennoch wurden die Mékarski-Straßenbahnen kurz danach endgültig durch elektrische Varianten verdrängt. Der Betrieb der letzten Pariser Mékarski-Fahrzeuge wurde im August 1914 eingestellt.[10]

Weitere Verbreitung des Mékarski-Systems

Im April 1879 wurde eine Straßenbahn nach dem Mékarski-System in Nantes auf der normalspurigen Strecke Doulon–Chantenay (6,27 km) eingeführt. Die Züge verkehrten je nach Jahreszeit 14–15 Stunden am Tag und fuhren in durchschnittlichen Abständen von 10 Minuten. Die Personenwagen verfügten über 19 Sitzplätze sowie Kapazitäten für weitere 12 Personen auf außen angebrachten Plattformen. Für die rund 12,5 km lange Hin- und Rückfahrt war keine Nachfüllung der Lokomotiven mit Druckluft erforderlich. Die vollständige Befüllung mit Druckluft dauerte 6–8 Minuten. In den ersten 3½ Jahren lief der Verkehr unterbrechungsfrei.[11]

Um 1882 wurde Mékarskis Straßenbahnsystem in London auf der Strecke Kings Cross–Holloway versuchsweise eingeführt. Da keine Drehscheiben errichtet werden konnten, mussten die Fahrzeuge für den Zweirichtungsbetrieb ausgelegt werden.[11]

In Nantes und London kamen auch Triebwagen (Pressluft-Wagen) zum Einsatz.[12]

1880 kam beim Bau des Gotthardtunnels eine Mekarski'sche Luft-Lokomotive zum Einsatz.[13]

Um 1891 existierte eine nach Mékarskis System betriebene 12 km lange Bahn VincennesNogent–Ville-Évrard. Für die 6,55 km lange auf einer Straße verlaufende Teilstrecke kamen Rillenschienen zum Einsatz.[14]

Zum Gedenken an Mékarski

Heute ist nach ihm in Nantes die Rue Louis Mékarski benannt.

Bilder

Literatur

  • Pressluft-Locomotive. In: Oesterreichische Eisenbahn-Zeitung. IX. Jahrgang, Nr. 47. Wien 21. November 1886, S. 7–8 (Digitalisat [abgerufen am 8. September 2022]).

Einzelnachweise

  1. Archives Nantes – Le Tramway Nantais, Seite 19 (französisch; PDF, 10,1 MB)
  2. a b wynalazki.pl (polnisch) (Memento vom 18. Mai 2009 im Internet Archive)
  3. Strassen-Kabelbahnen. In: Der Bautechniker, Jahrgang 1883, S. 273 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/bau
  4. Ausschließende Privilegien. In: Wiener Zeitung, 23. Februar 1876, S. 19 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wrz
  5. Mékarski Straßenbahnen in Nantes (englisch)
  6. Das Berner Drucklufttram. In: Airpower. Archiviert vom Original am 8. September 2019; abgerufen am 9. Januar 2020.
  7. Compressed-Air Propulsion (englisch)
  8. Die Anwendung comprimirter Luft für den Betrieb auf Straßenbahnen. In: Zeitschrift des oesterr(eichischen)/österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein(e)s, Jahrgang 1894, S. 472 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/zia
  9. Alois Riedler: Zur Entwicklungsgeschichte der Druckluftanlagen. In: Zeitschrift des oesterr(eichischen)/österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein(e)s, Jahrgang 1913, S. 427 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/zia
  10. Mékarski-Bahnen in Paris (englisch), abgerufen am 18. Mai 2014
  11. a b F. R. Engel: Trambahn in Nantes. In: Oesterreichische Eisenbahn-Zeitung. Organ des Club österreichischer Eisenbahn-Beamten, 10. Dezember 1882, S. 3 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/eiz
  12. Pressluft-Wagen. In: Oesterreichische Eisenbahn-Zeitung. Organ des Club österreichischer Eisenbahn-Beamten, 1. Juli 1888, S. 6 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/eiz
  13. Fachgruppe der Bau- und Eisenbahn-Ingenieure. Bericht über die Versammlung am 12. Februar 1880. In: Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines, Jahrgang 1880, S. 75 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ina
  14. Literatur-Blatt. Nebenbahnen. Die Eisenbahn von Vincennes über Nogent nach Ville-Evrard. In: Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines, Jahrgang 1891, S. 570 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ina

Weblinks

Commons: Louis Mékarski – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien