Ludlamshöhle

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Die Ludlamshöhle war eine literarische Gesellschaft, welche der österreichische Dramatiker Ignaz Franz Castelli zusammen mit August von Gymnich 1819 in Wien gegründet hatte und die bis zum 18. April 1826 bestand.

Benannt wurde diese Künstlervereinigung nach dem Theaterstück Ludlam’s Höhle von Adam Oehlenschläger. Nach der Uraufführung am 15. Dezember 1817 traf sich eine (bereits seit 1816 bestehende) Gruppe von „Literatoren“ in „Haidvogels Gasthaus“ (Schlossergäßchen, Wien), um über die Aufführung zu diskutieren. Da dieses Stück an diesem Abend beim Publikum durchgefallen war, schlug Castelli vor, als Trost für den dänischen Schriftsteller der Gruppe den Namen „Ludlamshöhle“ zu verleihen. Das Nebenzimmer in „Haidvogels Gasthaus“, in dem das tägliche Treffen am Stammtisch stattfand, wurde zum Vereinslokal erklärt.

Die Ludlamshöhle verfolgte keine politischen oder künstlerischen Ziele; der allabendliche Stammtisch diente ausnahmslos dem geselligen Zusammensein. Aus heutiger Sicht ist die Ludlamshöhle geradezu ein Paradebeispiel biedermeierlicher Geselligkeit.

.. neues Mitglied musste zum Gaudium aller den Nachweis erbringen „… daß er fähig sei, das Vergnügen der Gesellschaft durch seinen Beitritt zu vermehren“. Anschließend wurde er in den Fächern Ludlamsgeschichte, Ludlamsfinanzen und Frivolitätswissenschaft geprüft, wobei mehrere einflüsternde Sekundanten dem Probanden zur Verfügung gestellt wurden. Nach bestandener Prüfung wurde dem neuen Mitglied ein „Ludlamsname“ verliehen und gemeinsam das „Aufnahmelied“ gesungen. Von Antonio Salieri haben sich diverse Gesänge für die Gesellschaft erhalten, unter anderem auf die Texte „Es lebe Ludlam“ und „O Gott, o Gott! d´Ludlam ist todt“.

In der Nacht vom 18. auf den 19. April 1826 wurde diese Gesellschaft (durch nichts gerechtfertigt) der „Staatsgefährdung“ verdächtigt und verboten. Auf Anordnung des Wiener Polizeioberdirektors Alois von Persa besetzten über 30 Polizisten den Gasthof, verhafteten die Anwesenden und beschlagnahmten sämtliche gefundenen Manuskripte. Bis in die Morgenstunden wurden daneben auch die Privatwohnungen der verhafteten „Ludlamiten“ durchsucht. Einige ihrer Mitglieder hatten noch Jahre unter Bespitzelung und anderen Schikanen zu leiden. Gerade diese überzogene Aktion der Obrigkeit sorgte in den folgenden Jahren für die Mythisierung der Gruppe und ihrer Mitglieder.

Nach 1848 wurde der Versuch unternommen, die Ludlamshöhle wieder zu beleben, aber es wurde ein Misserfolg.

1949 schlossen sich in Wien die Schriftsteller Franz Karl Franchy, Egon Hajek, Theodor Heinrich Mayer, Friedrich Schreyvogel und Karl Wache zu einer Gesellschaft zusammen, welche den Namen „Neue Ludlamshöhle“ trug und bis 1972 Bestand hatte.

Mitglieder (mit ihrem Ludlamsnamen)

Nach derzeitigem Wissen (2006) können folgende Ludlams-Namen noch nicht eindeutig zugeordnet werden:

  • Diddelkamp, der Abgesandte
  • Gele Lepusculus
  • Marc Angelo, genannt Diavolett
  • Meyer auf der Stiege – eventuell Matthäus Stegmayer (1771–1820), österreichischer Librettist und Schriftsteller

Literatur

  • Adam G. Oehlenschläger: Ludlam’s Höhle. Dramatisches Mährchen. Nicolai, Berlin 1818.books.google
  • Max Maria von Weber: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Leipzig: Ernst Keil, 1866. 2. Band, 3. Abtheilung. S. 494–497 Die »Ludlamshöhle« zeno.org
  • Alfred Liede: Dichtung als Spiel: Studien zur Unsinnspoesie an den Grenzen der Sprache. 2. Auflage. Mit einem Nachtrag Parodie, ergänzender Auswahlbibliographie, Namensregister und einem Vorwort neu hrsg. von Walter Pape. de Gruyter, Berlin 1992.
  • Joseph Kiermeier-Debre: Der Volks-Schiller. Gesänge aus der Ludlams Höhle; pornographische Parodien aus der Biedermeierzeit. Brandstätter, Wien 1995, ISBN 3-85447-563-2.
  • Horst Belke: Ludlamshöhle [Wien]. In: Wulf Wülfing, Karin Bruns, Rolf Parr (Hrsg.): Handbuch literarisch-kultureller Vereine, Gruppen und Bünde 1825–1933. Metzler, Stuttgart, Weimar 1998, ISBN 3-476-01336-7, S. 311–320 (Repertorien zur Deutschen Literaturgeschichte. Hrsg. Paul Raabe. Band 18), S. 311–320
  • Harry Sichrovsky: Mein Urahn – der Bahnbrecher. Braumüller. Wien. 1988. S. 121–145