Ludwig Haas (Politiker, 1875)

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Ludwig Haas (vor 1921)

Ludwig Haas (* 16. April 1875 in Freiburg im Breisgau; † 2. August 1930 in Karlsruhe) war ein deutscher Rechtsanwalt in Karlsruhe (Baden), demokratischer Reichstagsabgeordneter (DDP), Offizier im Ersten Weltkrieg und badischer Minister.

Leben und Beruf

Nach dem Abitur auf dem humanistischen Gymnasium in Bruchsal studierte Haas seit 1894 in Heidelberg, München und Freiburg Rechtswissenschaften. Während seines Studiums schloss er sich der Verbindung „Badenia“ im „Kartell-Convent der Verbindungen deutscher Studenten jüdischen Glaubens“ an. 1897 gründete er die „Friburgia“ in Freiburg. 1898 wurde er mit einer Dissertation zum Thema „Mehrthäterschaft“ bei Richard Schmidt zum Doktor der Rechte promoviert.

Nach dem Zweiten Staatsexamen 1901 ließ Haas sich als Rechtsanwalt in Karlsruhe nieder. Im Ersten Weltkrieg war er zunächst als Zug- und Kompanieführer beim Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 238 (1914 in Flandern zum Leutnant befördert und mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet) und später beim Verwaltungschef des Generalgouvernements Warschau als Dezernatsleiter für jüdische Schul- und Kultusangelegenheiten zuständig. Er war bei der deutschen Zivilverwaltung im besetzten Polen damit befasst, die polnischen Juden zu Vertretern des Deutschtums zu machen, was einen nicht geringen Hass der Polen gegen die Deutschen erzeugte. In einer Rede im Reichstag warnte er vor der „Nachweisung der beim Heere befindlichen wehrpflichtigen Juden“, der so genannten „Judenzählung“, und dem diesem Vorhaben zugrunde liegenden Antisemitismus.[1]

Haas gehörte der „Deutschen Liga für Völkerbund“ und der Deutschen Friedensgesellschaft sowie dem „Bund deutscher Bodenreformer“ an. Zeitweilig gehörte er auch dem Hauptvorstand des „Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ sowie ebenfalls zeitweise dem Vorstand des „Reichsbunds jüdischer Frontsoldaten“ an. Die deutschen Juden sah er durch Geschichte und Kultur unlösbar mit dem deutschen Volk verbunden, alle Gegensätze zwischen Deutschtum und Judentum waren seiner Meinung nach vollständig zu beseitigen. Den Zionismus lehnte er ab.

Haas war seit 1902 verheiratet mit Josefine Mayer (1874–1943) und hatte zwei Kinder, Judith Anna (1903–1990) und Karl Julius (1909–1992).

Partei

Haas war im Kaiserreich Mitglied der Fortschrittlichen Volkspartei und beteiligte sich 1918 an der Gründung der DDP.

1924 beteiligte Haas sich an der Gründung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Im Juli 1926 versuchte er gemeinsam mit Paul Löbe (SPD) und Joseph Wirth (ZENTRUM) alle republiktreuen Kräfte in einer „Republikanischen Union“ zusammenzufassen. Unter diesen drei Herausgebern erschienen zwischen 1926 und 1933 insgesamt 39 Hefte der „Deutschen Republik“. Diese Sammlungsbewegung konnte sich jedoch in keiner der Parteien durchsetzen.

Abgeordneter

Von 1909 bis 1919 war Haas Stadtrat in Karlsruhe. 1919 war er Landtagsabgeordneter in Baden.

Von 1912 bis 1918 gehörte Haas für den Wahlkreis Karlsruhe dem Reichstag des Kaiserreiches an. 1919/20 war er Mitglied der Weimarer Nationalversammlung, seit der Reichstagswahl 1920 war er bis zu seinem Tode – zunächst gewählt im Wahlkreis Baden, dann seit 1928 in Thüringen – wiederum Reichstagsabgeordneter. 1928/29 fungierte er als Vorsitzender der Reichstagsfraktion der Deutschen Demokratischen Partei.

Öffentliche Ämter

Haas war vom 10. November 1918 bis zum 1. April 1919 Innenminister in Baden. Damit war er nach Moritz Ellstätter der zweite Jude, der ohne Glaubenswechsel in einem deutschen Land an die Spitze eines Ministeriums berufen wurde. Bis 4. August 1920 blieb er Staatsrat im Kabinett Geiß II.

Ehrungen

Am 23. Januar 2018 beschloss der Gemeinderat der Stadt Karlsruhe, eine Straße in der Nordweststadt nach Ludwig Haas zu benennen.[2]

Literatur

  • Ewald Grothe/Aubrey Pomerance/Andreas Schulz (Hrsg.): Ludwig Haas. Ein deutscher Jude und Kämpfer für die Demokratie. Droste, Düsseldorf 2017, ISBN 978-3-7700-5335-3.
  • Ludwig Luckemeyer: Ludwig Haas als Reichstagsabgeordneter der Fortschrittlichen Volkspartei (FVP) und der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). Zum 100. Geburtstag des bedeutenden Staatsmannes der Weimarer Republik. In: Günter Schulz (Hrsg.): Kritische Solidarität. Betrachtungen zum deutsch-jüdischen Selbstverständnis. Für Max Plaut zum 70. Geburtstag, Bremen 1971, S. 119–174.
  • Monika Pohl: Bündnispolitik für den parlamentarischen Verfassungsstaat. Die beiden Minister jüdischer Herkunft in der Badischen Vorläufigen Volksregierung 1918/19. In: Oliver von Mengersen (Hrsg.): Personen – soziale Bewegungen – Parteien. Beiträge zur Neuesten Geschichte. Festschrift für Hartmut Soell, Manutius, Heidelberg 2004, ISBN 3-934877-32-X, S. 59–78.
  • Monika Pohl: Ludwig Haas. In: Jüdisches Leben in Baden 1809 bis 2004, hrsg. vom Oberrat der Israeliten Badens, Thorbecke, Ostfildern 2009, ISBN 978-3-7995-0827-8, S. 245–248.
  • Judith Schrag-Haas: Erinnerungen an meinen Vater Ludwig Haas. In: Bulletin des Leo-Baeck-Instituts 4 (1961), S. 73–92.
  • Heinrich Walle: Ludwig Haas. In: Badische Biographien, Neue Folge, Bd. 2, Stuttgart 1987, S. 114–116.
  • Heinrich Walle: Deutsche jüdische Soldaten aus dem Großherzogtum Baden im Ersten Weltkrieg. Zur Erinnerung an Ludwig Frank und Ludwig Haas. In: Juden in Baden. 175 Jahre Oberrat der Israeliten Badens, hrsg. vom Oberrat der Israeliten Badens, Karlsruhe 1984, S. 173–197.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Klaus A. Lankheit: Auf das Ministeramt verzichtet. Ludwig Haas und die Deutsche Demokratische Partei. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. Januar 2018, S. 6.
  2. Benennung einer Straße in der Nordweststadt nach Ludwig Haas. Abgerufen am 28. August 2019.