Luftwaffenhelfer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Luftwaffenhelfer (Jahrgang 1927) als Bedienung eines Flakscheinwerfers in Berlin (1943)
Luftwaffenhelfer (Jahrgang 1927) am Kommandogerät 40 (B I) der 8,8-cm-Flak-Batterie in Berlin-Karow (August 1943)

Luftwaffenhelfer (abgekürzt LwH) war die offizielle Bezeichnung für 15- bis 17-jährige Oberschüler der Jahrgänge 1926 bis 1928, die als Flakhelfer ab Februar 1943 im Rahmen des Kriegshilfsdienstes bei der Reichsverteidigung im Luftkrieg, beispielsweise im Mitteldeutschen Flakgürtel, eingesetzt waren. Ab 1944 wurden nicht nur Oberschüler als Luftwaffenhelfer eingezogen: Aus dem Jahrgang 1928 wurden auch Lehrlinge aus dem gewerblichen und kaufmännischen Bereich als Luftwaffenhelfer eingesetzt.

Luftwaffenhelfer hatten nicht den Status von Soldaten. Sie erfüllten zwar wie Soldaten Aufgaben an Geschützen und Geräten und lebten in den Flakstellungen wie sie, waren jedoch gleichzeitig Schüler, die von Lehrern unterrichtet wurden. Offiziell galten sie als Mitglieder der Hitlerjugend, was ihnen oft missfiel. Zur „Ausgehuniform“ musste die HJ-Armbinde getragen werden. Drei Institutionen waren beim Festlegen des Einsatzes von Luftwaffenhelfern beteiligt: Luftwaffe, Hitlerjugend und Schule. Freiwillige Meldungen waren nicht möglich, die Schüler wurden klassenweise und innerhalb der Schulklassen jahrgangsweise zum Einsatz abgeordnet.

Die Luftwaffenhelfer sollten Ersatz für fronttaugliche Soldaten schaffen, die von den Flakstellungen abgezogen und an die Front geschickt wurden, um die dortigen Verluste auszugleichen. Jeweils 100 Luftwaffenhelfer ersetzten 70 für die Front freigestellte Soldaten. Gegen den Einsatz der Luftwaffenhelfer gab es Bedenken, so fürchtete Martin Bormann, Leiter der Partei-Kanzlei, den Einfluss auf die Stimmung der Bevölkerung. Es galt, den Eindruck zu vermeiden, dass die Wehrmacht ausgeblutet war und auf Jugendliche als Soldaten zurückgreifen musste.

Luftwaffenhelfer wurden in der Regel nach neun Monaten Dienstzeit zum Luftwaffenoberhelfer (LwOH) befördert und trugen dann eine silberne Litze auf den Schulterstücken. Als weitere Maßnahme wurde, um das Prestigestreben der Jugendlichen auszunutzen, in seltenen Fällen das Flak-Kampfabzeichen verliehen.

In der nationalsozialistischen Propaganda wurden männlichen Jugendlichen in der Pubertät vor allem Ritterkreuzträger, „Fliegerasse“ und erfolgreiche U-Boot-Fahrer als imponierende Figuren vorgewiesen. Bei Luftwaffenhelfern hörte dies meistens auf, sie waren für diese heroische und pathetische Propaganda in der Regel nicht mehr empfänglich.

In den Jahren 1943 bis 1945 dürften insgesamt 200.000 Luftwaffenhelfer und Marinehelfer im Einsatz gewesen sein. Genaue Daten über Verluste unter den Luftwaffenhelfern existieren nicht, doch lassen Berichte von zahlreichen Volltreffern in Flakstellungen hohe Opferzahlen vermuten.

Literatur

  • Manuel Werner: Macht und Ohnmacht jugendlicher Luftwaffenhelfer – Ein Beispiel vom Fliegerhorst und KZ Echterdingen/Filder. In: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg / Erzieherausschuss der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Stuttgart (Hrsg.): Durch Faszination zur Macht – die Faszination der Macht. Bausteine zum Verhältnis von Macht und Manipulation. Handreichungen für den Unterricht. Stuttgart 2003.
  • Rolf Schörken: Schülersoldaten – Prägung einer Generation. In: R. D. Müller, H. E. Volkmann (Hrsg. im Auftrag des MGFA): Die Wehrmacht: Mythos und Realität. Oldenbourg, München 1999, ISBN 3-486-56383-1, S. 456 ff.
  • Dieter Noll: Die Abenteuer des Werner Holt – Roman einer Jugend.
  • Paul Emunds (Hrsg.): Mit 15 an die Kanonen. Selbstverlag des Kaiser-Karls-Gymnasiums, Aachen 1975. [Im Rahmen eines Schulprojektes entstandene Dokumentation mit sehr ausführlichen Augenzeugenberichten u. ä.]
  • Hans-Dietrich Nicolaisen: Der Einsatz der Luftwaffen- und Marinehelfer im 2. Weltkrieg. Darstellung und Dokumentation. Selbstverlag, Büsum 1981, 667 Seiten.
  • Ludger Tewes: Jugend im Krieg Von Luftwaffenhelfern und Soldaten. Verlag Reimar Hobbing, Essen 1989. ISBN 3-920460-49-9. Vorwort Rolf Schörken.
  • Franz-Josef Schmeling: Vom Krieg ein Leben lang geprägt. Ehemalige Luftwaffen- und Marinehelfer antworten 50 Jahre danach. Osnabrück 1997, ISBN 3-87898-358-1, 247 Seiten.
  • Luftwaffenhelfer aus Neuss – Neusser Zeitzeugengespräche geführt von Heinz Günther Hüsch. Hrsg.: Vereinigung der Heimatfreunde Neuss e. V. 2010, ISBN 978-3-934794-22-1.
  • Wolfgang Finkbeiner: Luftwaffenhelfer aus Ulm und Neu-Ulm. Mit 20 Beiträgen von Zeitzeugen u. a. Manfred Rommel. Süddeutsche Verlagsgesellschaft, Ulm 2006, ISBN 978-3-88294-372-6.

Film

  • Luftwaffenhelfer – Deutscher Fernsehfilm aus dem Jahr 1980, Regie: Volker Vogeler.

Weblinks

Commons: Luftwaffenhelfer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien