MÁV-Baureihe V50

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
MÁV-Baureihe V50
V50.jpg
Nummerierung: V50,001
Anzahl: 1
Hersteller: Ganz & Co., Budapest
Baujahr(e): 1923
Ausmusterung: vor 1945
Achsformel: E
Bauart: Kandó
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 9.640 mm
Höhe: 3.970 mm (bis Führerstand)
Fester Radstand: 4.080 mm
Gesamtradstand: 6.580 mm
Dienstmasse: 79 t
nach Umbau 74,5 t
Reibungsmasse: urspr. 79 t
nach Umbau 74,5 t
Radsatzfahrmasse: 17 t
nach Umbau 16,4 t
Höchstgeschwindigkeit: 65 km/h
Stundenleistung: 2.600 PS
Dauerleistung: 1.600 PS
Anfahrzugkraft: 200 kN
Raddurchmesser: 1.070 mm
Stromsystem: 15 kV 50 Hz AC
Stromübertragung: Oberleitung und
Phasenumformer
Anzahl der Fahrmotoren: 2
Antrieb: Schrägstangenantrieb Bauart Kandó
Bremse: Handbremse
Druckluftbremse Bauart Westinghouse
Besonderheiten: erste Lokomotive mit Phasenumformer
MÁV V50 Entwurfsskizze

Die MÁV-Baureihe V50 war eine Elektrolokomotive der ungarischen Staatsbahn Magyar Államvasutak (MÁV) und mit dem Kandó-Stangenantrieb ausgestattet. Sie war konstruktiv aus der Dreiphasenwechselstrom-Baureihe FS E.552 des oberitalienischen Drehstromnetzes hervorgegangen und war die Ausführung für Einphasen-Wechselstrom. Die mit der Lokomotive getätigten Versuche führten zur weiteren Beschaffung der MÁV-Baureihe V40 und MÁV-Baureihe V60 ab 1930.

Geschichte

Nach der Elektrifizierung des oberitalienischen Drehstromnetzes durch die Firma Ganz & Co., Budapest beschlossen die Magyar Államvasutak eine Elektrifizierung der Eisenbahnstrecken ihres Landes mit einem Einphasen-Wechselstrom-System mit Industriefrequenz. Dafür sprach die einfachere Elektrifizierung mit nur einer Fahrleitung sowie die kostengünstigere Erzeugung von Strom mit Industriefrequenz ausschließlich durch Kohlekraftwerke, im Gegensatz zu einer schon 1911 von Siemens in Rákospalota, einem Vorort von Budapest, erbauten Strecke mit 16⅔ Hz Wechselstrom.

So entstand die Probelokomotive nach System Kálmán Kandó mit vielen Elementen aus dem oberitalienischen Drehstromnetz wie der mechanischen Ausrüstung der Lokomotive, dem Antrieb mit zwei Drehstrommotoren sowie einem Flüssigkeitsanlasser. Neu war die Erzeugung des Drehstroms aus der Fahrleitung mit Wechselstrom und Industriefrequenz durch einen rotierenden Phasenumformer.

Die erste Probefahrt absolvierte die Lokomotive im Oktober 1923.[1] Diese ersten Probefahrten machten einen nochmaligen intensiven Umbau der Lokomotive erforderlich. Unter anderem erwies sich die Kühlung des Phasenumformers als nicht ausreichend, sodass die Maschine in ihrem umgebauten Zustand erst 1928 wieder unter Fahrdraht gesetzt werden konnte. Besonders die Lagerung des Phasenumformers, der im Urzustand aufgehängt, im umgebauten Zustand jedoch aufgestellt wurde, machten eine Änderung des Lokkastens nötig. Die so umgebaute Lokomotive unternahm ab November 1928 mehrere Probefahrten, wobei sie Laufleistungen von 50.000 km bei ausgezeichneten Betriebsergebnissen erzielte. Dabei soll die Lokomotive eine Langzeitbelastung von 12 h mit einem Güterzug von 1.200 t Last bestanden haben. Die Traktionsleistung wurde für die Beförderung von Schnellzügen von 500 t und Güterzügen bis 1.420 t ermittelt.[2]

Die guten Ergebnisse mit den Versuchen dieser Lok führten zur Entscheidung, die Strecke von Budapest nach Hegyeshalom mit dem Stromsystem 15 kV 50 Hz zu elektrifizieren sowie zur Beschaffung der Serienlokomotiven MÁV-Baureihe V40 sowie MÁV-Baureihe V60. Seit der Umstellung des Stromsystems 1960 gilt die Lokomotive als ausgemustert.

Technische Merkmale

Äußerlich besitzt die Lokomotive große Ähnlichkeit mit der FS E.552, die ungefähr zur selben Zeit wie die V50 entstand. Sie ist eine Einrahmenlokomotive und besteht aus den Sektionen Führerstand, mittlerer Maschinenraum und vorderer Maschinenraum. Der Führerstand wurde als einseitiger Endführerstand ausgebildet und überragte die beiden Maschinenräume in der Breite, um eine gute Streckensicht zu realisieren. Im mittleren Maschinenraum waren die beiden Drehstromfahrmotoren, der Phasenumformer, der Ölhauptschalter und der Hauptlüfter für die Kühlung der Motoren, des Phasenumformers und der Erregermaschine untergebracht. Der Phasenumformer bedingte ursprünglich eine andere Form des Lokkastens. Auf dem Dach des mittleren Maschinenraumes waren die beiden als Wippe gestalteten Stromabnehmer auf einer gemeinsamen Konsole befestigt, diese war mit Isolatoren gegen den Maschinenraum isoliert. Unterhalb des vorderen Maschinenraumes war der Flüssigkeitsanlasser untergebracht. Außerdem war im vorderen Maschinenraum der Luftverdichter untergebracht. Die mechanische Ausrüstung der Lokomotive besaß im Ursprungszustand ein Gewicht von 27 t und nach dem Umbau von 27,9 t. Die elektrische Ausrüstung wog ursprünglich 52 t, nach dem Umbau 46,9 t.

Vom Laufwerk ähnelte sie der benannten Drehstromlok. Von den fünf angetriebenen Achsen waren die zweite und vierte Achse fest im Rahmen gelagert, was der Lokomotive einen festen Achsstand von 4.080 mm verlieh. Die restlichen Achsen hatten einen seitlichen Ausschlag von ±40 mm. Im Unterschied zur FS E.552 besaß die Lokomotive den patentierten Kandó-Antrieb, der eine Gewichtsreduzierung im Gegensatz zur Schlitztreibstange ermöglichte und die Kurbelzapfen der beiden Hauptfahrmotoren verband. Ansonsten entsprach die Lokomotive wie ihre Schwesterlokomotiven aus Oberitalien demselben Konstruktionsprinzip als Innenrahmenlokomotive, wobei die beiden Rahmenwangen unten mit einer Bodenwanne, mit mehreren Querversteifungen und vorne/hinten mit den Pufferbohlen versteift wurde.

Die Stromabnehmer bestanden aus Aluminium und besaßen je zwei Schleifstücke. An den Fahrdraht wurden sie pneumatisch angedrückt und durch Druckfedern verstärkt. Durch die einphasige Fahrleitung konnten sie einfacher ausgeführt werden als bei den Drehstromlokomotiven. Neu an der Lokomotive war die Ausrüstung mit dem Phasenumformer, der die beiden Drehstrom-Fahrmotoren nach Vorbild in Oberitalien mit 350 bis 700 V Spannung versorgte. Bei einer Drehzahl der Motoren oberhalb der Synchrongeschwindigkeit (z. B. bei Gefällefahrt) gingen die Drehstrommotoren automatisch in den Bremsbetrieb und wirkten als Nutzbremse.[1] Der Phasenumformer stellte die Vereinigung eines Hochspannungs-Synchronmotors und eines Drehstromgenerators zu einer Maschineneinheit dar. Er besaß die Eigenschaft, dass sein Kurzschlussstrom geringer als sein höchster Belastungsstrom war. Dadurch kam es zu keiner Störung im Kraftwerk beim Ausfall des Phasenumformers. Durch ihre Bauform waren die Fahrmotoren noch relativ geschützt gegen Fahrstromschwankungen in der Oberleitung, wie es im Drehstromnetz Oberitaliens zu befürchten war. Gekühlt wurde der Ständer in einem ständig rotierenden Ölbad, der rotierende Teil des Umformer war mit Kühlwasser nach Patent Dr. Seidner realisiert, was bei der V50 zum ersten Mal angewandt wurde. Ursprünglich lief der Phasenumformer mit einer Drehzahl von 3.000 min−1,[3] nach dem Umbau lediglich mit 1.500 min−1[4] Eine Verdoppelung der Polzahl machte die gleiche Ausgangsleistung möglich. Die Verbindung des Phasenumformers zu den Fahrmotoren über den Flüssigkeitsanlasser wurde über eine Schützensteuerung von 30 Schützen realisiert.

In der ursprünglichen Bauform besaß die Lokomotive vier Synchrongeschwindigkeiten,[3] nach dem Umbau lediglich drei.[4] Im umgebauten Zustand wurde dies durch die Schaltung von 36, 24 und 18 Polen der ständig parallel geschalteten Fahrmotoren erreicht. Der Übergang zwischen den Synchrongeschwindigkeiten wurde wie bei den italienischen Lokomotiven mit dem Flüssigkeitswiderstand, dem sogenannten Flüssigkeitsanlasser, realisiert. Als Widerstandsmedium diente eine 0,5 %ige Sodalösung. Der Lokführer konnte am Fahrschalter die gewünschte Synchrondrehzahl einstellen, gleichzeitig konnte er die Beschleunigung zwischen den Synchronstufen regeln. Damit wurde der Luftdruck geregelt, mit dem der Flüssigkeitsanlasser den Widerstand zur Beschleunigung änderte.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Mihály Kubinszky (Hrsg.): Ungarische Lokomotiven und Triebwagen. Akadémiai Kiadó, Budapest 1975, ISBN 963-05-0125-2., Seite 284
  2. Mihály Kubinszky (Hrsg.): Ungarische Lokomotiven und Triebwagen. Akadémiai Kiadó, Budapest 1975, ISBN 963-05-0125-2., Seite 290
  3. a b Mihály Kubinszky (Hrsg.): Ungarische Lokomotiven und Triebwagen. Akadémiai Kiadó, Budapest 1975, ISBN 963-05-0125-2., Seite 286
  4. a b Mihály Kubinszky (Hrsg.): Ungarische Lokomotiven und Triebwagen. Akadémiai Kiadó, Budapest 1975, ISBN 963-05-0125-2., Seite 288