Mäuse-Gerste
Mäuse-Gerste | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Mäuse-Gerste (Hordeum murinum) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Hordeum murinum | ||||||||||||
L. |
Die Mäuse-Gerste (Hordeum murinum) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Gersten (Hordeum) innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae). Sie wird in Mitteleuropa häufig als „Unkraut“ angesehen. Als Futtergras ist sie ungeeignet, da die Grannen Schleimhautreizungen verursachen können.
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Die Mäuse-Gerste wächst als eine krautige Pflanze, die nur selten Wuchshöhen von 40 Zentimeter überschreitet, im Durchschnitt aber 20 bis 30 Zentimeter erreicht; sie bleibt also relativ niedrig. Die Pflanzen können sowohl einjährig wachsen, als auch überwintern (überjährig). Die grasgrünen Laubblätter reichen bis kurz unter die Ähre. Die Blattscheide des obersten Blattes ist bauchig aufgeblasen und verdeckt oft etwas die Ähre.
Generative Merkmale
Wie alle Gersten-Arten ist die Mäuse-Gerste ein Ährengras. Die Ähre weist insgesamt eine Länge zwischen 5 und 12 Zentimetern auf. An jedem Knoten der Ährenachse sitzen drei einblütige Ährchen, und zwar ein starkes, zwittriges Mittelährchen und zwei gestielte, männliche und daher deutlich kleinere Seitenährchen. Die äußeren Hüllspelzen der beiden äußeren Ährchen sind fast zu Grannen reduziert. Die Hüllspelzen des mittleren Ährchens sind bewimpert. Die Grannen der Hüllspelzen sind bis 2,5 Zentimeter lang. Die Mäuse-Gerste blüht immer, wenn die Temperaturen lange genug ausreichend hoch waren, in Mitteleuropa in der Regel von Mai bis Oktober.
Die Früchte der Mäuse-Gerste sind einsamige Schließfrüchte (Karyopsen). Die essbaren Samen sind aber sehr klein; daher rührt der Name der Pflanzenart - Gerste für Mäuse.
Grannen
Die Grannen sind mit Widerhaken besetzt und können sich im Fell, in den Ohren oder Augen und häufig auch zwischen den Zehen von Tieren festsetzen. Sie wirken dort als Fremdkörper und lösen einen Juckreiz aus. Dies führt dazu, dass die Tiere sich reiben und wälzen, wodurch die Grannen noch tiefer insbesondere in weiche Hautpartien eindringen. Sie lösen dort Entzündungen aus, die häufig vom Tierarzt behandelt werden müssen. Gefährdet sind insbesondere Hunde, aber auch andere Tiere können betroffen sein.[1]
Vorkommen
Ursprünglich kommt sie aus dem Mittelmeerraum und Kleinasien. Sie ist in weiten Teilen der Welt (Europa, Asien, Nord- und Mittelamerika sowie Australien) ein Neophyt.
In Mitteleuropa ist sie an mehr oder weniger warmen und trockenen Stellen und stets auf gestörten Böden anzutreffen. Sie ist häufig in Siedlungen oder wächst in der Grünlandgesellschaft der Mäusegerstenflur Bromo-Hordeetum murini.
Die Mäuse-Gerste wächst an mehr oder weniger trockenen und warmen, stickstoffreichen Ruderalstellen wie beispielsweise an Straßen- oder Wegrändern oder an Mauern, auch in Innenstädten unter Bäumen oder auf Verkehrsinseln und kann als Zeigerpflanze für das Stadtklima gesehen werden. Die mit Widerhaken versehenen Grannen der Mäuse-Gerste bleiben leicht an Kleidung oder im Fell von Tieren hängen, so dass diese Pflanzenart von solchen Standorten aus weit verbreitet werden kann. Nach Ellenberg ist sie eine Lichtpflanze, ein Wärmezeiger, ein Schwachsäure- bis Schwachbasezeiger, auf mäßig stickstoffreichen Standorten wachsend und eine Verbandscharakterart annueller Ruderalgesellschaften in gemäßigt warmem Klima (Sisymbrion).
Trivia
Die Ähre der Mäusegerste wirkt durch ihre Grannen wie eine Ansammlung von Sperrklinken. In der richtigen Ausrichtung zwischen die unteren Enden von Jacken- und Hemdsärmel gesteckt, wandert diese Ähre durch die zufälligen Relativbewegungen der beiden Ärmel langsam nach oben. Dieser volkstümliche Scherzartikel wird auch "Schliafhansl" oder "Schliefhansl" genannt.
Systematik
Von der Mäusegerste (Hordeum murinum) sind fünf Unterarten bekannt:
- Hordeum murinum subsp. glaucum (Steudel) Tzvelev: Sie kommt vom Makaronesien bis zur Krim und dem westlichen Himalaja vor.[2]
- Hordeum murinum subsp. leporinum (Link) Arcang.: Sie kommt vom Mittelmeerraum bis Zentralasien und dem westlichen Himalaja vor und außerdem in Makaronesien.[2]
- Hordeum murinum subsp. montanum (Hackel) H.Scholz & Raus (eine lokale Berglandsippe Spaniens)[3]
- Hordeum murinum subsp. murinum: Sie kommt von Europa bis zum westlichen Himalaja und auf den Azoren vor.[2]
- Hordeum murinum subsp. setariurum H.Scholz & Raus (eine lokale Tieflandsippe Griechenlands)[3]
Wobei Hordeum murinum subsp. glaucum diploid ist (2n = 14), während Hordeum murinum subsp. murinum einen tetraploiden (2n = 28) und Hordeum murinum subsp. leporinum einen hexaploiden (2n = 42) Chromosomensatz besitzt. Alle Mäusegersten gehören zu dem sogenannten Xu-Genomtyp. Diese Genom- oder Karyotypen klassifizieren Ähnlichkeiten in der Chromosomenstruktur innerhalb der Tribus Triticeae der Gräser.
Literatur
- Roland von Bothmer, N. Jacobsen, C. Baden, R. B. Jørgensen & I. Linde-Laursen: An ecogeographical study of the genus Hordeum. 2. Auflage. International Plant Genetic Resources Institute, Rome, 1995, ISBN 92-9043-229-2 (online).
- Frank R. Blattner: Phylogenetic analysis of Hordeum (Poaceae) as inferred by nuclear rDNA ITS sequences. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 33, Nr. 2, 2004, S. 289–299, doi:10.1016/j.ympev.2004.05.012.
- Sabine S. Jakob, Frank R. Blattner: Two extinct diploid progenitors were involved in allopolyploid formation in the Hordeum murinum (Poaceae: Triticeae) taxon complex. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 55, Nr. 2, 2010, S. 650–659, doi:10.1016/j.ympev.2009.10.021.
- Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Unsere Gräser. Süßgräser, Sauergräser, Binsen (= Kosmos-Naturführer). 7. Auflage. Franckh, Stuttgart 1984, ISBN 3-440-05284-2.
- Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2000, ISBN 3-8001-3364-4.
- Rudolf Schubert, Klaus Werner, Hermann Meusel (Hrsg.): Exkursionsflora für die Gebiete der DDR und der BRD. Begründet von Werner Rothmaler. 14. Auflage. Band 2: Gefäßpflanzen. Volk und Wissen, Berlin 1988, ISBN 3-06-012539-2.
- Ernst Klapp, Wilhelm Opitz von Boberfeld: Taschenbuch der Gräser. Erkennung und Bestimmung, Standort und Vergesellschaftung, Bewertung und Verwendung. 11. überarbeitete Auflage. Paul Parey, Berlin/Hamburg 1983, ISBN 3-489-60810-0.
- Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht (= UTB für Wissenschaft. Große Reihe. Band 8104). 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8252-8104-3.
- Pooideae in Australien - Hordeum murinum - Steckbrief. (Memento vom 22. Februar 2008 im Internet Archive)
Einzelnachweise
- ↑ Mäusegerste: Gefahr für Hunde und Katzen, abgerufen am 21. Juni 2021.
- ↑ a b c Rafaël Govaerts (Hrsg.): Hordeum murinum. In: World Checklist of Selected Plant Families (WCSP) – The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew, abgerufen am 15. November 2016.
- ↑ a b Hildemar Scholz, Thomas Raus: Zwei neue Unterarten des Hordeum murinum (Gramineae) aus Griechenland und Spanien. In: Feddes Repertorium. Band 108, Nr. 7–8, 1997, S. 527–531, doi:10.1002/fedr.19971080704.
Weblinks
- Hordeum murinum L. s. l., Mäuse-Gerste. FloraWeb.de
- Hordeum murinum subsp. murinum L., Mäuse-Gerste (Unterart). FloraWeb.de
- Hordeum murinum subsp. leporinum (Link) Arcang., Südliche Mäuse-Gerste. FloraWeb.de
- Mäuse-Gerste. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Hordeum murinum L. s. l. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 26. September 2015.
- W. D. Clayton, M. Vorontsova, K. T. Harman, H. Williamson: Datenblatt bei GrassBase - The Online World Grass Flora des The Board of Trustees, Royal Botanic Gardens, Kew.
- Verbreitung auf der Nordhalbkugel aus: Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants. 1986, ISBN 3-87429-263-0 bei Den virtuella floran. (schwed.)
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- Bilder: Ruhr-Universität Bochum (Memento vom 29. Oktober 2004 im Internet Archive), www.biopix.dk, Bochumer Botanischer Verein