Münchner Ringbahn

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Sternförmige Netze von S-Bahn, U-Bahn und Tram und ausgewählte Stadtentwicklungsgebiete

Mit Münchner Ringbahn werden verschiedene Konzepte für tangentiale Verbindungen im Schienenpersonenverkehr der bayerischen Landeshauptstadt München bezeichnet, die den Betrieb einer Ringlinie ermöglichen. Meist sollen für eine Ringbahn die vorhandenen Trassen des Münchner Nordrings, der Bahnstrecke München-Laim–München Süd und der Bahnstrecke München–Rosenheim genutzt werden.[1][2] Dabei kämen Züge zum Einsatz, die zu den Münchner S-Bahnen kompatibel wären. Daneben wurden auch Vorschläge für eine Ringbahn für das U-Bahn-Netz[3] und für eine Hochbahn[4] geäußert.

Ringbahn auf vorhandener Trasse
Ringbahn und Flughafenanbindung nach Herzog und Atabay
Lage der Ringbahn (rot) nach Herzog und Atabay im Vergleich zum Mittleren Ring (blau)

Hintergrund

Die Netze von S-Bahn, U-Bahn und Tram führen weitgehend sternförmig in das Münchner Zentrum. Für Tangentialverbindungen sind daher im Schienenpersonennahverkehr Umwege über das Zentrum nötig oder die Nutzung von Bussen. Motivation für eine Ringlinie im Schienenverkehr ist vorrangig die Schaffung schneller und leistungsfähiger Tangentialverbindungen. Daneben sollen für das prognostizierte Bevölkerungswachstum der Stadt München[5] ausreichende Kapazitäten im öffentlichen Verkehr geschaffen werden, wobei durch eine Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr auf den Schienenverkehr auch der Feinstaubproblematik in München begegnet werden kann. Allerdings ist das Ausweichen vom PKW auf den öffentlichen Verkehr aus Sicht von Vertretern des Freistaates Bayern nicht problemlos möglich, da dieser gegenwärtig bereits an der Belastungsgrenze operiert.[6] Vertreter der Stadt München sehen trotz Realisierung der Zweiten Stammstrecke eine Notwendigkeit für eine Ringbahn.[7]

Studien für eine Münchner Ringbahn

Im Jahr 2012 wurde von den Architekten und Stadtplanern Roman Leonhartsberger, Felix Krüttli und Florian Dirschedl eine stadtstrategische Studie für eine Ringbahn erstellt, die auf bestehende Trassen verkehren könnte.[2] Das Thema Ringbahn stieß bei einem Bürgerbeteiligungsverfahren der Landeshauptstadt München auf große Zustimmung.[8] Der Landtagsabgeordnete Michael Piazolo gab bei den Ingenieuren Simon Herzog und Dennis Atabay im Jahr 2016 eine Konzeptstudie in Auftrag.[9] In der Studie wurden Fahrzeiten und Beförderungskapazitäten für eine Ringbahn berechnet.[1] Dieser S-Bahn-Ring verliefe beginnend am 1988 stillgelegten S-Bahnhof Olympiastadion über einen ausgebauten Nordring bis nach Johanneskirchen. Ab Johanneskirchen würde diese Ringbahn dem Verlauf der S8 bis zum Ostbahnhof folgen und von dort weiter auf der Bahnstrecke München–Rosenheim bis zum Heimeranplatz. Der Ringschluss vom Heimeranplatz zum Nordring verliefe überwiegend unterirdisch bis zum Nordring und wäre Teil einer Flughafenanbindung für den Fernverkehr. Der Trassenverlauf im Bereich der Landshuter Allee entspräche im Wesentlichen der bis zum Jahr 2008 verfolgten Planung für den Transrapid. Die von Herzog und Atabay vorgeschlagene Strecke würde neben dem Fernverkehr zum Flughafen auch dem Regionalverkehr in Richtung Freising und Landshut dienen und so die bestehende Strecke der S1 durch Unterschleißheim, Oberschleißheim und Neufahrn entlasten.[10] Zudem könnte durch verbesserte Verbindungen in Richtung Freising, Landshut und Augsburg der Siedlungsdruck auf die Stadt München reduziert werden. An allen Stationen der Ringbahn sind Umsteigemöglichkeiten zum heutigen Schienenpersonenverkehr vorgesehen. Bei einem 10-Minuten-Takt im S-Bahn-Verkehr hätte die Ringbahn eine Transportkapazität ähnlich wie der Mittlere Ring und würde maßgeblich zu dessen Entlastung beitragen.[11][12] Die Autoren schätzen, dass das Investitionsvolumen für die Ringbahn einschließlich der Flughafenanbindung im Bereich von 2 Milliarden Euro[13] bis 3,6 Milliarden Euro[14] liegt (Preisstand 2016).

Fahrzeiten ausgewählter Verbindungen
Verbindung Zwischenhalte Fahrplan 2016[15] mit Ringbahn und Flughafenanbindung[16]
München Hbf – Flughafen München Olympiakreuz 41 min 19 min
Augsburg – Flughafen München Pasing, Olympiakreuz 1 h 18 min 43 min
Pasing – Flughafen München Olympiakreuz 44 min 21 min
Olympiakreuz – Flughafen München 47 min 11 min
Landshut – Olympiakreuz Freising 1 h 08 min 38 min

Planung

Bayerns seinigerzeitiger Verkehrsminister Joachim Herrmann bezeichnete 2016 einen Ausbau von Nord- und Südring als denkbar in Ergänzung zur zweiten Stammstrecke.[17] Die CSU-Fraktion im Münchner Stadtrat beantragte im März 2017 die Prüfung eines Konzeptes für eine Ringbahn unter Berücksichtigung einer Flughafenanbindung für den Fernverkehr und die Freihaltung der dafür erforderlichen Flächen.[18][19] Anfang September 2018 plädierte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder für einen S-Bahn-Ring.[20] Ende September 2018 gab die Bayerische Staatsregierung die Prüfung eines S-Bahn-Ringes bekannt.[21] Der im November 2018 vorgestellte Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern sieht die Realisierung eines S-Bahn-Ringes vor.[22]

Kritik

In Anbetracht des finanziellen Aufwandes für die Realisierung einer Ringbahn äußerten im Oktober 2016 Mitglieder des Bayerischen Landtages Zweifel an der zeitnahen Umsetzbarkeit.[23]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Münchner Ringbahn: studie2016.ringbahn.de, Stand 2017, abgerufen am 17. April 2017.
  2. a b München der 2ten Reihe: panm.info, Stand 2012, abgerufen am 17. April 2017.
  3. LINIE PLUS EXTERN: extern.linieplus.de, vom 26. November 2016, abgerufen am 17. April 2017.
  4. Süddeutsche Zeitung: Wie wäre es mit einer Ringbahn auf Stelzen?, von sueddeutsche.de vom 22. September 2016, abgerufen am 17. April 2017.
  5. münchen.de Referat für Stadtplanung und Bauordnung, vom Mai 2015, abgerufen am 18. April 2017.
  6. Bayerischer Rundfunk: Streit um bessere Luft für München geht weiter (Memento vom 19. April 2017 im Internet Archive), vom Mai 2015.
  7. Focus: Ringbahn in München: Der Bau muss jetzt schon geplant werden, vom 23. März 2017, abgerufen am 18. April 2017.
  8. Landeshauptstadt München: MitDenken – Gemeinsam die Stadt verändern, vom 18. April 2012, abgerufen am 18. April 2017.
  9. Michael Piazolo: Vorstellung Studie: „Verkehrskonzepte für München“. (Nicht mehr online verfügbar.) 12. Oktober 2016, archiviert vom Original am 19. April 2017; abgerufen am 17. April 2017.
  10. Münchner Wochenanzeiger: Wissenschaftler der TU München zeigen Perspektiven für S-Bahnverkehr auf, vom 25. Oktober 2016, abgerufen am 18. April 2017.
  11. Süddeutsche Zeitung: Freie Wähler fordern S-Bahn-Ring, vom 12. Oktober 2016, abgerufen am 21. März 2017.
  12. Bayerischer Rundfunk: Eine Ringbahn für München, vom 11. Oktober 2016, abgerufen am 21. März 2017.
  13. Abendzeitung München: Wird die Ring-S-Bahn zum Problemlöser?, vom 12. Oktober 2016, abgerufen am 18. April 2017.
  14. vgl. S. 18 f. in Perspektiven für den Schienenverkehr im Großraum München, vom 12. Oktober 2016, abgerufen am 18. April 2017.
  15. vgl. Fahrplan der Deutschen Bahn (2016)
  16. vgl. S. 9 f. in: Perspektiven für den Schienenverkehr im Großraum München, 12. Oktober 2016, abgerufen am 17. April 2017.
  17. Süddeutsche Zeitung: Nord- und Südring bleiben ein Thema, von sueddeutsche.de vom 12. Oktober 2016, abgerufen am 22. März 2017.
  18. Rathausinformationssystem (RIS) der Landeshauptstadt München: www.ris-muenchen.de (PDF) vom 22. März 2017, abgerufen am 22. März 2017.
  19. Abendzeitung München: Jetzt will auch die CSU eine Ringbahn, vom 23. März 2017, abgerufen am 18. April 2017.
  20. Abendzeitung München: Söders Plan: Ring-S-Bahn um die Stadt und München-Beauftragter, vom 3. September 2018, abgerufen am 4. September 2018.
  21. Bayerische Staatskanzlei – Pressemitteilung Nr. 216, vgl. S. 7 in: Bericht aus der Kabinettssitzung. (Nicht mehr online verfügbar.) 25. September 2018, archiviert vom Original am 2. Oktober 2018; abgerufen am 2. Oktober 2018.
  22. CSU, Freie Wähler, vgl. S. 49 in: Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode 2018 - 2023, vom 4. November 2018, abgerufen am 4. November 2018.
  23. Abendzeitung München: Das sagen die Landtags-Fraktionen, vom 12. Oktober 2016, abgerufen am 19. April 2017.