MNS-System

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das MNS-System ist eines der wichtigen Blutgruppensysteme. Es basiert auf drei Genen für Glykoproteine (GYPA, GYPB und GYPE), die dicht beieinander auf Chromosom 4 (4q28-q31) liegen und somit gemeinsam vererbt werden, sowie weitgehend strukturell ähnlich (paralog) sind. Insgesamt sind 46 unterschiedliche Antigene in diesem System zusammengefasst, unter anderem die Antigene M, N, S, s und U[1], wobei die Antigene S und s transfusionsmedizinisch die wichtigsten sind.

Die Antigene M und N wurden von Karl Landsteiner und Philip Levine schon 1927 entdeckt. Das Antigen S wurde 1947 beschrieben, die weiteren Antigene s und U folgten. Die Unterscheidung der Vorläuferproteine in Glykophorin A und B wurde 1987[2] eingeführt, das Glykophorin E wurde 1990[3] hinzugefügt. Die Antigene M und N können dabei eigenständig als MN-System beschrieben werden, da sie nur aus dem Glykophorin A gebildet werden.[4] Die Antigene S und s (sowie U) werden aus dem Glykophorin B gebildet.[5] Glycophorin E scheint unter normalen physiologischen Verhältnissen nicht exprimiert zu werden.[6] Bei den meisten der 41 selteneren Untervarianten[1] (neben den 5 häufigen) handelt es sich um Rekombinationen der beiden Glykophorine A und B, sodass die Untergruppe zum MN-System mit anderen Untergruppen zum MNS-System zusammengefasst werden.

Gegen S und s gebildete Antikörper Anti-S und Anti-s können zu schweren Unverträglichkeiten führen, neben allgemeinen hämolytischen Transfusionsreaktionen auch zum Morbus haemolyticus neonatorum bei Schwangerschaften. Das Antigen U stand ursprünglich für "universal", da man es für allgemein vorhanden hielt, allerdings wurden später U-negative Träger identifiziert. Bei U-negativen Patienten erscheinen auch S-negativ und s-negativ, mit daraus folgender medizinischer Relevanz. Gegen die Antigene M und N werden natürliche IgM-Antikörper gebildet, die nur in speziellen Situationen transfusionsrelevant und dann zu berücksichtigen sind.

Häufigkeit

Die Antigene M und N finden sich bei etwa 75 % der Bevölkerung, der Genotyp MN ist mit 50 % am häufigsten vertreten. Allerdings gibt es Populationen, bei denen die Verteilung erheblich abweicht, so liegt bei den meisten Eskimo der Genotyp MM vor, während Aborigines meistens dem Genotyp NN zugehören.

Verteilung der Blutgruppen im MN-System[7]
genotypisch phänotypisch Inuits Aborigines Ägypten Deutschland China Nigeria
MM M+    83,5 % 0,2 % 27,6 % 29,7 % 33,2 % 30,1 %
MN M+N+ 15,6 % 30,4 % 48,9 % 50,7 % 48,6 % 49,5 %
NN    N+ 0,9 % 67,2 % 23,3 % 19,6 % 18,2 % 20,4 %

Das Antigen S mit einer Häufigkeit von etwa 55 % und das Antigen s mit einer Häufigkeit von etwa 89 % sind relativ häufig. Das Antigen U ist mit einer allgemeinen Häufigkeit jenseits 99,9 % besonders häufig auftretend, bei einigen Afrikanern jedoch auffallend häufig abwesend. Die anderen homologen Antigene, die dem MNS-System zugeschlagen wurden, sind jeweils sehr selten auftretende Mutationen, zum Beispiel Henshaw (He) mit 0,8 %, oder sehr häufige Varianten der verbreiteten Blutgruppen, zum Beispiel ENa (schwaches Glykoprotein A) mit Häufigkeit jenseits 99,9 % (bewirkt Resistenz gegen Plasmodium falciparum).

Einzelnachweise

  1. a b ISBT Committee on Terminology for Red Cell Surface Antigens: Table of blood group antigens within systems. (Nicht mehr online verfügbar.) International Society for Blood Transfusion, archiviert vom Original am 18. August 2011; abgerufen am 16. Januar 2010 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/ibgrl.blood.co.uk
  2. P. D. Siebert, M. Fukuda: Molecular cloning of a human glycophorin B cDNA: nucleotide sequence and genomic relationship to glycophorin A. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 84, Nummer 19, Oktober 1987, S. 6735–6739, PMID 3477806, PMC 299158 (freier Volltext).
  3. A. Vignal, C. Rahuel u. a.: A novel gene member of the human glycophorin A and B gene family. Molecular cloning and expression. In: European Journal of Biochemistry. Band 191, Nummer 3, August 1990, S. 619–625, PMID 2390989.
  4. Uniprot P02724 / GYPA precursor Zitat: "... GYPA is responsible for the MNS blood group system. The molecular basis of the GPA M/N bloodgroup antigen is a variation at positions 20 and 24. Ser-20 and Gly-24 correspond to M (shown); 'Leu-20' and 'Glu-24' correspond to N."
  5. Uniprot P06028 / GYPB precursor Zitat: "...GYPB is responsible for the MNS blood group system. The molecular basis of the S/s blood group antigen is a single variation in position 48; Thr-48 corresponds to s=MSN4 and Met-48 to S=MNS3."
  6. Olga O. Blumenfeld: MNS (MNS) Blood Group System. NCBI dbRBC, 11. Dezember 2009, abgerufen am 17. Januar 2010 (englisch).
  7. Steven M. Carr: MN Blood Group system in Humans. 2004, abgerufen im Januar 2010.