Magister equitum

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Heerführer der ost- und weströmischen Armee im 5. Jahrhundert n. Chr.

Das Amt des magister equitum (lat. für Reiteroberst) war in der römischen Republik ein temporäres Amt und in der späten Kaiserzeit vorübergehend der Titel für den Oberbefehlshaber der Kavallerie des Weströmischen Reiches.

Zeit der Republik

In der republikanischen Zeit wurde das Reiterführeramt nur in Krisenzeiten vom Diktator als dessen militärischem Stellvertreter besetzt.[1] Der Reiterführer bezog damit ein Amt mit der starken Stellung eines Stellvertreters des Diktators einerseits, andererseits ein Amt mit schwacher eigener Amtsmacht. Es handelte sich um ein unselbstständiges Amt der Obermagistratur, denn der Reiterführer durfte im Bereich der Verteidigung des Heeres zwar eigene Entscheidungen fällen, auf Kriegshandlungen durfte er sich aber erst bei ausdrücklichen Befehl des Diktators einlassen.[2] In der (legendären) Königszeit vereinigte der rex das Vorrecht, auf dem Pferd dem Heer vorzustehen, noch auf sich selbst. Genau diesem Gestus aber wollte die republikanische Verfassung den Boden entziehen, um sich gegenüber dieser Zeit deutlich abzugrenzen.

Der Reiterführer wurde vom Diktator, nach dessen eigener Amtseinführung, regelmäßig bei Tagesanbruch ernannt.[3] Beide Ämter endeten gleichzeitig durch Abdikation.[4] Im Falle des Todes des Reiterführers, hatte der Diktator umgehend für einen Ersatzmann zu sorgen.[5] Rechtlich wurde der magister equitum, nachdem er anfänglich im Rang hinter dem Praetor stand, diesem gleichgesetzt.[6] Dementsprechend verfügte er über sechs Liktoren als äußeres Zeichen seiner Machtbefugnisse. Wie alle hohen römischen Magistratsbeamten trug er die toga praetexta (eine purpurverbrämte Toga).[7]

Im Prinzip war das Amt jedem römischen Bürger zugänglich, auch ohne vorher den cursus honorum durchlaufen zu haben. Häufig waren die Reiterführer aus dem Lager der Konsulare rekrutiert; dies weil der häufigste diktatorische Ernennungsgrund, die rei gerundae causa, die Weitsicht und Erfahrung der Konsulare erforderlich machte. Als Stellvertreter des Diktators ging der Reiterführer den Ämter der ordentlichen Obermagistrate vor.[8] Eine Absetzung des jeweiligen Amtsträgers durch Dritte war nicht möglich. In einem Verfassungsentwurf Ciceros war dem Reiterführer das Recht zugesprochen, mit dem Senat zu verhandeln.[9] M. Antonius nutzte dies in der Zeit als Reiterführer Cäsars. Mit der Abschaffung der Diktatur nach dem Tode Cäsars verschwand auch das republikanische Amt des magister equitum.

Spätantike

Nach 312 wurde im Zuge diokletianisch-konstantinischen Reformen der Titel wieder eingeführt, nun aber mit gänzlich anderer Funktion. Die Kaiser, vor allem im Westteil des Reiches, ernannten je einen Oberkommandierenden für die Reiterei, den magister equitum, und die Infanterie (magister peditum). Seit der Mitte des 4. Jahrhunderts wurden auch separate magistri für Regionalverbände (wie z. B. der magister equitum galliorum) ernannt. Ab 400 wurden die beiden Ämter für Kavallerie und Infanterie dann meist im Posten des magister militum („Heermeister“) zusammengeführt.

Literatur

  • Wolfgang Kunkel mit Roland Wittmann: Staatsordnung und Staatspraxis der römischen Republik. Zweiter Abschnitt. Die Magistratur. München 1995, ISBN 3-406-33827-5 (von Wittmann vervollständigte Ausgabe des von Kunkel unvollendet nachgelassenen Werkes). S. 717–719.
  • Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike (DNP). Hrsg. von Hubert Cancik. Metzler, Stuttgart 1996–2010, ISBN 3-476-01470-3 (16 Bände in 19 Teilbänden sowie 6 Supplementbände erschienen)

Anmerkungen

  1. Livius 8,30,2; 22,24,1.
  2. Livius 10,3,7–8; 22,25,6; 23,19,5.
  3. Livius 3,27,1.
  4. Livius 4,34,5; 9,26,20.
  5. Livius 9,23,5.
  6. Cicero, De legibus 3,9.
  7. Cassius Dio 42,47,2.
  8. Plutarch, Antonius 8,3.
  9. Cicero, De legisbus 3,10