Marián Kočner

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Marián Kočner, 2016

Marián Kočner (* 17. Mai 1963 in Ružomberok) ist ein slowakischer Unternehmer, der hauptsächlich im Immobilien-, Risikoinvestment- und Finanzentwicklungsbereich tätig ist. Gegen ihn wurde wegen des Verdachts, in die Ermordung des Journalisten Ján Kuciak verwickelt gewesen zu sein, Anklage erhoben.

Karriere

Kočner wuchs in Ružomberok im Norden der Slowakei auf und studierte Journalismus in Bratislava. Anschließend arbeitete er mehrere Jahre als Reporter für das (tschecho)slowakische Fernsehen. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus wechselte Kočner in die Privatwirtschaft.[1]

Kočner erlangte 1998 erste öffentliche Bekanntheit für seinen Versuch, den Sender TV Markíza zu übernehmen. Der Fernsehsender war vom Politiker Pavol Rusko (ANO) mit internationalen Partnern gegründet worden und hatte Schwierigkeiten gehabt, eine Rundfunklizenz zu bekommen.[2] Rusko hatte sich in Folge an Siloš Pohanka gewandt, um Unterstützung beim Beschaffen der Lizenz zu erhalten, und dafür die Zahlung von 3 Millionen D-Mark versprochen. TV Markíza konnte die Lizenz allerdings schließlich ohne Hilfe von Pohanka erlangen und startete am 31. August 1996 den Betrieb. Pavol Rusko weigerte sich daher, den Betrag an Pohanka auszuzahlen.[2] Pohanka verkaufte seine Forderung weiter an Gamatex, ein Unternehmen im Eigentum von Marian Kočner. Kočner klagte die Forderung ein und erhielt vom Gericht eine Mehrheitsbeteiligung an TV Markíza zugesprochen.[3] Im September 1998, zwei Wochen vor den Parlamentswahlen, besetzte Kočner die Büros des Fernsehsenders mit privaten Sicherheitskräften und feuerte die leitenden Manager.[4] Dieser Vorgang wurde von einem Teil der Gesellschaft als Angriff auf die Pressefreiheit angesehen, es kam zu einer Großdemonstration vor den Büros von TV Markíza[4] mit Auftritten von Oppositionspolitikern. Nach zwei Tagen verließen Kočner und seine Leute das Gebäude[5] und der Disput wurde vor Gericht fortgesetzt. Im Jahr 2000 kaufte Pavol Rusko über Mittelsmänner Gamatex, womit Kočners Beteiligung in TV Markíza zu einem Ende kam.[3][6]

Im Juni 2016 machte Marian Kočner die Existenz von vier Schuldscheinen öffentlich, die Pavol Rusko ihm in seiner Funktion als Generaldirektor von TV Markíza im Jahr 2000 ausgestellt haben soll. Rusko bestätigte die Ausstellung vor Gericht, die Schuldscheine sollten seiner Aussage nach zur Klärung des Eigentumdisputs beitragen.[7] Das Management von TV Markíza hingegen erklärte, die Schuldscheine seien niemals in der Buchhaltung vermerkt worden.[8] Der Fernsehsender verklagte Kočner und Rusko wegen Fälschung; zusätzlich begann ein Steuerverfahren, da der Besitz der Schuldscheine im Wert mehrerer Millionen Euro von Kočner niemals behördlich deklariert worden war und keine Zinssteuer bezahlt wurde.[9][10]

Vorwürfe und Haft

Im Juni 2018 wurden Kočner und Rusko wegen Fälschung der Schuldscheine und mehreren Steuervergehen verhaftet.[11] Im Februar 2020 wurde er wegen Wechselbetrugs in Millionenhöhe zu 19 Jahren Haft verurteilt,[12] die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig (Stand Sept. 2020).[13]

In den letzten Jahren ist Kočner mehrmals der Anwendung illegaler Praktiken verdächtigt worden, so taucht sein Name auf sogenannten „Mafialisten“ auf, die die Polizei über vermutete Mitglieder des organisierten Verbrechens erstellt haben soll.[14][15]

Die New York Times sieht Verbindungen Kočners zum Geschäftsmann Ladislav Basternak, der durch irreführende Landverkäufe unrechtmäßig Steuerrückzahlungen erhielt.[1] Kočners Geschäftspraktiken und seine Verbindungen zu Basternak waren ein Thema in der Berichterstattung des Investigativjournalisten Ján Kuciak,[16] der im Februar 2018 ermordet wurde. Auf der Basis von Kuciaks Recherchen veröffentlichten Medien 2018 Berichte, dass Kočner eine halbe Million Euro von der Firma Technopol erhalten habe, nachdem diese Opfer einer feindlichen Übernahme geworden war.[17] Einige Monate vor Kuciaks Tod drohte Kočner ihm telefonisch, er werde ähnliche „Schmutzberichte“ über Kuciak und seine Familie sammeln, wie es der Journalist getan habe: „Ich werde nach deinen Leichen im Keller suchen.“[18] Kuciak erstattete Anzeige. Eine polizeiliche Untersuchung kam zum Schluss, dass die Aussagen Kočners nicht strafrechtlich relevant seien.[19] Die ebenfalls verdächtigte Alena Zsuzsová,[20] die den Mord an Kuciak in Auftrag gegeben haben soll und in Kontakt mit mehreren einflussreichen Personen stand, ist die Mutter eines Patenkinds von Kočner.[21]

Kočner wurde 2019 in die US-amerikanische Magnitsky-Act-Sanktionsliste aufgenommen.[22]

Am 8. März 2019 wurde Kočner unter dem Vorwurf, die Ermordung von Jan Kuciak in Auftrag gegeben zu haben, verhaftet und in Untersuchungshaft genommen.[23][24] Im Oktober 2019 erhob die slowakische Staatsanwaltschaft in der Causa Anklage gegen Kočner,[25] im September 2020 wurde er in erster Instanz freigesprochen,[13] jedoch hob der Oberste Gerichtshof in einem Berufungsverfahren im Juni 2021 den Freispruch wegen Verfahrensmängeln auf. Der Prozess muss nun an der untergeordneten Instanz neu verhandelt werden.[26]

Einzelnachweise

  1. a b Marc Santora, Miroslava Germanova: Slovak Businessman Charged With Ordering Murder of Journalist Jan Kuciak. In: The New York Times. 14. März 2019, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 11. April 2019]).
  2. a b Príbeh jednej televízie: Toto všetko si preskákala Markíza (slovak) In: www.zivot.sk. 4. Oktober 2013. Abgerufen am 8. April 2018.
  3. a b Ševčíková Petronela: Ako Pavol Rusko a Sylvia Volzová zakladali a predávali Markízu. In: strategie.hnonline.sk. 23. Oktober 2017. Abgerufen am 8. April 2018.
  4. a b Peter Tóth: Televízia Markíza obsadená (Slovak). In: SME, 16. September 1998. Abgerufen am 8. April 2018. 
  5. Gamatex s ochrankou opustil Markízu, zamestnanci dostali záruky do 11. októbra (Slovak). In: SME, 18. September 1998. Abgerufen am 8. April 2018. 
  6. Marek Tettinger: Rusko v Markíze skončil, televíziu ovládli Američania (Slovak). In: Hospodárske Noviny, 2. November 2005. Abgerufen am 8. April 2018. 
  7. Markíza prehrala, Kočnerovi má platiť milióny za čudné zmenky (Slovak). In: SME, 26. April 2018. Abgerufen am 3. November 2018. 
  8. Zuzana Petková: Kočner žaluje Markízu. Žiada milióny za Ruskove zmenky (Slovak). In: TREND, 3. Mai 2017. Abgerufen am 3. November 2018. 
  9. Miroslava Kernová: Markíza podala trestné oznámenie na Ruska a Kočnera (slovak) In: oMediach.com. 14. Mai 2018. Abgerufen am 3. November 2018.
  10. Zuzana Petková: Kočner a zmenky: má ich veľa. Aj od Penty (Slovak). In: TREND, 21. Juni 2018. Abgerufen am 3. November 2018. 
  11. NAKA detains businessman Kočner. In: The Slovak Spectator. Petit Press. Abgerufen am 14. August 2018.
  12. Slowakei: Mutmaßlicher Auftraggeber von Mord an Journalisten wegen Wechselbetrugs verurteilt. In: derstandard.at. 27. Februar 2020, abgerufen am 3. September 2020.
  13. a b Freispruch für beide Hauptangeklagte im Mordfall Kuciak. In: derstandard.at. 3. September 2020, abgerufen am 3. September 2020.
  14. Matúš Burčík: Marián Kočner. Mafián, ktorý neexistuje (slovak) In: SME. 28. Februar 2012. Abgerufen am 29. März 2018.
  15. Annamária Dömeová: Mafiánske zoznamy -- menoslov možných páchateľov (Slovak). In: Hospodárske Noviny, 21. Juni 2005. Abgerufen am 8. April 2018. 
  16. Dušan Mikušovič: O čom písal zavraždený novinár Kuciak: Pátral vo verejných databázach, polovica z jeho posledných textov je o Kočnerovi (slovak) In: Denník N. 26. Februar 2018. Abgerufen am 29. März 2018.
  17. Adam Valček, Zuzana Petková: Half of the money from “stolen” Technopol went to Kočner’s account. 5. Juni 2018, abgerufen am 18. April 2019.
  18. Springer und Ringier „entsetzt und fassungslos“ über Mord an Enthüllungsjournalist Kuciak und seiner Verlobten. In: Meedia. 26. Februar 2018, abgerufen am 11. April 2019.
  19. Monika Tódová: Investigatívneho reportéra Aktualít Jána Kuciaka a jeho partnerku zavraždili, vláda núka milión eur za odhalenie páchateľov (slovak) In: Denník N. 26. Februar 2018. Abgerufen am 29. März 2018.
  20. Zsuzsová bola mesiac po vražde Kuciaka a Kušnírovej medzi smotánkou: Pozrite sa na jej pravú tvár! (slowakisch), abgerufen am 29. Oktober 2019
  21. The price of Ján Kuciak's head was €70,000 (en). In: Slovak Spectator, 1. Oktober 2018. 
  22. U.S. Department of State: Global Magnitsky Program Designations for Corruption and Serious Human Rights Abuse. 2019
  23. Viktoria Großmann: System Mord. Süddeutsche Zeitung 2. September 2019
  24. Slovak man charged over double murder. In: BBC News. BBC. Abgerufen am 14. März 2019.
  25. Gerald Schubert: Neue Details eines alten Skandals erschüttern die Slowakei. In: derstandard.at. 21. Oktober 2019, abgerufen am 21. Oktober 2019.
  26. Mordfall Kuciak: Slowakisches Gericht hebt Freisprüche auf. In: orf.at. 15. Juni 2021, abgerufen am 26. Juni 2021.