Maria Renata Singer von Mossau

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Maria Renata Singer von Mossau (* 27. Dezember 1679 in Niederviehbach bei Dingolfing; † 21. Juni 1749 in Höchberg) war Subpriorin des Klosters Unterzell und das letzte Opfer der Hexenverfolgungen im Hochstift Würzburg und vermutlich letzte als Hexe angeklagte Frau Frankens.[1]

Leben

Maria Renata Singer aus dem Adelsgeschlecht der Singer von Mossau wurde als Tochter eines kaiserlichen Offiziers geboren. Mitte Mai 1699 wurde sie von ihrer Mutter als 20-Jährige als Nonne in das Kloster Unterzell bei Würzburg gebracht. Nach einer zweijährigen Probezeit und aufgrund ihres lobenswerten Verhaltens erhielt sie die wirtschaftliche Aufsicht über das Kloster, wurde mit der Rangbezeichnung der Subpriorin ausgezeichnet und half beim Küsterdienst.

Ab 1738 kippte die Stimmung und im Kloster Unterzell herrschten vermutlich wegen ihres Fleißes Neid und Missgunst, weshalb ihr ihre Katzen weggenommen wurden und sie fortan für sämtliche schlechte Vorkommnisse innerhalb des Ortes Zell am Main verantwortlich gemacht wurde. Als 1744 sechs Fälle von Besessenheit auftraten, verstärkten sich die Gerüchte, Singer sei der Hexerei schuldig. Sie soll durch Zauber und Wurzeln bzw. Kräuter laut den Prozessakten bei mehreren ihrer Mitbewohnerinnen des Klosters mit Schmerzen verbundene Krankheiten und Befall mit „höllische Geistern“ bewirkt haben.[2] 1749 kamen Vermutungen hinzu, sie sei mondsüchtig, weshalb sie eines Nachts von einer Ordensschwester mit einem Disciplinenhieb (Gerät zum Kasteien, eine Art Peitsche) in das Gesicht attackiert wurde. Daraufhin folgte im Januar des gleichen Jahres die Verhaftung und die Anklage wegen Hexerei.

Im Februar 1749 gestand Maria Renata bei einem klösterlichen Verhör durch Ordensschwestern,[3] seit Jahren eine Hexe gewesen zu sein. Dieses Geständnis ermöglichte es dem zuständigen Abt von Oberzell, Oswald Loschert, ein weltliches Gericht zu beauftragen. Nach weiteren Verhören unter dem hochfürstlich würzburgischen Hof- und Konsistorialrat Friedrich Ebenhöch mit den Anklagepunkten Erlernen der Hexerei, Schließen eines Teufelsbündnisses, Verrichten von Schadenzauber, Beiwohnen bei Hexenversammlungen, Schließen einer Teufelsbuhlschaft, Verunehrung geheiligter Hostie und des Mäusemachens erklärte sie sich in allen Punkten für schuldig. Danach soll sie zusätzlich noch von einem geistlichen Gericht verhört worden sein, bis dieses am 28. Mai ein Urteil fällte, welches unter anderem auch auf ein Gutachten der Medizinischen Fakultät[4] gestützt war. Bei darauffolgenden weiteren Verhören soll sie die Namen zweier anderer Hexen genannt haben. Während der Verhandlungen war sie auf der Festung Marienberg inhaftiert.

Am 21. Juni 1749 wurde das Endurteil, die lebendige Verbrennung auf dem Scheiterhaufen öffentlich verkündet. Durch das Wirken des Würzburger Fürstbischofs Karl Philipp von Greiffenclau zu Vollrads wurde das Urteil zur Enthauptung und anschließender Verbrennung abgemildert. Wegen der körperlichen Entkräftigung wurde Maria Renata auf einem Stuhl zum Richtplatz der mittleren Bastei bei Höchberg gebracht, wo sie zwischen acht und neun Uhr morgens auf einem aufgeschütteten Sandplatz hingerichtet wurde. Ihr Kopf wurde als Abschreckung zur Stadt Würzburg hin auf einem Pfahl aufgerichtet, der restliche Körper im Hexenbruch[5] verbrannt.

Historische Bedeutung

Der Hexenprozess gegen Maria Renata Singer von Mossau gehörte neben dem Verfahren gegen Sophia Agnes von Langenberg zu den wenigen, in denen eine Geistliche als Hexe öffentlich angeklagt und auch hingerichtet wurde.

In der Kunst

Erich Kunkel verarbeitete das Leben der Subpriorin zu seinem Theaterstück Maria Renata, das 2004 in Würzburg uraufgeführt wurde.[6]

Am Schauplatz der Ereignisse in Kloster Unterzell wurde am 18. Juli 2019 das Theaterstück Herr, öffne meine Lippen des aus Gerolzhofen stammenden unterfränkischen Schriftstellers Roman Rausch aufgeführt.[7]

Quellen

  • O. Loschert: Wahrhafte und umständliche Nachricht von dem Zufalle, so das jungfräuliche Kloster Unterzell nächst Wirzburg des Prämonstratenser-Ordens betroffen. Verfasset im Jahre 1749, in: Göttingisches historisches Magazin. 1787–91. 1788, 2. Bd., 594–631.Digitalisat.
  • Georg Gaar: Christliche Anred Nächst dem Scheiter-Hauffen, Worauf der Leichnam Mariae Renatae, einer durchs Schwerdt Hingerichteten Zauberin, den 21. Junii Anno 1749 Ausser der Stadt Würtzburg verbrennet worden / An ein zahlreich-versammletes Volck gethan ... Von Georgio Gaar (Digitalisat, UB Frankfurt am Main).
  • Historischer Verein Würzburg: Akten aus dem Prozeß der Nonne Maria Renata (1749). MS f. 20 (Kurze Nachricht von der Exekution […] vom 23. Juni 1749) und MS f. 267 (Acta infelicis monialis Renatae, anno 1749). Staatsarchiv Würzburg.

Literatur

  • Anna Renata Singer von Mossau, die letzte deutsche Hexe: ein Geschichtsbild dargestellt zur Erinnerung an den nunmehr hundertjährigen Niedergang eines langen und grauenvollen Irrwahns und an die Befreiung von der Schmach wälscher Inquisition in Deutschland, nebst einem Abriß der Geschichte der Hexenprocesse im Allgemeinen und beiliegenden Actensprüchen sowie einem sächsischen Hexenprocesse aus dem siebzehnten Jahrhundert, Leipzig 1849. (keine Autorenangabe – erschienen in der Serig’schen Buchhandlung)
  • Ralph Kloos und Thomas Göltl: Die Hexenbrenner von Franken. Erfurt 2012. ISBN 978-3-95400-109-5, S. 77–80.
  • Eduard Kohl: Maria Renata Singer von Mossau. Die Geschichte einer Zeller Oberschwester, die als letzte fränkische Hexe verbrannt wurde. Zell am Main 1999.
  • Christoph Meiners: Geschichte einer merkwürdigen Teufels-Besitzung in Franken zwischen den Jahren 1740. und 1750., in: Göttingisches historisches Magazin, 2. Band, 1788, S. 1–39. Digitalisat
  • Anton Memminger: Das verhexte Kloster nach den Akten dargestellt, Würzburg 1904.
  • Friedrich Merzbacher: Die Hexenprozesse in Franken. 1957 (= Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte. Band 56); 2., erweiterte Auflage: C. H. Beck, München 1970, ISBN 3-406-01982-X, S. 49–52, 157 f., 171–176 und öfter.
  • Hans-Jürgen Wolf: Hexenwahn, Hexen in Geschichte und Gegenwart, Pawlak Verlag, Herrsching, 1990, S. 185–188.
  • Erik Soder von Güldenstubbe: Die Praemonstratenserchorfrau Renata Singer von Mossau und ihre Sippe. In: Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg. Bd. 39 (2005), S. 165–178.
  • Erik Soder von Güldenstubbe: Die unschuldig als Hexe verurteilte Praemonstratenserchorfrau Renata Singer von Mossau. In: Markus Mergenthaler, Margarete Klein-Pfeuffer (Hrsg.): Hexenwahn in Franken. J.H. Röll, Dettelbach 2014, S. 170–201.
  • Roman Rausch: Die Hexenriecher. Der Fall Maria Renata Singer. Eine Spurensuche. Echter Verlag, Würzburg 2019, ISBN 978-3-429-05396-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eduard Kohl: Maria Renata Singer von Mossau. Die Geschichte einer Zeller Oberschwester, die als letzte fränkische Hexe verbrannt wurde. Zell am Main 1999.
  2. Friedrich Merzbacher: Die Hexenprozesse in Franken. 1957 (= Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte. Band 56); 2., erweiterte Auflage: C. H. Beck, München 1970, ISBN 3-406-01982-X, S. 50 f.
  3. Historischer Verein Würzburg: Akten aus dem Prozeß der Nonne Maria Renata (1749). MS f. 267 (Acta infelicis monialis Renatae, anno 1749). Staatsarchiv Würzburg, S. 69–80 (Interrogatoria der Schwestern Walburgis, Alexandra, Theresia, Caecilia, Antonia und der Novizin Monica).
  4. Ernst Kern: Sehen – Denken – Handeln eines Chirurgen im 20. Jahrhundert. ecomed, Landsberg am Lech 2000. ISBN 3-609-20149-5, S. 261.
  5. Friedrich Merzbacher: Die Hexenprozesse in Franken. 1957 (= Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte. Band 56); 2., erweiterte Auflage: C. H. Beck, München 1970, ISBN 3-406-01982-X, S. 176.
  6. Maria Renata – Die letzte Hexe von Würzburg. (Memento des Originals vom 1. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.theater-ensemble.net auf der Homepage des theater ensembles
  7. Hexenjagd im Sommertheater. 26. Juli 2019, abgerufen am 5. August 2019.