Marienkirche Suhlendorf

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Die Marienkirche in Suhlendorf

Die Marienkirche in Suhlendorf im Landkreis Uelzen gehört zur evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Der Überlieferung zufolge ging das Vorgängerbauwerk der heutigen Kirche auf einen im 11. Jahrhundert aus Feldsteinmauerwerk errichteten Wehrturm zurück, der im Jahr 1086 in eine Kirche umgewandelt wurde.

Lage und Umgebung

Die Marienkirche steht im Ortsteil Suhlendorf und liegt zwischen dem Marktplatz und der Bushaltestelle. Sie ist dicht von Häusern und Bäumen umgeben. Das Gemeindehaus der Kirche steht auf dem gepflasterten Kirchplatz direkt gegenüber der Kirche.

Vorgängerbau: Wehrkirche

Suhlendorf, alte Wehrkirche, etwa 1898

Die Geschichte des Kirchenbaus in Suhlendorf begann mit einem massiven Wehrturm, der wahrscheinlich nicht, wie in der Heimatliteratur häufig behauptet, im Jahr 930 errichtet wurde, sondern vermutlich aus dem 11. Jahrhundert stammte, da sich erst zu dieser Zeit das massive Mauerwerk im Burgenbau durchsetzte. Dieser Wehrturm war ursprünglich vermutlich eine Kleinburg, die von einem Burgvogt oder einer niedrigadligen Familie verwaltet und als Wohnturm genutzt wurde. Sehr wahrscheinlich wurde dieser massive Wohnturm innerhalb eines Sächsischen Ringwalls errichtet, die Heinrich I in den verschiedenen Grenzgebieten seines Reiches zum Schutz vor Angriffen der Ungarn errichteten ließ, die als kleine aber hochmobile Reitertrupps durchs ganze Land zogen und plünderten. Diese Annahme ist naheliegend, da der alte Kernort von einem Ringgraben umgeben war, wie eine Zeichnung des Heimatforschers Adolf Bätge belegt.[1] Der Wehrturm in Suhlendorf befand sich in einem unmittelbaren Grenzgebiet zu den Slawen (Wendland), in dem es ebenfalls immer wieder zu Angriffen und Überfällen kam. Hier war der massive Wehrturm nicht nur ein Verteidigungsbau, sondern auch ein Machtsymbol der sächsischen Herrscher gegenüber den slawischen Stämmen.

Nach der Befriedung des Grenzgebietes bei Suhlendorf wurde der Turm aus Feldsteinmauerwerk im Zuge der Christianisierung im Jahr 1086 in eine Kirche umgewandelt. Zu der Zeit dürfte auch das Dach erneuert worden sein und die Turmspitze eine Wetterfahne mit der Jahreszahl 1086, als Zeichen und Dokumentation der Inbesitznahme, bekommen haben. Der Suhlendorfer Wehrturm hatte eine Nutzfläche von 68 m² und wurde nach der Einführung des Christentums, zunächst für die Abhaltung der Gottesdienste genutzt, so konnte der Gottesdienst wetterunabhängig abgehalten werden. Aufgrund der Entwicklung über einige Jahrhunderte war etwa im 14. oder 15. Jahrhundert eine Erweiterung erforderlich. Mit einem Wanddurchbruch an der Ostseite des Turmes, dem Anbau eines Kirchenschiffes und der weiteren Nutzung des Turmraumes hat die Kirche noch eine längere Zeit für die Gottesdienste der Gemeinde ausgereicht. Das mittelalterliche Bauwerk wurde Ende des 19. Jahrhunderts wegen Platzmangels und angeblich gravierender Bauschäden abgerissen.

Marienkirche: Der Bauerndom

Blick in den Innenraum der Marienkirche Suhlendorf, im Jahr 2009

Die ab dem Frühjahr 1903 erbaute Marienkirche ist ein roter, nach Osten ausgerichteter Backsteinbau, der nach den Plänen des Architekten und Kirchenbaumeisters Friedrich Wilhelm Karl Jacob errichtet wurde und der Hannoverschen Architekturschule zugerechnet werden kann. Die Suhlendorfer Marienkirche stellt mit ihren Stilelementen den Höhepunkt der neogotischen Architektur im Landkreis Uelzen dar[2] Jacob war Schüler und enger Mitarbeiter des Architekten und Hochschullehrers Conrad Wilhelm Hase.[3] Trotz der Gesamtgröße des Gebäudes gelang es Jacob einen schlanken und äußerst eleganten Baukörper zu erstellen. Mit ihrem rund 8300 Kubikmeter großen Baukörper ist die Suhlendorfer Marienkirche der mit Abstand größte Kirchenbau des Landkreises außerhalb der Stadt Uelzen, wenn man von den Klosterkirchen in Ebstorf, Medingen und Oldenstadt absieht, die eine Sonderstellung einnehmen. Schon früh sprach der Volksmund aufgrund dieser für eine Dorfkirche außergewöhnlichen Größe auch vom „Suhlendorfer Bauerndorf“.[4] Beim Neubau der Kirche half die gesamte Gemeinde mit und hat somit in Eigenleistung zum Gelingen des Werkes erheblich beigetragen. Es ist erstaunlich, dass die Kirche damals ohne Kran und Aufzug bei enormen Arbeitsleistungen in weniger als zwei Jahren und ohne Unfall fertiggestellt werden konnte. Die Einweihung des heutigen Gotteshauses fand am 22. Oktober 1905 statt. Besonders zu erwähnen ist auch die Ausführung des schlanken Turmes, der mit der Wetterfahne eine Höhe von rund 56 Metern erreicht und damit der zweithöchste Kirchturm im Landkreis Uelzen ist und nur vom Turm der St.-Marien-Kirche in Uelzen (86 Meter) deutlich überragt wird. Unter der Traufkante des Kirchenschiffs findet sich ein Bogenfries aus Formsteinen.

Innenbau

Altar mit Jesusfigur

Um den rund 1000 Menschen, denen die Marienkirche inklusive Stehplätzen Platz bietet, raschen Eintritt wie auch Ausgang zu gewähren, stehen insgesamt vier Eingänge zur Verfügung. Der Haupteingang befindet sich auf der Westseite. Das Kirchenschiff ist an der West-, Nord- und Südseite mit einer umlaufenden Empore ausgestattet. Auf dem Altar befindet sich eine Retabel die mit einer großen Christusfigur ausgestattet ist, die Hände segnend ausgestreckt hält. Das Original hatte der dänische Künstler Bertel Thorvaldsen 1839 für die Liebfrauenkirche in Kopenhagen angefertigt. Die Glocken im Turm stammen aus den Jahren 1848 und 1950.

Im Innenraum bringen die großen Chorfenster und die zahlreichen Fenster im schmalen Seitenschiff auf der Südseite die Marienkirche bei entsprechendem Tageslicht zum Leuchten. Die Fenster der Marienkirche zeigen verschiedene Geschichten aus der Bibel. Auf dem linken Fenster ist die Geburt Jesus zu sehen, um ihn herum stehen Josef, Marie und die drei heiligen Könige. Auf dem mittleren Fenster sieht man die Kreuzigung Jesus, um ihn herum stehen seine Brüder, Eltern und Angehörige. Auf dem rechten Fenster wird die Auferstehung Jesus repräsentiert. Hinter ihm weitet ein Engel seine Flügel aus, während seine Mitmenschen sich ängstlich zurückwerfen.

Orgel

Die Kirchengemeinde Suhlendorf besitzt in ihrer Kirche seit dem Jahre 1959 von der Firma Emil Hammer ihre Orgel, die 24 Register auf 2 Manualen und Pedal umfasst. Sie befindet sich über dem Haupteingang an der Südseite der Kirche. Ihre Aufstellung und Übersicht der einzelnen Klangfarben orientiert sich an barocken Vorbildern, so wie es zur Zeit der Erbauung dieser Orgel gewünscht worden war. Die Erbauerfirma erhielt 2006 den Auftrag, neben Säuberung und technischer Überholung der Orgel diese auch in ihrer Intonation neu auszurichten. Durch sorgfältige Neuintonation der vorhandenen Pfeifen wurde die zuvor sehr obertönige, spitze Klanggebung des Instrumentes so geändert, dass der Gesamtklang runder, tragfähiger und wärmer wurde. Dazu ist auch der Winddruck erhöht worden und man veränderte an den Pfeifen die für die Klanggebung wichtigen Punkte. Diese intonatorischen Arbeiten betrafen jede einzelne Pfeife und waren daher sehr zeitaufwändig.

Daten der Orgel

Hauptwerk Pedal Brustwerk
Quintadena 16’,

Principal 8’,

Spitzgedackt 8’,

Oktave 4’,

Holzflöte 4’,

Quinte 2 2/3’,

Oktave 2’,

Mixtur 4-5 f.,

Trompete 8’

Subbass 16´,

Prinzipal 8’,

Gedackt 8’,

Oktave 4’,

Nachthorn 2’,

Mixtur 3 f.,

Posaune 16’,

Trompete 8’,

Gedackt 8’,

Gedacktflöte 4’,

Waldflöte 2’,

Sesquialtera 2 f.,

Oktave 1’,

Scharf 3-4 f.,

Mixtur 4 f.,

Krummhorn 8’,

Pfarramtssekretär/Pfarramtssekretärin

  • 1962–1966 Werner Klipp
  • 1966–2011 Karin Garz
  • seit 2001 Petra Meyer

Pastoren

  • 1941–1960 Dr. Peter Oelkers
  • 1961–1975 Ulrich Meyer
  • 1967–1987 Horst Mantzel
  • 1988–1997 Ewald Grossmann
  • 1998–2004 Pastorin Petra Horn
  • 2004 Pastor Stephan Schmid (Interimszeit)
  • 2005–2015 Pastor Hagen Günter
  • seit 2015 Stefanie Arnheim

Gottesdienst

Die Kirche wird zum regulären Gottesdienst am Sonntagmorgen um 10 Uhr benutzt.

Posaunenchor

Älter als die über hundertjährige Kirche ist der Suhlendorfer Posaunenchor. In dem damals noch in Növenthien befindlichen Pfarrhaus hatten sich am 24. November 1895 Pastor Hansen, der Vereinsagent Sauer und folgende Mitglieder: Heinrich Behn, Güstau; Adolf Binder, Növenthien; Hermann Bunge, Növenthien; Friedrich Bersiel, Wellendorf; Friedrich Clabüsch, Groß Ellenberg; Heinrich Corvey, Bockholt; Heinrich Dierks, Wellendorf; Friedrich Dierks, Wellendorf; Heinrich Dickhut, Növenthien; Heinrich Flasche, Növenthien; Heinrich Fauteck, Növenthien; Johann Hameister, Növenthien; Friedrich Koopmann, Batensen; Heinrich Meyer, Növenthien; Hermann Mautz, Kölau; Heinrich Kahlstorf, Növenthien; Friedrich Peters, Groß Ellenberg; Friedrich Schulze, Nestau; Friedrich Stutmann, Güstau; Heinrich Thiemann, Növenthien; und Heinrich Ellenberg, Güstau versammelt. Der Posaunenchor hatte nach knapp einem Jahr bereits 54 Choräle, 4 Motetten, 7 Märsche, 8 geistige Lieder und 2 Volkslieder in seinem Repertoire. Die Posaunenarbeit ist aus dem so genannten Jünglingsvereinen entstanden, die eigentlich die Aufgabe hatten, männliche Jugendliche auf den rechten Weg zu bringen durch gesellige, erzieherische und der Bildung dienenden Betätigung in der Freizeit, vorzugsweise am Sonntag, dem einzig wirklich freien Tag in der Woche. Über die weibliche Jugend lässt sich nichts in der Akte finden, die fleißigen und guten Bläserinnen werden erst nach dem Zweiten Weltkrieg benannt. Im Verein herrschte eine strenge Ordnung und Disziplin. Es wurde sehr darauf geachtet, dass die Mitglieder regelmäßig an den zahlreichen Einsätzen im Gottesdienst und an den Übungsabenden teilnahmen. Selbst die große Bereitschaft, Zeit zu opfern, ist auch heute noch vorhanden. Allein 1994 hat der Posaunenchor in 18 Gottesdiensten und bei 18 Ständchen mitgewirkt, dazu kamen 35 Übungsabende, außerdem hat er an 7 Feiern und Kurrendeblasen teilgenommen und eine Jahresversammlung abgehalten. Es ist ein außerordentlicher Zeitaufwand für unsere heutige Zeit, der neben dem Beruf hier aufgewendet werden muss. Der Posaunenchor hat auch die schwere Zeit während und nach den beiden Kriegen überdauert, wenn auch schmerzliche Opfer Gefallen zu beklagen waren, wie aus den Akten hervorgeht. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat es Partnerschaftsbeziehungen zu den Kirchengemeinden und Posaunenchören in Altenhof und Beerwalde in Sachsen und in Packebusch in der Altmark gegeben, die bis heute noch gepflegt werden. Das erste Kreisposaunenfest in Suhlendorf war schon 1908, da bestand der Posaunenchor bereits 13 Jahre und die neue Kirche war 3 Jahre alt. zum 100-jährigen Jubiläum fand wieder das Kreisposaunenfest am 25. Mai 1995 in Suhlendorf statt. Vormittags war Gottesdienst und Kurrendeblasen. Nach dem gemeinsamen Mittagessen fand ab 14:30 Uhr in der Saatbauhalle die Feierstunde mit rund 200 Bläsern und 300 Gästen statt. Es war eine erhebende Feier, die allen in guter Erinnerung geblieben ist.

Die Chorleiter; 1895–1897 Friedrich Deyer, 1897–1923 August Kollweyh, 1923–1929 Willhelm Kohlmeyer, 1929–1944 Willi Königkrämer, 1945–1948 Herbert Wolff, 1948–1966 Werner Klipp (später sogar auch Pastor), 1966–1973 Paul-Jürgen Brodersen (Diakon), 1973-heute Erich Garz.

Musikalischer Kreis

Frau Irmgard Mantzel gründete mit Engagement 1976 zunächst einen Flöten- und Gitarrenkreis und 1985 einen Sing- und Instrumentalkreis. Die Auftritte erfolgen zu Gottesdiensten und anderen Veranstaltungen und stellen seit 30 Jahren eine Bereicherung für diese da.

Gemeindehaus

Das ehemalige Küster- und Schulhaus wurde 1851 errichtet. Es hat ein Ausmaß von 24 × 13 m = 312 m² Grundfläche und war unterteilt in einen Schulbereich mit Klassenraum und einem kleinen Flur und einen Wohn- und Stallteil. Der Stallteil des Hauses dürfte schon vor dem Ersten Weltkrieg in Wohnraum umgewandelt worden sein, der heute als Konfirmandensaal bezeichnet wird. 1925 wurde der Schulbetrieb im Küsterhaus durch den Neubau der Hindenburgschule eingestellt. Das Küsterhaus wurde 1962 unter der Regie von Pastor Meyer zu einem Gemeindehaus mit Jugendheim, einschließlich Übernachtungsmöglichkeiten, für 25 Jugendliche umgebaut und für viele Jahre genutzt. 1997 wurde das Gemeindehaus nach Plänen von Architekt Hans-Heinrich Weichsel wieder umgebaut. Der Gemeindesaal hat nun 82 m² und das Foyer 43 m², so dass für Veranstaltungen 125 m² Nutzfläche zur Verfügung stehen. Das Erdgeschoss hat 252 m² und das Dachgeschoss 183 m². Somit hat das Gemeindehaus insgesamt 435 m² Nutzfläche.

Literatur

  • Axel Fischer: Königin der Instrumente, in: Die Orgel der Marienkirche Suhlendorf
  • Gemeinde Suhlendorf: Suhlendorf – Eine Chronik
  • Christian Wiechel-Kramüller: Kirchen, Klöster und Kapellen im Landkreis Uelzen, Wiekra Edition, 2015, ISBN 978-3-940189-14-1.

Weblinks

Commons: Marienkirche Suhlendorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dorferneuerung Suhlendorf. (PDF) In: Planungsbüro A. Pesel. Abgerufen am 19. August 2020.
  2. Christian Wiechel-Kramüller: Kirchen, Klöster und Kapellen im Landkreis Uelzen. WIEKRA Edition, Bahn-Media Verlag GmbH & Co. KG, Suhlendorf 2015, ISBN 978-3-940189-14-1, S. 161.
  3. Reinhard Glaß: Architekten und Künstler mit direktem Bezug zu Conrad Wilhelm Hase (1818–1902). Abgerufen am 19. August 2020.
  4. Christian Wiechel-Kramüller: Kirchen, Klöster und Kapellen im Landkreis Uelzen. WIEKRA Edition, Bahn-Media Verlag GmbH & Co. KG, Suhlendorf 2015, ISBN 978-3-940189-14-1, S. 154.

Koordinaten: 52° 55′ 36,1″ N, 10° 46′ 12,3″ O