Marktbereinigung

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Unter Marktbereinigung versteht man in der Wirtschaftswissenschaft einen Prozess, bei dem sich die Zahl der Anbieter in einem Markt verringert.

Die Marktbereinigung ist ein Marktmechanismus, der die Situation eines sogenannten Überangebots beseitigt.[1] Einige Anbieter erzeugen Güter, die zu teuer sind oder aus anderen Gründen (z. B. veraltete Technik, Gestaltung, die den Nachfragergeschmack nicht mehr trifft, oder veränderte Rahmenbedingungen[2]) nicht verkauft werden können. Diese Anbieter verschwinden dann vom Markt, sei es, weil sie von anderen Anbietern aufgekauft werden,[3] weil sie sich aus dem Markt zurückziehen und nur noch andere Märkte bedienen oder weil sie Insolvenz anmelden.[4][5]

Eine Marktbereinigung kann u. a. Ergebnis eines Verdrängungswettbewerbs oder Ruinösen Wettbewerbs sein, kann infolge von Wirtschaftskrisen entstehen oder unter dem Schlagwort Strukturwandel durchaus erwünscht und insofern forciert sein.[6][7]

Das Insolvenzrecht hat in Marktwirtschaften bei der Marktbereinigung eine wichtige Funktion inne.[8]

Marktbereinigung mittels Stabilisierungs- bzw. „Reinigungskrise“

In den 1930ern wurde von notwendiger „Reinigungskrise“ und „Selbstheilungskräften des Marktes“ ausgegangen,[9] insofern auch deshalb weitere Konjunkturabkühlung zugelassen.[10] Noch heute sind manche Ökonomen der Meinung, dass Marktbereinigung mittels Rezession, also eine Reinigungskrise (bzw. Stabilisierungskrise),[11] notwendig sei[12] und gesprochen wird in diesem Zusammenhang von Strukturprogrammen oder Strukturanpassung.[13]

Siehe auch

Literatur

  • Norbert Berthold: Mehr Effizienz und Gerechtigkeit: Wege zur Entflechtung des Sozialstaates. In: Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2005, S. 233–254.
  • Florian Dausend/Frank Bruder: Distressed M&A – Unternehmenskauf in der Krise und Insolvenz. In: Corporate Finance Law. 2010, S. 234–237.
  • Kerstin Emrich: Konzentration im Sortimentsbuchhandel. Diagnose, Prognose und Handlungsempfehlungen. 1. Auflage, Gabler Verlag, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-8349-2458-2.
  • Susanne Hilger: Zwischen Demontage und Wiederaufbau – Unternehmen und alliierte Besatzungspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg am Beispiel der Firma Henkel, Düsseldorf. In: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte. 2001, S. 198–220.
  • o. V.: Börsen – Zwischen Tradition und Marktbereinigung. In: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen. 2009, S. 1249.

Einzelnachweise

  1. Markus M. Müller/Roland Sturm: Wirtschaftspolitik kompakt. 1. Auflage, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-14497-9, S. 241.
  2. Frank Dornseifer: Alternative Investments - Bedeutung und Rahmenbedingungen in einem geänderten Marktumfeld. In: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen. 2009, S. 360, 362.
  3. Achim Fey, Wolfgang Neyer: Entschärfung der Mantelkaufregelung für Sanierungsfälle. In: Der Betrieb. 2009, 1368, 1371.
  4. Beck/Depré: Praxis der Insolvenz. 2. Auflage, Verlag Vahlen, München 2010, ISBN 978-3-8006-3574-0, § 1, Rn. 126.
  5. vgl. für die Situation bei deutschen Bauunternehmen: Sammy Ziouziou, Erich Gluch: Die deutschen Bauunternehmen – kein Hang zur Größe. In: ifo Schnelldienst. Heft 19/2010, S. 22.
  6. Universität Duisburg, Thomas Siebold, 1995: Die sozialen Dimensionen der Strukturanpassung - eine Zwischenbilanz. (Memento des Originals vom 30. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/inef.uni-due.de (PDF) S. 2:
    „Ein Ziel haben alle Programme gemeinsam: sie sollen die Zahlungsfähigkeit des Schuldnerlandes wiederherstellen. Auch wenn die Ausgestaltung der IWF-/Weltbank-Strukturanpassung von Programm zu Programm unterschiedlich ist, folgen doch alle Programme einem Grundmuster, dessen neoklassisch-monetaristische Herkunft sich nicht verleugnen läßt: Es fußt auf drei Prinzipien: 1. Deflation der Ökonomie durch monetäre Maßnahmen: Durch die Begrenzung des inländischen Kreditvolumens und die Reduzierung des staatlichen Budgetdefizits …“
  7. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Jahresgutachten 2013/14: Gegen eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik. (PDF; 6,1 MB) S. 218:
    „Kleine und mittlere Unternehmen spielen in vielen Sektoren eine volkswirtschaftlich wichtige Rolle. Allerdings ist vor wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die pauschal das Ziel haben, die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen in unveränderter Höhe aufrecht zu erhalten, zu warnen, denn solche Maßnahmen könnten den notwendigen Strukturwandel aufhalten.“
  8. Frege/Keller/Riedel: Insolvenzrecht, 7. Auflage, Verlag C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56019-4, Rn. 4.
  9. Detlev Humann: Arbeitsschlacht. Arbeitsbeschaffung und Propaganda in der NS-Zeit 1933 - 1939. Göttingen 2011. (online) S. 34:
    „Danach fasste man den konjunkturellen Niedergang als Reinigungskrise auf, aus der die Wirtschaft dank ihrer Selbstheilungskräfte gestärkt hervorgehe.“
  10. Hans Gestrich: Geldpolitik und Weltwirtschaft. Berlin 1934. S. 13: „Wenn in den Jahren 1931/1932 durch die Gegner aktiver Konjunkturpolitik immer ins Feld geführt worden ist, durch ein Laufenlassen der Krise müßte die Wirtschaft von schwachen und leistungsunfähigen Unternehmungen „gereinigt“ werden, so hat die Erfahrung gezeigt, dass die Krisis selbst immer mehr Unternehmungen schwach gemacht hat. Die „Leistungsunfähigkeit“ bestand mehr und mehr lediglich in dem Vorhandensein von Schulden, die bei fallenden Umsätzen und Preisen gleich hoch blieben. Die Finanzierung mit Fremdkapital ist aber gerade in der modernen Wirtschaft noch kein Kriterium der Untüchtigkeit. Es hat einen guten Sinn, von einer Reinigungsfunktion der Wirtschaftskrisen zu sprechen, da tatsächlich die Schlechten und Untüchtigen zuerst fallen. Je länger aber eine Krisis dauert, je tiefer sie wird, desto mehr wird aus der Reinigung einfache sinnlose Zerstörung. Die Theorien vom „Vonselbstausbrennen“ der Wirtschaftskrisis und ihrer „Reinigungsfunktion“ haben auf die deutsche Wirtschaftspolitik der Jahre 1931/32 einen verhängnisvollen Einfluß gehabt.“
  11. Arbeitsgemeinschaft Deutscher Wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute: Wirtschaftsreformen in Mittel- und Osteuropa. Tagungsband zur Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute. Berlin 1993. (online) S. 256: „Die Prognosen des IWF seien meist sehr positiv. Danach komme es nach einer Stabilisierungskrise ...“
  12. Wirtschaftslexikon Gabler: Definition Stabilisierungskrise
  13. Ansgar Belke: EU Governance und Staateninsolvenz. Optionen jenseits der Kommissionsvorschläge. In: Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft. Band 62. Stuttgart 2011. S. 61. (online).