Markus von Wickenburg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Markus von Wickenburg (* 13. April 1864 in Baltavár, Königreich Ungarn; † 6. August 1924 in Budapest), vollständiger Name Maria Marcus Matthias Konstantin Graf von Wickenburg, war ein (österreichisch-)ungarischer Ministerialbeamter und Staatssekretär.[1]

Leben

Wickenburg studierte Rechtswissenschaft, erwarb den Dr. jur. und trat in den königlichen ungarischen Staatsdienst ein. Nach Tätigkeiten in der ungarischen Postsparkasse, bei der Steuerinspektion in Fiume, im Finanzministerium in Budapest und den ungarischen Staatsbahnen, wurde er 1902 Staatssekretär des ungarischen Handelsministeriums. 1903 pensioniert, wurde er mit 30. März 1912 reaktiviert als Sektionschef der Handelssektion im k. u. k. Außenministerium, wo er bis Februar 1917 tätig war.[2]

Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs, erachtete Geheimrat Wickenburg in einem Memorandum von Ende August 1914 die „Vernichtung Serbiens mit einer Annexion von bedeutenden Gebieten dieses Staates“ als die beste Lösung.[3] Für Wickenburg war das serbische Kriegsziel bloß ein Schritt auf dem Weg weiterer Expansion: „Die Richtung dieser Expansion ist für uns der Osten“, durch „die Beherrschung der zwei Hauptverkehrsadern nach Konstantinopel und nach Saloniki“ sowie die Erringung der Vormachtstellung auf der Donau, die Übernahme des gesamten Verkehrs auf der Balkanhalbinsel. Über Kleinasien forderte Wickenburg sogar den „direkte(n) Weg nach Persien“. Wickenburg, laut Andrej Mitrović der radikalste unter den Autoren der Ballhausplatz-Kriegsziel-Denkschriften, erklärte, das Weiterbestehen eines unabhängigen serbischen Staates, wie schwach und klein er auch sein möge, sei die falsche Lösung. Ein reduziertes Serbien bleibe „ein noch glühender Herd der Irredenta“ und „eine ewige Gefährdung unserer diplomatischen Lage“.[4] Auch Fritz Fellner meint Wickenburgs Memorandum wäre noch stärker als die anderen Vorschläge der Wiener Ministerialbürokratie „der imperialistischen Ideologie einer über territoriale Eroberungen hinausreichenden wirtschaftlichen Expansion nach Kleinasien bis Persien hinaus verpflichtet“.[5]

Einzelnachweise

  1. Fritz Fellner (Hrsg.): Schicksalsjahre Österreichs 1908–1919. Das politische Tagebuch Josef Redlichs. Band 3: Biographische Daten und Register. Böhlau, Wien/Köln 2011, ISBN 978-3-205-78617-7, S. 225.
    Deutsches Adelsarchiv: Genealogisches Handbuch des Adels. Starke, Limburg an der Lahn 1983, Band 82 (IX), S. 470.
  2. Rudolf Agstner (Hrsg.): Heinrich Wildner: Tagebuch 1915/1916. Das etwas andere Lesebuch zum 1. Weltkrieg. (=Forschungen zur Geschichte des österreichischen Auswärtigen Dienstes, Band 10) Lit, Münster 2014, ISBN 978-3-643-50602-3, S. 262.
  3. Andrej Mitrović: Die Balkanpläne der Ballhausbürokratie im Ersten Weltkrieg (1914–1916). In: Ferenc Glatz, Ralph Melville (Hrsg.): Gesellschaft, Politik und Verwaltung in der Habsburgermonarchie. Steiner, Stuttgart 1987, ISBN 3-515-03607-5, S. 343–371, hier: S. 361.
  4. Andrej Mitrović: Die Balkanpläne der Ballhausbürokratie im Ersten Weltkrieg (1914–1916). In: Ferenc Glatz, Ralph Melville (Hrsg.): Gesellschaft, Politik und Verwaltung in der Habsburgermonarchie. Steiner, Stuttgart 1987, ISBN 3-515-03607-5, S. 343–371, hier: S. 354ff.
    Wolfdieter Bihl: Zu den österreichisch-ungarischen Kriegszielen 1914. In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas NF 16 (1968), S. 505–530, hier: S. 510f.
  5. Fritz Fellner: Denkschriften aus Österreich. Die österreichische Mitteleuropa-Diskussion in Wissenschaft und Politik 1915/16. In: Emil Brix, Thomas Fröschl, Josef Leidenfrost (Hrsg.): Geschichte zwischen Freiheit und Ordnung. Gerhard Stourzh zum 60. Geburtstag. Böhlau, Graz/Wien/Köln 1991, ISBN 3-222-11870-1, S. 145–162, hier: S. 149.