Massengrab
Ein Massengrab ist ein Grab, in dem mehrere bis viele Tote in der Regel anonymisiert bestattet sind. Massengräber werden bei verschiedenen Anlässen angelegt. Anders als bei Sammelgräbern sind zumeist die dort liegenden ohne eine genaue Zuordnung der Lage in der Begräbnisstätte sowie ohne die Rücksicht auf die individuelle Würde des Toten beerdigt.
Historisches
Massengräber sind bereits aus der Epoche der linearbandkeramischen Kultur vor rund 7000 Jahren bekannt, u. a. infolge des Massakers von Talheim, des Massakers von Kilianstädten und des Massakers von Schletz.
Anlässe
Gefallene und Kriegstote
Die infolge einer Schlacht gefallenen Soldaten und getöteten Zivilisten wurden und werden meistens in Massengräbern beigesetzt. Die Bestattung erfolgt häufig durch ortsansässige Zivilisten. In den bombardierten Städten des Zweiten Weltkriegs wurden die Opfer des Bombenkriegs sowohl individuell als auch in Massengräbern bestattet.
Opfer von Massenmorden
Nach Massenmorden in totalitären Regimen werden die Opfer in Massengräbern beerdigt. Ein Beispiel sind die Massengräber in Butowo südlich von Moskau, einer Hinrichtungsstätte während der Zeit der „Großen Säuberung“ (1936–1938) in der Sowjetunion.
Auch bei Massakern in Kriegen und Bürgerkriegen werden Massengräber angelegt, wobei manchmal die zu Exekutierenden die Gräber selbst ausheben müssen. Diese Kriegsverbrechen werden oft erst Jahre später durch Aussagen von Entkommenen oder durch zufälliges Auffinden des Massengrabes für die Weltöffentlichkeit belegbar und ggf. für Gerichtsverfahren beweiskräftig dokumentiert. Die in Massengräbern verscharrten zivilen Mordopfer aus dem Spanischen Bürgerkrieg sind erst in jüngster Vergangenheit mit einer Vielzahl von Büchern zum Thema zeitgeschichtlich aufgearbeitet worden. In Deutschland hat erst die durch viele Städte gehende erste Wehrmachtsausstellung (1995–1999) zu den Verbrechen der Wehrmacht auch jenseits der Fachkreise zu einer breiten Diskussion über die unzähligen Massaker im Zweiten Weltkrieg geführt. Die Wehrmacht hatte unter anderem in den besetzten Ländern Griechenland, Frankreich (Oradour) und Italien im Zuge von Racheaktionen die Bevölkerung ganzer Dörfer hingerichtet und die Opfer in Massengräbern verscharrt.
Ähnliche Gräuel sind zeitgeschichtlich in Ruanda, im Kongo und dem Sudan bekannt geworden. Ein Beispiel aus Europa sind die sogenannten „ethnischen Säuberungen“ in Bosnien, etwa in Srebrenica.
Naturkatastrophen
Nach Naturkatastrophen werden oft Massengräber ausgehoben, um eine angebliche Seuchengefahr durch schnelle Bestattung zu bannen. Experten gehen davon aus, dass solche Gefahren im Allgemeinen nicht bestehen. Die Weltgesundheitsorganisation hat hierzu in einem Handbuch festgestellt: „Leichen führen nach Naturkatastrophen nicht zu Epidemien.“[1] Die Pan American Health Organization (PAHO) geht davon aus, dass man bei guter Planung auf einen großen Teil der anonymen Massenbegräbnisse zugunsten individuellerer Formen verzichten kann.[2]
Bestattung armer Menschen
Da die Bestattung eines Menschen auf einem Friedhof mit materiellem sowie Arbeitsaufwand verbunden ist, wurden und werden Verstorbene ohne ausreichende Mittel in Massengräbern beerdigt.
Siehe auch
Literatur
- Detlef Korte: Erziehung ins Massengrab. Die Geschichte des Arbeitserziehungslagers Nordmark Kiel Russee 1944–1945. Neuer Malik-Verlag, Kiel 1991. 391 S., ISBN 3-89029-922-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Christoph Drösser: Leichengift in: Die Zeit, 26. April 2007.
- ↑ Pan American Health Organization: Management of Dead Bodies in Disaster Situations (Memento vom 30. Dezember 2004 im Internet Archive) (englisch).