Medienunternehmen

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Medienunternehmen sind Unternehmen, die publizistische Medien betreiben oder für diese produzieren. Sie stellen gesellschaftliche Öffentlichkeit her, unterscheiden sich somit von Unternehmen anderer Industrien und unterliegen eigenen medienrechtlichen Bestimmungen. Sie sind wesentliche Urheber und Träger von Mode- und Meinungsbildung in der Bevölkerung. Wegen ihrer realen oder vermuteten Deutungsmacht und ihrer Einflussmöglichkeiten auf die öffentliche Meinung und politische Entwicklungen (Agenda Setting) stehen besonders die großen Medienkonzerne im Zentrum medienpolitischer und gesellschaftlicher Debatten. Medienkonzerne sind Wirtschaftskonzerne im Medienbereich. Sie sind Zusammenschlüsse einer größeren Zahl rechtlich selbständiger Einzelunternehmen, die typischerweise den größten Teil ihres Umsatzes mit Presse-, Rundfunk-, Film-, Musik- oder Online-Inhalten erwirtschaften. Einige Medienkonzerne verfügen über Budgets in der Höhe von Nationalstaaten. Die sechs umsatzstärksten Medienkonzerne der Welt sind in US-amerikanischem Besitz. Comcast führt das Ranking mit 48,7 Mrd. Euro (Geschäftsjahr 2013) an. Die Konzerne Google, The Walt Disney Company, News Corporation und TimeWarner belegen die Plätze zwei bis fünf.[1] An achter Stelle steht der größte europäische Medienkonzern, die deutsche Bertelsmann SE & Co. KGaA mit einem Umsatz von 16,1 Mrd. Euro im Jahr 2013. Als Motoren und Moderatoren der Globalisierung haben Medienkonzerne wirtschaftliche und meinungsbildende Macht.

Geschichte

Die Pressekonzerne des 19. Jahrhunderts wie sie vor allem in den USA, in Großbritannien und im Deutschen Reich verbreitet waren, bildeten die Basis, auf der größere Medienunternehmen aufgebaut wurden. Die Rotationspresse, die Bildung breiter Bevölkerungsschichten und der Zugang zu Kapital beförderte die industrialisierte Presseproduktion und brachte die Form von Zeitung hervor, wie wir sie heute kennen. Mit der New York Sun (1833–1950) gab Benjamin Day um die Mitte des 19. Jahrhunderts die erste Penny Press-Zeitung heraus, ein Blatt, das zu einem geringen Preis abgesetzt wurde, um ein großes Publikum sowie das Interesse von Werbeinserenten zu gewinnen. Um die Jahrhundertwende verkörperten Pressebarone wie James Gordon Bennett junior, William Randolph Hearst, Frank A. Munsey oder Joseph Pulitzer den neuen Verlegertypus. Als innovative und aggressive Verleger setzten sie mit ihren Printprodukten weniger auf Kultur und Tiefeninformation als auf einen breitenwirksamen, marktschreierischen Journalismus. Sie verbreiteten Nachrichten, die nicht selten um Sensationshappen angereichert waren. Großbritannien brachte einige einflussreichen Medienmogule hervor, die Brüder Harmsworth (Lord Northcliffe, Lord Rothermere und Sir Lester Harmsworth). Um 1920 besaßen diese drei Herren das größte Medienkonglomerat der westlichen Welt.

In Deutschland begann Rudolf Mosse (u. a. Begründer des Berliner Tageblatts) 1867 mit seinem Blatt Annoncen-Expedition mit der täglichen Herstellung und Verbreitung von Zeitungen in Berlin, was ihm hohe Gewinne, aber auch Nachahmer und Wettbewerber zuspülte. Die Berliner Kochstraße verwandelte sich ein Zeitungsviertel, analog zur Londoner Fleet Street. Von der Kochstraße aus traten Leopold Ullstein mit seinem Neuen Berliner Tagblatt und der Vossischen Zeitung sowie August Scherl mit seinem Berliner Lokal-Anzeiger und Die Woche in Konkurrenz zu Mosse. Alfred Hugenberg jedoch, von 1909 bis 1918 Generaldirektor der Krupp AG, baute ab 1919 den ersten Konzern auf, der medienübergreifend operierte. Beteiligungen an diversen Zeitungen wurden mit Bilderdiensten, Presseagenturen, Anzeigen- und Korrespondenzdiensten, Werbeagenturen und sogar mit einem Filmproduktionsunternehmen, der UFA, unter einem Dach zusammengefasst. Nicht zuletzt wird an der Person Alfred Hugenbergs die Liaison von Medien und Politik deutlich, die inzwischen weltweit Tradition hat. Über seine Medienorgane nahm Hugenberg Einfluss auf die Politik, er gilt als Unterstützer Hitlers.

Die Erfindungen und Verfeinerungen der Rundfunk-, Foto-, Filmtechnik, der Telegraphie und das Aufkommen von Musik- und anderen Datenträgern beschleunigten im 19. Jahrhundert den Prozess der Unternehmensbildung im Mediensektor und sorgten für deren wirtschaftlichen Erfolg. Im USA der 1920er Jahre kam das kommerzielle Radiosystem auf. Erfindungen in Frankreich und in den USA trugen zur Fortentwicklung der Filmtechnik bei. Kinos mutierten vom Jahrmarktspektakel zu festen Einrichtungen der Großstädte. Die Beliebtheit bei den Zuschauern und die damit einhergehenden Gewinne ermutigten amerikanische Unternehmer zur Gründung der Hollywood-Studios, die vom langjährigen Verpflichten von Leinwandstars über die Filmproduktion bis hin zu Verkauf und Auswertung die gesamte Verwertungskette abdeckten. Zeitweise wurden von nur fünf US-Filmstudios 60 % der weltweiten Kinoerlöse generiert. Die Zugpferde des Studiosystems hießen William Fox (Fox Film Corporation), Adolph Zukor (Paramount Pictures) oder Harry, Sam, Albert und Jack Warner (Warner Brothers). In den 1950er Jahren kam das Fernsehen als ernstzunehmendes Medium hinzu. Die Unternehmen von Randolph Hearst und Reinhard Mohn (Bertelsmann) können als die ersten integrierten und für andere vorbildhaften Medienkonzerne der Welt gelten.

Jüngere Entwicklung

Im Zuge der massiven Fusionen auch im Medienbereich existieren Anfang des 21. Jahrhunderts nur noch wenige „sortenreine“ Unternehmen, die sich beispielsweise nur auf Musik- oder Kinoproduktionen verlegen. Ausnahmen bilden Giganten wie Sony BMG Music Entertainment. Mischkonzerne wie Bertelsmann kontrollieren direkt oder indirekt ein ganzes Spektrum von Medien oder Mediendienstleitungen. Neben diesen Mischkonzernen, die sich überwiegend an ein breites Publikum wenden, existieren große Konzerne, die sich auf Fachinformationen spezialisiert haben, wie Bloomberg L.P., Reed Elsevier oder die Thomson Corporation.

Der aktuellen Herausforderung, ihre Geschäftssparten der Old Economy mit denen der New Economy zu verbinden, begegnen alle internationalen Medienunternehmen mit Umstrukturierungen, Kooperationen oder Fusionen mit Spezialanbietern (z. B. Werbevermarktern) oder rasant gewachsenen Web 2.0 Plattformen (MySpace, YouTube) ohne zu wissen, wie diese sich in Zukunft entwickeln und Geld abwerfen. Der technische Fortschritt und der globale Konkurrenzdruck treiben die Großkonzerne jedoch dazu an, zu wachsen. Sie weiten ihre Geschäftsfelder aus und expandieren auf ihren nationalen und den internationalen Märkten. Dazu gehen sie oft auch Partnerschaften mit Konkurrenten (Google Inc. mit Yahoo Inc. bei der Werbevermarktung) oder mit Finanzinvestoren, ein. Der Einfluss letzterer nimmt auf die Medienindustrie ebenso zu wie auf die Unternehmen anderer Branchen.

Medienkonzerne im engeren Sinn sind Unternehmen, deren strategischer Fokus auf der Inhalte-Produktion in den Bereichen Print, TV, Film oder Internet liegt. Inhalte-Distributoren wie Telekommunikations- und Infrastrukturanbieter, Kabelnetzbetreiber, Online-Provider und Softwareanbieter wie Microsoft oder Distributoren wie Google Inc., die die Inhalteproduktion nicht als Kerngeschäft verfolgen, stehen in engem Bezug zu den Medienkonzernen. Die Abhängigkeit voneinander wächst. So nehmen heute manche US-amerikanische Kabelnetzbetreiber, gerade im lokalen Bereich, maßgeblichen Einfluss auf die Verbreitung der Programme oder treten teils selbst als Inhalteproduzenten auf, indem sie Fernsehstationen betreiben oder Onlineangebote liefern wie etwa der US-Konzern Comcast. 2011 wurde der Suchmaschinenbetreiber Yahoo sowie 2012 Google in die Liste der publizistisch bedeutsame Medienunternehmen aufgenommen.

Deutsche Medienkonzerne nach 1945

Die Publikationen Bild-Zeitung, Hörzu und Die Welt aus dem Hause Axel Springer eroberten nach dem Zweiten Weltkrieg und der Zerschlagung des NS-Pressetrusts durch die Alliierten den deutschen Markt. Der gebürtige Hamburger Axel Cäsar Springer war der Verleger, dem es gelang, den ersten erfolgreichen und politisch einflussreichen nachkriegsdeutschen Pressekonzern aufzubauen. Die Springerpresse wurde wie kein anderes Medium in Deutschland zum Sinnbild publizistisch-politischer Macht. Von der außerparlamentarischen Opposition, insbesondere während der 1960er Jahre, wurden die Springermedien unter Beschuss genommen („Enteignet Springer!“), auf der anderen Seite auch von SPD-Politikern wie Gerhard Schröder („Zum Regieren brauche ich nur Bild, Bams und Glotze“[2]) zu Publicityzwecken genutzt. Die deutsche Bertelsmann AG zeigt exemplarisch die Entwicklung eines integrierten Medienkonzerns. Nachdem Bertelsmann sein Buchclubnetz in den Nachkriegsjahren neu aufgebaut hatte, stieg man 1958 mit der Gründung des Schallplattenlabels Ariola ins Musikgeschäft ein und 1964 mit der Übernahme der Universum Film (UFA) ins Filmgewerbe. 1969 kaufte sich Bertelsmann beim Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr ein. Der Eintritt in die Kinofilm- und Fernsehbranche erfolgte in den 1960er Jahren, kam aber nur schleppend voran.

Neben Bertelsmann und Springer zählen die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, Hubert Burda Media, die Bauer Media Group, die Funke Mediengruppe sowie die Verlagsgruppe Weltbild zu den größten deutschen Medienunternehmen.[3] Auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF und das private Fernsehunternehmen ProSiebenSat.1 fallen in diese Kategorie. Die ARD belegte im Jahr 2007 mit einem Etat von mehr als sechs Milliarden Euro Platz 18 in der Rangliste der größten Medienunternehmen weltweit.[4]

US-Medienkonzerne

Der sechstgrößte Medienkonzern der Welt, TimeWarner,[5][6] ging 1989 aus der Fusion des Magazinverlags Time Inc. mit Warner Communications (hervorgegangen aus dem Filmstudio Warner Bros.) sowie später mit America Online, Inc. und Turner Broadcasting System hervor, so wie auch andere internationale Konzerne sich aus Einzelunternehmen zusammensetzten, die ursprünglich weder im Kerngeschäftsbereich operierten noch unbedingt im Land des Konzernhauptsitzes lagen. Phasen der Unternehmenszusammenschlüsse sind durchsetzt von Phasen der Zergliederung oder Ausgliederung. Konzerne wie Viacom, Clear Channel oder Dish Network (letzteres ist eine Ausgliederung aus EchoStar) entflochten in den letzten Jahren ihre Geschäfte, stießen Unternehmensteile ab oder gründeten Unternehmen aus. Ziele solcher Umstrukturierungen sind Umsatzsteigerungen durch die Besinnung auf Kernkompetenzen, um in wenigen Bereichen besser zu werden und um den Unternehmen nach innen und außen klarere Profile zu geben.

Die stärkste Dynamik, seit der Einführung des Privatfernsehens, hat die Digitalisierung bei den Medienunternehmen ausgelöst, die neue Formen der Medienproduktion, der -bündelung, des -vertriebs und der weltweiten -nutzung erlaubt. Von Beginn an und noch heute stellt der Online-Sektor allerdings ein spekulatives Geschäftsfeld mit offener Entwicklungsrichtung dar, wie TimeWarner mit dem gescheiterten AOL-Zukauf und die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck mit dem Zukauf von StudiVZ auf unterschiedliche Weise erfahren haben. Traditionelle Medienunternehmen kaufen Internetunternehmen trotz geringer Wertschöpfungsaussichten, um den Anschluss an das Mega-Medium nicht zu verpassen, um an der Neuverteilung von Werbegeldern zu partizipieren oder um auf crossmediale Werbekooperationen zu setzen, wie das Unternehmen Google Inc., das 2007 mit dem Satelliten-TV-Anbieter Dish Network ein Abkommen schloss, um mit seinem Pay-per-Click-Werbemodell auch im Fernsehen Umsätze zu machen.[7]

Konvergenz und Medienmanager

In den TIME-Industrien (Telekommunikation, Informationstechnologie, Massenmedien und Entertainment) verschwimmen die Grenzen. Außerdem stirbt der Typus des klassischen „Medienmoguls“ mit politischer Wirkungsabsicht aus, den heute im Grunde nur noch Rupert Murdoch in Reinform verkörpert. Figuren wie Silvio Berlusconi oder Michael Bloomberg, die mit Hilfe der Medien an die politische Front drängen, gibt es im Unterschied dazu häufiger. Medienunternehmer eines neueren Typus stellen z. B. die Google-Manager Sergey Brin, Larry Page und Eric Schmidt dar. Sie betreiben Lobbying im Hintergrund und setzen auf Kooperationen mit den Wettbewerbern (Google Inc. z. B. mit Yahoo Inc.). Es sieht danach aus, als ob die Zukunft visionären Medienunternehmern gehört, die wirtschaftlich, technisch und publizistisch kompetent sind und mehr oder weniger offen politische Macht ausüben. Die neuen Manager müssen noch beweisen, ob sie sich langfristig auf einem unübersichtlichen, schnelllebigen Markt durchsetzen können. Dass die neuen Medienunternehmer nicht bloß Werbegelder einkassieren, sondern auch politische Macht ausüben zeigt beispielhaft das Abkommen zwischen Google Inc. und der chinesischen Regierung, das zum Blocken des Googleangebots in China führte.[8]

Literatur

  • Ben H. Bagdikian: The New Media Monopoly. Beacon, Boston 2004, ISBN 0-8070-6187-5.
  • Lutz Hachmeister, Günther Rager (Hrsg.): Wer beherrscht die Medien? Die 50 größten Medienkonzerne der Welt. Jahrbuch 2005. C. H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52832-5.
  • Claudia K. Huber: Medienkonzerne. In: Lutz Hachmeister: Grundlagen der Medienpolitik. Ein Handbuch. DVA, München 2008, ISBN 978-3-421-04297-2, S. 260–267.
  • Wolfgang Seufert: Medienwirtschaft. In: Bernad Batinic (Hrsg.), Markus Appel (Hrsg.): Medienpsychologie. Springer, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-46894-3, S. 271–292.
  • Arnd Joachim Garth: Medienmanagement. Cornelsen, 2009

Weblinks

Einzelnachweise

  1. mediadb.eu/de/rankings/intl-medienkonzerne-2013.html"
  2. Zitate von Gerhard Schröder bei Wikiquote
  3. Ranking – Die 10 größten deutschen Medienkonzerne 2007.
  4. Ranking – Die 50 größten Medienkonzerne 2007 (abgerufen 16. April 2008)
  5. Ranking – Die 50 größten internationalen Medienkonzerne 2014 in der Mediendatenbank des IfM
  6. Time Warner Inc. (Memento des Originals vom 26. April 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mediadb.eu in der Mediendatenbank des IfM
  7. Master of Search Seeks Mastery of the TV Dial. In: New York Times. 3. April 2007.
  8. Google’s China portal inaccessible in Shanghai, Beijing (Memento vom 20. Mai 2009 im Internet Archive) Forbes.com vom 2. März 2006.