Meduza
Meduza ist eine russische zweisprachige Internetzeitung mit Sitz in Riga, Lettland. Meduza wurde im Oktober 2014 von der ehemaligen Chefredakteurin von Lenta.ru, Galina Timtschenko, als Exilmedium gegründet und berichtet in russischer und englischer Sprache. Meduza ist im Besitz von Timtschenko (65 Prozent) und des Chefredakteurs Iwan Kolpakow (35 Prozent).[1]
Meduza hat (Stand: 1. Mai 2021) 60 Mitarbeiter. Eigenen Angaben zufolge hat Meduza (Stand Mai 2021) etwa zehn Millionen Besucher im Monat.[1]
Geschichte
Wie die Chefredakteurin arbeitete auch ein Großteil der Mitarbeiter der Nachrichtenwebsite früher für Lenta.ru. Nach Ansicht von Timtschenko habe Putin erst nach den Dumawahlen 2011 die Macht des Internets erkannt und die Zensurmaßnahmen entsprechend verschärft.[2] Als Timtschenkos Redaktion bei Lenta über den Krieg in der Ukraine und die Krimkrise zu berichten begann, gab es ihr zufolge die „unmittelbare Forderung“ des russischen Staats, das „populärste Internetmedium, das eine andere Meinung hat“, „aus dem Weg zu räumen“.[1] Von Russland aus weiter zu arbeiten, hätte laut Timschenko bedeutet, sich mit „Geheimdienst, Polizei und Steuerbehörde herumschlagen“ zu müssen. Ein „falscher“ Tweet genüge, „und sechs Dienste kommen, um die Redaktion zu überprüfen“.[3]
Als Sitz für das Exilmedium wurde anfangs auch Berlin in Betracht gezogen. „Aber“, sagt Galina Timtschenko, „man kann nicht auf Russisch arbeiten und dann nie Russisch auf der Straße reden und hören, dann stirbt die Sprache. Wir haben ein Land der ehemaligen Sowjetunion gesucht, wo Russisch noch eine Verkehrssprache ist, und hier in Lettland ist das der Fall.“[1]
Am 6. Juni 2019 wurde der Investigativ-Journalist Iwan Golunow, der für Meduza arbeitet, in Moskau von der Polizei festgenommen. Die Ermittler warfen ihm Drogenbesitz vor, die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen sprach von „erfundenen Vorwürfen“, um einen regierungskritischen Journalisten zum Schweigen zu bringen.[4] Die drei wichtigsten Wirtschaftsmedien Wedomosti, RBK und Kommersant solidarisierten sich mit einem gleichlautenden Titel am 9. Juni,[5] während sich zehntausende Bürger sowie Prominente für Golunow einsetzten.[6][7] Noch vor einem geplanten öffentlichen Protest in Moskau am 12. Juni stellte die russische Justiz am 11. Juni 2019 das Verfahren gegen Golunow ein und ließ den Vorwurf des Drogenbesitzes fallen. Nach Mitteilung des Innenministeriums soll eine interne Untersuchung der Vorgänge anberaumt werden.[8] Am 28. Mai 2021 wurden 5 ehemalige Polizeibeamte wegen Fälschung von Beweismitteln zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Ende April 2021 trug das russische Justizministerium Meduza in das Register „ausländischer Agenten“ ein. Daraus folgt, dass die Webseite jeden publizierten Inhalt mit dem Warnhinweis versehen muss, dass Meduza „die Funktion eines ausländischen Agenten ausübt“; die Werbekunden werden dadurch abgeschreckt und das Nachrichtenportal verliert seine Einnahmen.[1][9]
Siehe auch
Weblinks
- Homepage (russisch; englisch)
- Russian journalists set up shop in Latvia after Kremlin crackdown, theguardian.com (23. Oktober 2014)
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Christian Esch: Wie der Kreml ein kritische Medien zerstört: Ein Interview mit »Meduza«-Gründerin Galina Timchenko. In: Der Spiegel. Abgerufen am 2. Mai 2021.
- ↑ Sabine Adler: Reaktion auf russische Zensur. Eine unbequeme Journalistin fängt neu an, Deutschlandfunk, 10. Oktober 2014.
- ↑ Oliver Bilger: Bloss raus aus Mütterchen Russland, Republik, 29. Mai 2018.
- ↑ Reporter ohne Grenzen sorgt sich um Schicksal von Investigativ-Journalisten. In: SZ.de. Süddeutsche Zeitung, 8. Juni 2019, abgerufen am 8. Juni 2019.
- ↑ „Акция солидарности главных бизнес-изданий России. В одной обложке.“ (Die Solidaritätsaktion der wichtigsten Wirtschaftszeitschriften Russlands. Mit der gleichen Titelseite.) Nowaja Gaseta, 9. Juni 2019.
- ↑ Dmitri Alexejewitsch Gluchowski: Hydra, Nowaja Gaseta, 11. Juni 2019
- ↑ Dialog mit einem Übergang zum Weinen, Nowaja Gaseta, 11. Juni 2019
- ↑ Christina Hebel: Reporter Golunow aus Arrest entlassen: Der Fall, der Russland hoffen lässt. In: Spiegel Online. 11. Juni 2019 (spiegel.de [abgerufen am 12. Juni 2019]).
- ↑ Save Meduza Our continued existence now depends on you. In: meduza.io/en. Abgerufen am 1. Mai 2021.