Mellah

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Eine Mellah (arabisch ملاح, DMG

mallāḥ

) ist das traditionelle jüdische Viertel in marokkanischen Städten, vergleichbar mit einem europäischen Ghetto. Es liegt stets in der Nähe der arabischen Altstadt, der Medina.

Geschichte

Mellah von Fès

Die älteste Mellah ist die von Fès, die im Jahr 1438 von Abdalhaqq II., dem letzten Sultan der Meriniden, eingerichtet wurde. Ein Jahr zuvor war aus einem vermutlich geplanten Zufall das Grab mit dem angeblich unversehrten Leichnam von Idris II. (791–828) gefunden worden. Damit war die Absicht verbunden, den Kult um die Idrisiden und ihre scherifische Abstammung wiederaufleben zu lassen, was die geschichtliche Bedeutung und folglich das Ansehen des Merinidenherrschers stärken sollte. Die Bevölkerung reagierte begeistert und mit einer religiösen Erwartungshaltung. In dieser Atmosphäre verbreitete sich die Meldung, in den Moscheen von Fès sei Wein gefunden worden, was den Juden angelastet wurde. Daraufhin begannen großangelegte Pogrome gegen die Juden. Zu ihrem Schutz ließ der Sultan sie aus ihrem bisherigen Stadtviertel Kairouan in der Medina in die befestigte Neustadt Fès el Jedid bringen, wo auf einem salzigen (arabisch mellah) Gelände nahe dem Königspalast ihr neues Wohnviertel entstand, das Mellah genannt wurde.[1]

Mellahs in Marokko

Nach dieser Mellah wurden bald alle anderen Ghettos in Marokko benannt. Die Gründe für die Einrichtung von jüdischen Vierteln waren ähnlich wie die im mittelalterlichen Europa: Der Staat wollte die Wirtschaftskraft der jüdischen Bevölkerung für sich nützen und sie vor etwaigen Ausschreitungen durch die andersgläubige Mehrheitsbevölkerung und den Stämmen der Umgebung schützen. Deshalb wurde die Mellah häufig in der Nähe des königlichen Palastes oder der Kasbah des Gouverneurs errichtet.[2]

In der Mitte des 16. Jahrhunderts taucht die Bezeichnung auch in Marrakesch auf und 1682 in Meknès, als es kurzzeitig zur Hauptstadt wurde. Im 19. Jahrhundert waren separate jüdische Viertel in allen Städten Marokkos üblich.

Nach der Gründung des Staates Israel wanderten die meisten jüdischen Marokkaner dorthin aus, so dass diese Viertel heute überwiegend von Moslems bewohnt werden.

Etymologie

Die Etymologie der Ortsbezeichnung ist unklar, die dem Begriff zugrunde liegende Wurzel ist m-l-ḥ (wie in arabisch ملح, DMG

milḥ

‚Salz‘). Eine Vermutung ist, dass an der Stelle der Mellah von Fès ursprünglich Salzsümpfe waren. Später wurde damit metonymisch ein Ort bezeichnet, wo gesalzene Produkte aufbewahrt werden; zudem kam die Volksetymologie als „versalzener, verfluchter Ort“ in Umlauf. Darüber hinaus war eine Legende in Umlauf, der zufolge die Juden das Recht hätten, die Köpfe der Hingerichteten zum Zweck der Konservierung und späteren öffentlichen Präsentation einzusalzen.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Jane S. Gerber: Jewish Society in Fez. 1450–1700. Studies in Communal and Economic Life. (Studies in Judaism in Modern Times, Bd. 6) E. J. Brill, Leiden, 1980, S. 19
  2. Bettina Marx: Juden Marokkos und Europas, Das marokkanische Judentum im 19. Jahrhundert und seine Darstellung in der zeitgenössischen jüdischen Presse in Deutschland, Frankreich und Grossbritannien, Lang, Frankfurt a. M., 1990, ISBN 978-3-631-44069-8, S. 89