Treysa (Meteorit)

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Meteorit von Treysa (Hauptstück)
Schnittfläche mit Widmanstätten-Strukturen
Abguss des vollständigen Meteoriten

Der Meteorit von Treysa, auch Meteorit von Rommershausen, ist ein Eisenmeteorit, der in einem Waldstück in der Nähe des heutigen Schwalmstädter Stadtteils Rommershausen in Nordhessen gefunden wurde. Benannt ist er nach dem größeren Schwalmstädter Stadtteil Treysa. Der Meteorit ging in die deutsche astronomische Geschichte ein als einer der bedeutendsten nachweisbar beobachteten Meteoriteneinschläge in der Neuzeit. Er wird als mittlerer Oktaedrit der chemischen Gruppe IIIB klassifiziert und zeigt die Widmanstätten-Strukturen.

Neben Eisen und Nickel enthielt er Phosphor, Kobalt, Gallium, Germanium und Iridium und eiförmige Troilit-Einschlüsse. Er entstand in der Frühphase des Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren und zerbrach vor 650 Millionen Jahren wahrscheinlich durch Kollision im Asteroidengürtel.

Fundgeschichte, Untersuchungen, Ausstellung

Am 3. April 1916 um 15:25 Uhr berichteten Augenzeugen von einem Donnerschlag und Rauchwolken. Die Leucht- und Geräuscherscheinung stammte von einem aus dem Weltall auf die Erde stürzenden Meteoriten, der in einem Waldstück nahe Rommershausen einschlug. Der Ort des Meteoritenniedergangs war aber zunächst unbekannt. Aufgrund der Berichte kam ein kreisförmiges Gebiet mit einem Radius von etwa 135 km in Frage. Nach Zeitungsaufrufen ergab sich als Fallort ungefähr die Gegend von Treysa und Ziegenhain.[1]

Alfred Wegener, der damals als Privatdozent für Meteorologie, praktische Astronomie und kosmische Physik an der Universität Marburg lehrte und forschte, berechnete nach den gesammelten Augenzeugenberichten die Bahn des Meteoriten und seine wahrscheinliche Aufschlagstelle. Wegener rühmte den Meteoriten (und damit seine Berechnungen) als den ersten, „welcher nur auf Grund der Beobachtungen über die Licht- und Schallerscheinungen des Falles gefunden wurde, ohne daß sein Niederfallen selber bemerkt worden war.“[1] Wegeners Veröffentlichung von 1918 ist die Überlieferung der genauen Fundumstände zu verdanken.

Zunächst unternahm Wegener selbst „mehrere Ausflüge in die Fallgegend und zog von Dorf zu Dorf wandernd, weitere Erkundigungen ein, in der Hoffnung, auf eine Nachricht zu stoßen, daß der Einschlag des Meteoriten beobachtet worden sei. (...) Vom Meteoriten zeigte sich aber keine Spur.“[1] Wegen der wissenschaftlichen Bedeutung wurde im Januar 1917 die Summe von 300 Reichsmark für den Finder ausgelobt. Die Suche hatten der Physiker Franz Richarz und der Geologe Emanuel Kayser initiiert. Daraufhin meldete sich im März 1917 der Förster Hupmann, der bereits im Sommer 1916 in einem Waldstück nahe Rommershausen eine auffällige Grube bemerkt hatte. Dort fand man dann bei Nachgrabungen den 63,28 kg schweren (Wegener: 50 kg) und 36 cm breiten Eisenmeteoriten. Wegeners Vorhersage des Einschlagortes wich um 8 km vom späteren Fundort ab[2], bei Gewicht, Typ und Eindringtiefe traf Wegeners Vorhersage dagegen ziemlich genau zu.[1] Der Meteorit war in einem schräg einfallenden röhrenförmigen Loch 1,60 Meter tief (Wegener: 1,50 m) in den Boden eingedrungen[3] und dabei nur unwesentlich zersplittert und fast vollständig erhalten.

Nach dem Transport an die Universität Marburg untersuchte und publizierte zunächst der damalige Direktor des Physikalischen Instituts Franz Richarz den Meteoriten.[4] Insgesamt wurden 23 Platten und Anschliffe angefertigt und von geologisch-mineralogischen Forschungsinstituten untersucht. An den Probestücken wird auch heute noch geforscht.[5]

Ausgestellt wird der Fund im Mineralogischen Museum der Philipps-Universität Marburg, wo er das bedeutsamste Exponat der Meteoritensammlung ist.[6] Eine Kopie befindet sich im Museum der Schwalm in Ziegenhain.

Am Einschlagort, im Wald nordwestlich von Rommershausen, erinnert seit 1986 ein vom Knüllgebirgsverein aufgestellter Gedenkstein an das kosmische Ereignis. Eine früher gepflanzte Meteoritenbuche fiel 2007 einem Sturm zum Opfer. Wegweiser zum Fundort des Meteoriten sind am Rundwanderweg T1 des Knüllgebirgsvereins im Rommershäuser Wald aufgestellt.[7]

Varia

Feuerschein, laute Detonation und die Folgegeräusche hatten 1916 viele Menschen zutiefst erschreckt. Wegen der Kriegszeit glaubten manche an einen feindlichen Luftangriff. Andere gaben an, es sei eine feurige Wolke mit dem Bild des Kaisers erschienen.[8]

Literatur

  • A. Wegener: Über das planmäßige Auffinden des Metoriten von Treysa. In: Astronomische Nachrichten, Bd. 207, 1918, Nr. 4961, Ausgabe 17, Sp. 185–190. (Digitalisat, abgerufen am 17. Mai 2021)
  • Alfred Wegener: Das detonierende Meteor vom 3. April 1916, 3 1/2 Uhr nachmittags in Kurhessen. N. G. Elwert Verlag, Marburg 1917 (= Schriften der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaften zu Marburg, Bd. 14, H. 1). Nachdruck Elwert Verlag, Marburg 2001, ISBN 3-7708-1160-7.
  • F. Richarz: Auffindung, Beschreibung und vorläufige physikalische Untersuchung des Meteoriten von Treysa. N. G. Elwert Verlag, Marburg 1918 (= Schriften der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Wissenschaften zu Marburg, Band 1, Heft 2)
  • Dankward Sieburg: Das detonierende Meteor von Treysa vom 3. April 1916, in: Schwälmer Jahrbuch, Jg. 1980, S. 122–130.
  • Peter Masberg: Donnergrollen und gleißendes Licht. Brocken aus dem All - der Meteorit von Treysa stürzte vor 100 Jahren auf die Erde. In: Hessisch Niedersächsische Allgemeine (HNA), 2. April 2016 (Online-Ausgabe, abgerufen am 17. Mai 2021)

Weblinks

Commons: Meteorit von Treysa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d A. Wegener: Über das planmäßige Auffinden des Metoriten von Treysa. In: Astronomische Nachrichten, Bd. 207, 1918, Nr. 4961, Ausgabe 17, Sp. 185–190, hier Sp. 185. (Digitalisat, abgerufen am 17. Mai 2021)
  2. Vanessa Rehermann, Brocken aus dem All - der Meteorit von Treysa stürzte vor 100 Jahren auf die Erde, HNA, 2. April 2016
  3. Christine Reinke-Kunze: Alfred Wegener. Polarforscher und Entdecker der Kontinentaldrift. Birkhäuser Verlag, Basel 1994, ISBN 978-3-0348-6343-8, S. 93.
  4. F. Richarz: Auffindung, Beschreibung und vorläufige physikalische Untersuchung des Meteoriten von Treysa. N. G. Elwert Verlag, Marburg 1918 (= Schriften der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Wissenschaften zu Marburg, Band 1, Heft 2)
  5. Rekord-Meteorit von Treysa schlug vor 100 Jahren in Deutschland ein. In: focus.de. Focus (Online-Ausgabe), abgerufen am 17. Mai 2021.
  6. Meteorit von Treysa. In: www.uni-marburg.de. Mineralogisches Museum der Philipps Universität Marburg, abgerufen am 17. Mai 2021.
  7. 250 Menschen folgten dem Wanderangebot. Meteoriteneinschlag: Rundwanderweg des Knüllgebirgsvereins führt zur Fundstelle. (Mit Karte zur Fundstelle) In: www.hna.de. Hessisch Niedersächsische Allgemeine (HNA, Online-Ausgabe), 8. April 2016, abgerufen am 21. Mai 2021.
  8. Detonation des sogenannten Meteoriten von Treysa, 3. April 1916. In: Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe (www.lagis-hessen.de). Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS), 23. Juli 2020, abgerufen am 17. Mai 2021.

Koordinaten: 50° 56′ 41,35″ N, 9° 9′ 41,15″ O