Mexiko (KZ Auschwitz)
Mexiko bezeichnet im KZ Auschwitz-Birkenau die teilweise ausgebaute Lagererweiterung B III. Insgesamt waren im Zuge der Errichtung des KZ Auschwitz-Birkenau vier Bauabschnitte geplant, von denen B I und B II errichtet wurden. Die Arbeiten am Bauabschnitt B III wurden im April 1944 unfertig beendet und der Bauabschnitt B IV nie realisiert.[1] Im Lagerjargon wurde der Bauabschnitt B III als „Mexiko“ bezeichnet, da die dort untergebrachten Häftlinge lediglich bunte Decken trugen, die aus dem Effektenlager Kanada stammten. Nach dem ehemaligen Auschwitzhäftling Hermann Langbein wurde dieses „bunte Bild“ in Auschwitz mit Mexiko in Zusammenhang gebracht.[2]
Nutzung als Durchgangslager
Nachdem ab Juni 1944 tausende aus Ungarn deportierte Juden in Auschwitz ankamen, wurden die Menschen der ankommenden Transporte aufgrund der hohen Anzahl nicht mehr umgehend selektiert, sondern in Lagerabschnitte des KZ Auschwitz-Birkenau eingewiesen, die als „Durchgangslager“ dienten. Die Männer wurden in das ehemalige „Zigeunerlager“ B IIe verbracht und die Frauen in die Lagerabschnitte B IIc und B III („Mexiko“).[3] Im Schnitt befanden sich in diesen „Durchgangslagern“ 30.000 bis 50.000 Menschen.[2]
In „Mexiko“ waren die Frauen in so genannten Schweizer Baracken untergebracht, die weder über Beleuchtung, Einrichtung oder Wasserzufuhr verfügten. In jeder Baracke befanden sich 1000 Frauen, die auf der Erde schlafen mussten. Sie wurden keinen Arbeitskommandos zugeteilt. Der Großteil der Frauen wurde später in den Gaskammern ermordet oder fiel den katastrophalen Lagerbedingungen zum Opfer. Andere wurden im KZ Auschwitz als Häftling registriert oder über Konzentrationslager im Deutschen Reich als Zwangsarbeiter Rüstungsbetrieben zur Verfügung gestellt. Anfang Oktober 1944 wurden die verbliebenen 17.000 Häftlinge aus „Mexiko“ nach B IIc verlegt. Ein Arbeitskommando baute danach in „Mexiko“ die Baracken ab, die ins KZ Groß-Rosen transportiert werden sollten.[3]
Literatur
- Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme. C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-52965-8.
- Wacław Długoborski, Franciszek Piper (Hrsg.): Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Verlag Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau, Oswiecim 1999, ISBN 83-85047-76-X. Fünf Bände:
- I. Aufbau und Struktur des Lagers.
- II. Die Häftlinge - Existenzbedingungen, Arbeit und Tod.
- III. Vernichtung.
- IV. Widerstand.
- V. Epilog.
- Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hrsg.): Auschwitz in den Augen der SS. Oswiecim 1998, ISBN 83-85047-35-2.
- Hermann Langbein: Menschen in Auschwitz. Frankfurt am Main, Berlin Wien, Ullstein-Verlag, 1980, ISBN 3-54833014-2.
Einzelnachweise
- ↑ Verena Walter: Der Aufbau des Lagers in Birkenau. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme., München 2007, S. 106.
- ↑ a b Verena Walter: Die Lagerabschnitte B IIc und B III („Mexiko“) in Birkenau. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme., München 2007, S. 118.
- ↑ a b Irena Strzelecka, Piotr Setkiewicz: Der Lagerabschnitt B IIc und B III („Mexiko“) - Durchgangslager. In: Aleksander Lasik: Die Organisationsstruktur des KL Auschwitz. In: Wacław Długoborski, Franciszek Piper (Hrsg.): Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz., Oswiecim 1999, Band 1: Aufbau und Struktur des Lagers, S. 115f.