Michalina Hoffmann

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Maria Thekla Michalina Hoffmann (geborene Marianna Thecla Michalina Rorer;[1] * 5. Oktober 1778 in Poznań, Königreich Polen; † 27. Januar 1859 in Warmbrunn, Provinz Schlesien, Königreich Preußen) war die Ehefrau des Dichters E. T. A. Hoffmann.

Leben

Herkunft

Alter Markt 100 in Poznań, Wohnhaus in der Kindheit

Der Großvater Antonius Trzciński, dann Antonius Rorer (* 1701), war Bierbrauer in Poznań und polnischer (und möglicherweise auch schottischer) Herkunft, die Großmutter Elisabeth Libaber stammte aus einer angesehenen Familie der Umgebung und war Polin.[2] Der Vater Michael Rorer (1737–vor 1802) war Stadtrat und Stadtschreiber in Poznań. Die Mutter Josepha Winkler stammte aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie, die in der Stadtkirche St. Maria Magdalena eine eigene Kapelle hatte. Die Schwester Nepomucena (* 1774) heiratete 1794 den preußischen Regierungssekretär Christian Bogumil Gottwald. Die Familie wohnte am Alten Markt 97 (jetzt Stary Rynek 100). Es wurde dort vor allem polnisch gesprochen, die Mädchen lernten aber wahrscheinlich auch etwas Deutsch.

Ehe

Michalina Rorer lernte Anfang 1802 den preußischen Gerichtsassessor und Komponisten Ernst Theodor Amadeus Hoffmann kennen und heiratete ihn am 26. Juli 1802.[3] Danach lebte das junge Paar in Płock, wohin der Ehemann strafversetzt worden war, und seit 1804 in Warschau. Dort gebar Michalina Hoffmann ihre einzige Tochter Caecilia. 1806 verlor E. T. A. Hoffmann seine Anstellung (nach der französischen und polnischen Besetzung der Stadt). Michalina Hoffmann und das Kind erkrankten schwer und kehrten nach Posen zurück, wo die Tochter 1807 im Alter von drei Jahren starb. 1808 zog das Ehepaar nach Bamberg, 1814 nach Berlin.

Im Juni 1822 starb E. T. A. Hoffmann im Alter von 46 Jahren in Berlin.

Weiteres Leben

Nach dem Tod ihres Ehemannes wurde Michalina Hoffmann seine Nachlassverwalterin und Erbin, vor allem von Schulden. Sie kehrte nach Polen zurück und lebte später in Breslau. 1831 und 1839 war sie die offizielle Herausgeberin von nachgelassenen Schriften ihres Mannes.[4] 1846 erhielt sie einen Brief des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV.[5]

Seit etwa 1849 lebte Michalina Hoffmann in Warmbrunn (Cieplice) in Schlesien, wahrscheinlich zusammen mit ihrer Nichte Mathilde Gottwald, und starb dort 1859, 37 Jahre nach ihrem Ehemann, in ärmlichen Verhältnissen.[6]

Charakterisierung

Originalzitate

Über Michalina Hoffmann sind bisher nur zwei etwas ausführlichere Beschreibungen erhalten, beide von ihrem Ehemann E. T. A. Hoffmann Anfang 1803, etwa ein halbes Jahr nach der Hochzeit.

„Ich müßte verzweifeln, oder vielmehr, ich würde längst meinen Posten aufgegeben haben, wenn nicht ein sehr liebes liebes Weib mir alle Bitterkeiten, die man mir hier bis auf die Neige auskosten läßt, versüßte, und meinen Geist stärkte, daß er die Zentnerlast der Gegenwart tragen, und noch Kräfte für die Zukunft behalten kann.[7]

„Meine Frau eine geborne Rohrer oder vielmehr Trzinska — Pohlin von Geburt, Tochter des ehemaligen Stadtpräsidenten Rohrer Trzinski in Posen, 22 Jahr alt mittler Statur — wohl gewachsen, dunkelbraunes Haar, dunkelblaue Augen pp empfiehlt sich Dir sehr und gibt Dir einen herzlichen Kuß![8]

In den Briefen und Tagebüchern E. T. A. Hoffmanns sowie in Erinnerungen von Zeitzeugen wurde Michalina Hoffmann nur einige Male kurz erwähnt, ohne weitere nähere Beschreibungen.[9]

Das gemeinsame Testament vom 22. März 1822 verfasste E. T. A. Hoffmann.

„Wir, nämlich ich, der Kammergerichtsrat Ernst Theodor Willhelm Hoffmann und ich, Maria Thekla Michalina geborene Rohrer haben nun bereits seit zwanzig Jahren in einer fortdauernden wahrhaft zufriedenen glücklichen Ehe gelebt. Gott hat uns keine Kinder am Leben erhalten, aber sonst uns manche Freude geschenkt, doch uns auch mit sehr schweren harten Leiden geprüft, die wir mit standhaftem Mut ertragen haben. Einer ist immer des andern Stütze gewesen, wie das denn Eheleute sind, die sich, so wie wir, recht aus dem treuesten Herzen lieben und ehren.“[10]

Es ist eine einzige kurze handschriftliche Notiz von Michalina erhalten, eine Quittung: 80 rt Erhalten. Hoffmann.[11]

Beschreibung

Mischa, wie sie E. T. A. Hoffmann nannte, galt als liebevolle und verständnisvolle Ehefrau, die ihren Ehemann in dessen komplizierten Lebensverhältnissen sehr stützte. Sie sprach nur gebrochen deutsch und verstand deshalb wahrscheinlich auch seine Werke und deren Bedeutung nur bruchstückhaft. Michalina vermittelte ihrem Mann wahrscheinlich Grundkenntnisse der polnischen Sprache und Kultur, die er unter anderem in den Erzählungen Kater Murr und Das Gelübde verarbeitete.[12]

Ansonsten gibt es keine weiteren sicheren Informationen über sie. Es sind keine Frauenfiguren in seinen Werken bekannt, die sie als Vorbild haben.

Gedenken

Grabstein in Jelenia Góra

Ihr Grabstein ist in Cieplice (früher Warmbrunn, jetzt Stadtteil von Jelenia Góra) erhalten. Er ist in die Wand eines Palais der Familie Schaffgotsch in der ul. Kościelna eingemauert.[13] Die Inschrift ist noch lesbar.

„Hier ruhen im Herrn
die von:
Frau Kammergericht-Räthin
Michalina Hoffmann
☆ 5. Octb. 1778. + 27. Jan. 1859.
Frl:
Mathilde Gottwald
☆ 21. Jan. 1797. + 31. Jan. 1880.
Die Hand der Liebe deckt Euch zu, sanft sei der Schlaf und süss die Ruh![14]

Gedenktafel in der Oper Poznań

In der Posener Oper erinnert eine Gedenktafel im Foyer an E. T. A. Hoffmann und seine Ehe mit Michalina.

„Im Gedenken an E.T. A. Hoffmann 24.1.1776 in Königsberg – 25.6.1822 in Berlin, als Schriftsteller, Komponist, Maler und Jurist tätig in Posen 1800-1802, wo er am 26.7.1802 in der Klosterkirche ad Corpus Christi die Polin Maria Thekla Michalina Rohrer-Trzcinska heiratete, der er bis zu seinem Tod verbunden blieb[15]

Erwähnungen in der Kunst

Der Regisseur Rainer Lewandowski schrieb ein Theaterstück Gemahl Meiniges – Michalina Hoffmann über E. T. A., in dem er hypothetisch ihre Sicht auf dessen Leben beschreibt.

Der bekannte russische Regisseur Andrej Tarkowski beschrieb in seinem Filmdrehbuch Hoffmanniana eine fiktive Szene mit ihr in E. T. A. Hoffmanns Sterbezimmer.

Auch in weiteren künstlerischen und historiographischen Werken über den Dichter wurde Michalina Hoffmann erwähnt, vor allem mit einer historisch nicht belegten Eifersuchtsszene, die sie ihrem Ehemann gemacht haben könnte, nachdem sie dessen Tagebuchaufzeichnungen über seine junge Schülerin Julia Mark gefunden haben könnte.[16]

Kirchenbucheinträge

In den Kirchenbüchern der katholischen Pfarrei St. Maria Magdalena in Poznań sind die Eintragungen über ihre Taufe und Hochzeit erhalten.

Taufe 1778
  • Marianna Thecla Michalina
  • Eltern
    • Michael Rorer
    • Josepha Winkler
  • Taufpaten
    • Ignatius Konowski
    • Elisabeth Rorer(owa) (Großmutter väterlicherseits)
    • Stanislaus Winer, doktor medycyny (Doktor der Medizin)
    • Catharina Keyser(owa)[17]
Hochzeit 1802
  • Ernestus Wilhelmus Hoffmann
  • Marianna [Thecla]
  • Trauzeugen
    • Petrus Sobolewski
    • Theodorus Tott[18]

Literatur

Es gibt keine neuere umfassende Darstellung über Michalina Hoffmann.

  • Ewa Płomińska-Krawiec, Edyta Połczyńska (ed.): E. T. A. Hoffmann w Poznaniu 1800 – 1802 / E. T. A. Hoffmann in Posen 1800 – 1802. Poznań 2004. ISBN 83-7177-274-2, S. 72, 74, 86; mit Fotos des Heiratseintrages und des Grabsteins von Michalina Hoffmann
  • Marja Wicherkiewiczowa: Engelsgleiche Ehefrau eines dämonischen Dichters. Maria Thekla Michalina Roerer-Trzcińska Hoffmann. In: E. T. A. Hoffmann Jahrbuch. Band 18. 2010. S. 99–112; nach einem polnischen Aufsatz von 1935, der fehlerhaft war

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der Geburtsname war Rorer, im Tauf- und Heiratseintrag sowie im Testament und den herausgegebenen Werken; die konstruierte Form Rorer-Trzcińska kombiniert den ursprünglichen polnischen Namen der Familie mit dem späteren übersetzten deutschen Namen (polnisch trzcina = deutsch Rohr). Diese Form wurde so jedoch niemals in historischen Dokumenten verwendet.
  2. Hoffmann Maria Thekla Michalina Rorer Gniazdo (deutsch), mit Auszügen aus Tauf- und Heiratseinträgen im Erzbischoflichen Archiv Poznań (unten), und weiteren genealogischen Anmerkungen; siehe auch Herkunft von Michael Rorer und genealogische Einträge
  3. Die Trauung wurde im Kirchenbuch der Stadtkirche St. Maria Magdalena eingetragen, diese existierte aber 1802 nicht mehr, die Hochzeit fand also entweder in der ehemaligen Jesuitenkirche als neuer Pfarrkirche oder weniger wahrscheinlich in der Karmeliterkirche Heiliger Leichnam statt (so wurde es in der älteren Literatur behauptet).
  4. Herausgegebene Werke WorldCat; der tatsächliche Verantwortliche war aber Julius Hitzig.
  5. Handschriften an Michalina Hoffmann Kalliope
  6. Edward Basałygo: 900 lat JELENIEJ GÓRY, Jelenia Góra 2010, S. 172f. PDF: (…) Ostatnich dziesięć lat życia spędziła w Cieplicach Śląskich i tam – na cmentarzu katolickim – została pochowana. (…)
  7. Brief an Theodor Hippel vom 25. Januar 1803 aus Płock
  8. Brief an Theodor Hippel vom Frühjahr 1803 (ohne Datum); nach E. T. A. Hoffmann Portal, Briefe/Theodor Gottlieb v. Hippel/1803; auch in Julius Eduard Hitzig, E. T. A. Hoffmann's Leben und Nachlaß, Band 1, 1839, S. 208; die Bezeichnung Stadtpräsident ist historisch falsch, auch war Michalina schon 24½ Jahre alt und nicht erst 22; Julius Hitzig zitiert den Familiennamen als Trzczynska
  9. Günter de Bruyn: Hoffmann in Berlin, in: E. T. A. Hoffmann. Gespenster in der Friedrichstadt. Berlinische Geschichten. Berlin 1986, S. 288; suchte vergeblich nach weiteren ausführlicheren Beschreibungen über sie während der Zeit in Berlin; schon Julius Hitzig: E. T. A. Hoffmanns Leben und Nachlass. 3 Bände. Brodhag, 1839, erwähnte sie nur selten und meist nur beiläufig, z. B. Band 1, S. 29f., Anmerkung unten.
  10. L. Hirschberg (Hrsg.): E. T. A. Hoffmanns sämmtliche Werke. Serapions-Ausgabe. Vierzehnter Band. De Gruyter, Berlin, 1922, S. 180, Nr. 157; auch in Walter Harich: Dämon Kunst. Das Leben E. T. A. Hoffmanns, Berlin, 1926, Kapitel Die letzte Krankheit (Projekt Gutenberg); der Text wurde von E. T. A. Hoffmann geschrieben und von Michalina akzeptiert
  11. Quittung für den Verleger Ferdinand Dümmler : 80 rt Erhalten. Hoffmann (ohne Datum); in Handschriften von Michalina Hoffmann Kalliope ; mit ausführlichen Erläuterungen (80 Reichsthaler, wahrscheinlich als Teil einer größeren Summe für E. T. A. Hoffmann, der möglicherweise auf Grund seiner Lähmung nicht mehr selbst unterschreiben konnte); wahrscheinlich von Mai/Juni 1822 oder etwas später.
  12. Edyta Połczyńska: Das Polenbild im „Gelübde“ von E. T. A. Hoffmann, in Studia Germanica Posnaniensia, 17/18, 1991, S. 147–159; zitierte Hitzig, dass Michalina mit dem Bericht über eine tatsächliche Begebenheit in Polen die Anregung zu dieser Erzählung gab.
  13. Edward Basałygo: 900 lat JELENIEJ GÓRY, Jelenia Góra 2010, S. 172f.; (auch in Hoffmann Michalina Towarzystwo Genealogiczne "Gniazdo") Übersetzt: Ihr Grab befand sich auf der rechten Seite der Hauptallee des Friedhofs, vom Eingang der heutigen ul. Jagiellonska aus. Auf dem Grab stand eine Steinplatte mit der folgenden deutschen Inschrift: (...) Das Grab wurde bei der Beseitung der katholischen Gräber eingeebnet. Der Grabstein von Michalina Hoffmann und Mathilde Gottwald wurde in ein Gebäude eingemauert, in dem sich dann die ornithologische Sammlung der Familie Schaffgotsch befand und wo jetzt einer der Pavillone an der ul. Koscielna steht. Die Inschriften auf dem Stein sind bis heute lesbar. (Jej grób znajdował się po prawej stronie głównej alei cmentarnej, kierując się od wejścia przy dzisiejszej ulicy Jagiellońskiej. Na grobie ustawiona była płyta kamienna z następującym napisem w języku niemieckim: (...) Grób został zlikwidowany gdy likwidowano groby katolickie. Kamień nagrobny Michaliny Hoffmann i Matyldy Gottwald został wmurowany w ścianę szczytową budynku, w którym przedtem mieściły się zbiory ornitologiczne hr. Schaffgotscha, a gdzie dzisiaj jest jeden z pawilonów uzdrowiska Cieplice (ul Kościelna). Napisy te na kamieniu są do dzisiaj czytelne.)
  14. Foto Dokumenty Śląsky; nach Epitafia Dokumenty Śląska
  15. Davor die polnische Fassung:

    „Pamięci E. T. A. Hoffmanna 24.1.1776 w Królewcu – 25.6. 1822 w Berlinie, jako pisarz, kompozytor, malarz i prawnik działał w Poznaniu w latach 1800-1802 gdzie 26.7.1802 roku w kościele klasztornym pod wezwaniem Bożego Ciała poślubił Polkę Marię Theklę Michalinę Rohrer-Trzcińską, z którą był związany aż do śmierci.“

    Zitiert in Michalina Hoffmann Polnische Personendatenbank; Der Familienname ist historisch unkorrekt geschrieben; auch der Ort der Trauung ist unsicher

  16. In der historischen Forschung wurde vermutet, sie könnte Tagebuchaufzeichnungen über seine Empfindungen zu Julia Mark gefunden haben und danach das Tagebuch an sich genommen haben, da diese an einem Tage abrupt enden und erst ein dreiviertel Jahr später wieder fortgesetzt wurden
  17. Archivum Archidiecezjalne Poznań (Erzbischöfliches Archiv); PM 229/4; ID 5390398; 1778/62 (Nr. im Kirchenbuch); zitiert in Michalina Hoffmann Towarzystwo Genealogiczne "Gniazdo"
  18. PM 229/5; ID 5421417; Nr. 1802/25