Milchmädchenrechnung
Milchmädchenrechnung ist die spöttische Bezeichnung für eine naive Betrachtung oder Argumentation, die wesentliche Aspekte nicht beachtet und zu einem plausiblen, tatsächlich jedoch unzutreffenden Ergebnis kommt. Der Schweizer Begriff Milchbüchleinrechnung kann die gleiche Bedeutung haben, aber auch für eine einfache Buchführungsart stehen.
Definition und Herkunftstheorien
Der Begriff „Milchmädchenrechnung“ bezeichnet dem Duden zufolge eine auf Trugschlüssen oder Illusionen beruhende Rechnung.[1] Der Begriff geht auf die Fabel Die Milchfrau und die Milchkanne (La Laitière et le Pot au lait) von Jean de La Fontaine zurück. Erzählt wird die Geschichte des Milchmädchens Perrette, das sich auf dem Weg zum Markt bereits vorstellt, was es mit dem Erlös für die Milch – und wiederum von dem Gewinn aus dem Erworbenen und immer so weiter – alles kaufen könne, zuletzt aber unversehens die Milch verschüttet und ihre Träume zerstört.[2]
„Auf dem Kopf trägt Perrette eine Kanne voll Milch […] sie starrt auf das vergoßne Glück.“[3]
Ähnliche Geschichten wie La Fontaines Fabel waren zu seiner Zeit schon weit verbreitet und gehen wohl auf die indische Erzählung Der Brahmane und der Reistopf aus der Panchatantra zurück, wo jedoch ein Mann der Träumer ist und den Reis verschüttet.[4]
Seine Fabelversion liegt dicht an einer französischen Kurzgeschichte von Bonaventure des Périers aus dem Jahr 1558, wo ein Alchemist mit einer „guten Frau“ verglichen wird, die vor lauter Luftschlösserbauen die Milch verschüttet.[5] In der Fabel Der Pfarrer und der Tote zitiert La Fontaine das Motiv noch einmal.
Literatur
- Dietmar Bartz: Die Ergebnisse der Milchmädchenrechnungen. In: Wirtschaft von A bis Z. Frankfurt am Main 2002, S. 305–307.
- Johann Wilhelm Ludwig Gleim: Die Milchfrau. In: Projekt Gutenberg-DE. Abgerufen am 15. Januar 2020.