Lactose

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Strukturformel
Strukturformel von Lactose
Allgemeines
Name Lactose
Andere Namen
  • Laktose
  • Milchzucker
  • α-Lactose-Monohydrat, allgem. Handelsform
  • Lactobiose
  • Saccharum lactis
  • D-Galactopyranosyl-β-(1→4)-D-glucopyranose
  • 4-O-(β-D-Galactopyranosyl)-D-glucopyranose (IUPAC)
Summenformel C12H22O11
Kurzbeschreibung

farbloser, kristalliner Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 200-559-2
ECHA-InfoCard 100.000.509
PubChem 6134
ChemSpider 5904
Eigenschaften
Molare Masse 342,29 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,525 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

219 °C[1]

Löslichkeit
  • löslich in Wasser[2]
    • GGW-Gemisch: 21,6 g·100 g−1 (25 °C)[2]
    • α-Form: 5,0 g·100 g−1 (0 °C)[2]
    • β-Form: 45,1 g·100 g−1 (0 °C)[2]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Lactose-Monohydrat, Kristall, Auflicht, Polarisation, mikroskopisch

Lactose, Milchzucker oder Laktose (von lateinisch lac, Genitiv

lactis

Milch) ist ein in Milch enthaltener Zucker. Das Disaccharid besteht aus den beiden Molekülen D-Galactose und D-Glucose, die über eine β-1,4-glycosidische Bindung miteinander verbunden sind. Nach IUPAC wird Lactose als 4-O-(β-D-Galactopyranosyl)-D-glucopyranose bezeichnet; sie wurde erstmals um 1615 von Fabrizio Bartoletti aus Milch isoliert.[3] Sie kommt als Hauptenergieträger in der Milch der Säugetiere vor. Lactose wird im Dünndarm vom Enzym Lactase verdaut, d. h. in Glucose und Galactose gespalten. Lactasemangel kann bei Erwachsenen zu einer Laktoseintoleranz führen. Der Transport und Abbau von Lactose in Bakterien wird über das lac-Operon gesteuert.

Vorkommen und Gewinnung

In der Milch der Säugetiere sowie in Milcherzeugnissen macht Lactose fast den gesamten Anteil der Kohlenhydrate aus.[4] Der Lactoseanteil in Milchprodukten variiert aufgrund des Herstellungsprozesses. Bei der Käseherstellung wird ein Teil der Lactose mit der Molke abgetrennt und durch Reifung weiter abgebaut. Frischkäsesorten haben daher einen Lactoseanteil von mehr als 2 % und länger gereifte Hartkäsesorten oft weniger als 0,1 % Lactose.

Kuhmilch enthält bis zu 47 g/l[5] Lactose. Sie wird aus Süß- oder Sauermolke gewonnen, die in großen Mengen als Nebenprodukt bei der Käseherstellung anfällt. Durch Erhitzen, Ultrafiltration und Ionenaustausch wird die Molke hierfür von Lipiden, Proteinen und Mineralstoffen befreit und im Vakuum eingeengt. Aus der konzentrierten Lösung kristallisiert dann die Lactose (siehe Abbildung unten rechts).[6]

Säugetier Anteil
Kohlenhydrate[4]
Esel 7,4 %
Mensch 7,1 %
Pferd 6,2 %
Kamel 5,0 %
Büffel 4,8 %
Katze 4,8 %
Schaf 4,8 %
Kuh 4,6 %
Yak 4,6 %
Ziege 4,3 %
Rentier 2,8 %
Milchprodukte (Kuh) Anteil Lactose in g/100 g[7]
Vollmilch 4,70 g
Magermilch (0,3 % Fett) 4,80 g
fettarme Milch (1,5–1,8 % Fett) 4,80 g
Trockenmilch (Vollmilchpulver) 35,10 g
Magermilchpulver 50,50 g
Kondensmilch 9,32 g
Schlagsahne 3,27 g
Sauerrahm 3,0 g
Molke 4,70 g
Joghurt (3,5 % Fett) 3,19 g
Vollmilchschokolade 2,0 g

Eigenschaften

β-D-Lactose in der Sesselform

Lactose ist eine kristalline, farblose Substanz mit süßem Geschmack; die Süßkraft liegt je nach Konzentration zwischen 25 und 60 % der von Saccharose. In wasserfreier Form ist Lactose hygroskopisch; aus der wässrigen Lösung kristallisiert die stabilere α-Form als Monohydrat aus. Milchzucker ist weniger wasserlöslich als andere Zucker, wie etwa Maltose. Die Wasserlöslichkeit der α- und β-Form unterscheidet sich beträchtlich (5 bzw. 45 g/100 g bei 0 °C).[2] Milchzucker ist optisch aktiv und zählt zu den reduzierenden Zuckern.

Die Einzelkomponenten der Lactose, Galactose und Glucose, sind über eine β-1,4-glycosidische Bindung miteinander verbunden. In wässriger Lösung besteht durch Mutarotation ein Gleichgewicht von α- und β-D-Form des Glucoseteils, teilweise auch in offenkettiger Form.

Beim Erhitzen oder in alkalischer Lösung reagiert Lactose durch die Lobry-de-Bruyn-van-Ekenstein-Umlagerung zu ihrem Umlagerungsprodukt Lactulose, die süßer schmeckt als Milchzucker.[2]

Analytik

Die zuverlässige qualitative und quantitative Bestimmung von Lactose in unterschiedlichem Untersuchungsmaterial wie z. B. Käse,[8] Milchen,[9] pflanzlichem Material[10] oder Arzneimitteln[11] gelingt nach angemessener Probenvorbereitung durch Kopplung der Gaschromatographie oder HPLC mit der Massenspektrometrie.

Aufgrund des vorhandenen Glucoserests gibt Lactose als reduzierender Zucker eine positive Tollens-, Fehling- und Benedict-Probe. Diese Tests sind jedoch nicht in der Lage, zwischen Di- und Monosacchariden zu unterscheiden. Aus diesem Grund suchte Alfred Wöhlk im Jahre 1904 an der Pharmazeutischen Lehranstalt Kopenhagen systematisch nach einem Nachweis, der z. B. Lactose von Glucose differenziert und wurde in einem Experiment mit Ammoniaklösung fündig[12].

Die Wöhlk-Reaktion mit alkalischer Ammoniaklösung (siehe Abbildung) ermöglicht die Unterscheidung von Lactose (lachsrote Farbe), Fructose, Glucose, Galactose (gelbe Farbe) und Saccharose (farblos).[13]

Wie die Abbildung zeigt, kann mit einfachen Mitteln der unterschiedliche Lactosegehalt verschiedener Milchprodukte (Vollmilch, lactosefreie Milch, Buttermilch, Kefir, Naturjoghurt, Kaffeesahne, Saure Sahne) anschaulich und aussagekräftig gezeigt werden[14].

Wöhlk-Reaktion mit Milchprodukten und Zuckerlösungen. Je mehr Lactose enthalten ist, desto röter erscheint das Ergebnis. Lactosefreie Milch erscheint gelb, ebenso wie Lösungen von Glucose, Fructose und Galactose. Reine Lactose erscheint lachsrot, Saccharose bleibt farblos.
Lactose-Gehalt von Milchprodukten und Zuckerlösungen (Wöhlk-Reaktion)

Bei der Variante nach Fearon (Lösung von Methylammoniumchlorid in 0,1 molarer Natronlauge) sowie beim 1,6-Diaminohexan-Verfahren (0,025 mol/L Hexamethylendiamin in 0,1 molarer Natronlauge) gelingt ein beschleunigter Nachweis im 65 °C-heißen Wasserbad (10 Min., gegenüber Wöhlk-Reaktion 30 Min.) sowie ein Schnelltest in nur 60 Sekunden im Inverter-Mikrowellenherd[15].

Physiologische Bedeutung

Lactose ist als Inhaltsstoff von Muttermilch die Hauptenergiequelle für Säuglinge. Sie entsteht in der Milchdrüse durch enzymatische Übertragung von Glucose auf Uridindiphosphatgalactose (UDP-Galactose) unter Abspaltung des UDP. Um Lactose verwerten zu können, muss sie bei der Verdauung in die Einfachzucker D-Galactose und D-Glucose gespalten werden. Hierzu ist das im Dünndarm vorhandene Enzym Lactase notwendig, das beim größten Teil der Weltbevölkerung nach dem 4. Lebensjahr nur noch in geringerer Menge gebildet wird. Kann Lactose aufgrund eines Mangels an Lactase nicht verdaut und daher nicht durch die Darmwand aufgenommen werden, so entsteht eine Lactoseintoleranz oder Lactoseunverträglichkeit. Bei einem kleineren Teil der Weltbevölkerung ist jedoch Lactose aufgrund einer Mutation auch noch im Erwachsenenalter verdaubar; diese Mutation ermöglichte Viehzüchtern der Jungsteinzeit vitamin- und energiereiche Nahrung auch in Eis und Schnee und somit die Besiedelung Skandinaviens und der höheren Alpenregionen.[16]

Lactose

Verwendung

Weblinks

Commons: Lactose – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Lactose – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b c d Eintrag zu Lactose in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 26. April 2012. (JavaScript erforderlich)
  2. a b c d e f H.-D. Belitz, W. Grosch, Peter Schieberle: Lehrbuch der Lebensmittelchemie. 6. Auflage. Springer 2007, ISBN 978-3-540-73201-3, S. 530.
  3. Wilhelm Fleischmann: Geschichtliches über Milch und Milchzucker. In: Sudhoffs Archiv, 4, 1911, S. 1–19, JSTOR 20772893.
  4. a b H.-D. Belitz, W. Grosch, P. Schieberle: Lehrbuch der Lebensmittelchemie. 6. Auflage. Springer 2007, ISBN 978-3-540-73201-3, S. 517.
  5. Eintrag zu Milch. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 28. Januar 2014.
  6. Eintrag zu Lactose. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 28. Januar 2014.
  7. Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie, Garching (Hrsg.): Lebensmitteltabelle für die Praxis. Der kleine Souci · Fachmann · Kraut. 4. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8047-2541-6, S. 20–21.
  8. H. Ochi, Y. Sakai, H. Koishihara, F. Abe, T. Bamba, E. Fukusaki: Monitoring the ripening process of Cheddar cheese based on hydrophilic component profiling using gas chromatography-mass spectrometry. In: Journal of Dairy Science, Band 96, Nr. 12, 2013, S. 7427–7441, PMID 24140316.
  9. G. Fusch, A. Choi, N. Rochow, C. Fusch: Quantification of lactose content in human and cow’s milk using UPLC-tandem mass spectrometry. In: J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci. Band 879, Nr. 31, 1. Dez 2011, S. 3759–3762, PMID 22041090.
  10. S. Gabbanini, E. Lucchi, F. Guidugli, R. Matera, L. Valgimigli: Anomeric discrimination and rapid analysis of underivatized lactose, maltose, and sucrose in vegetable matrices by U-HPLC-ESI-MS/MS using porous graphitic carbon. In: Journal of Mass Spectrometry Band 45, Nr. 9, Sep 2010, S. 1012–1018, PMID 20862732.
  11. F. Monajjemzadeh, D. Hassanzadeh, H. Valizadeh, M. R. Siahi-Shadbad, J. S. Mojarrad, T. A. Robertson, M. S. Roberts: Compatibility studies of acyclovir and lactose in physical mixtures and commercial tablets. In: European Journal of Pharmaceutics and Biopharmaceutics Band 73, Nr. 3, Nov 2009, S. 404–413, PMID 19631740.
  12. Alfred Wöhlk: Über eine neue Reaktion auf Milchzucker (und Maltose). In: Zeitschrift für Analytische Chemie. Band 43, Nr. 11, November 1904, ISSN 1618-2642, S. 670–679, doi:10.1007/BF01520629.
  13. Klaus Ruppersberg, Julia Hain: Wie kann der Lactosegehalt von Milchprodukten im Schulexperiment sichtbar gemacht werden? Die Wiederentdeckung der Wöhlk-Reaktion für den Chemieunterricht. In: Chemie konkret – ChemKon. Band 23, Nr. 2, 2016 (pedocs.de [abgerufen am 14. März 2018]).
  14. Klaus Ruppersberg: Nachweis von Lactose (und Maltose) im Kontext Schule (Dissertation, Europa-Universität Flensburg). In: Zentrale Hochschulbibliothek Flensburg (ZHB). 1. November 2021, abgerufen am 5. Dezember 2021 (deutsch).
  15. Klaus Ruppersberg, Horst Klemeyer: Lactose-Schnelltest: Wie kann man in 60 Sekunden Milchzucker nachweisen? 24. Februar 2021, doi:10.25656/01:21549 (pedocs.de [abgerufen am 5. Dezember 2021]).
  16. Fritz Höffeler: Geschichte und Evolution der Lactose(in)toleranz. Das Erbe der frühen Viehzüchter. In: Wiley (Hrsg.): Biologie in unserer Zeit. 11. Dezember 2009, doi:10.1002/biuz.200910405.