Mindscape

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Mindscape

Rechtsform Personenbezogene Kapitalgesellschaft
Gründung 1983
Auflösung 2011
Sitz Novato (USA)
Leitung Jean-Pierre Nordman (CEO)
Mitarbeiterzahl 150 (Stand 2005)
Umsatz 38 Mio. EUR (Stand 2005)

Mindscape war ein zunächst amerikanischer Computerspieleentwickler und Publisher, der lange Zeit im kalifornischen Novato seinen Sitz hatte. Das Unternehmen erlebte eine Hochphase Ende der 1980er- und frühen 1990er-Jahre, hauptsächlich getrieben durch die offizielle Lizenzierung für die Konsolen des japanischen Herstellers Nintendo. Nach mehrfachem Eignerwechsel innerhalb weniger Jahre wurde der Unternehmensname ab 2001 von einem ehemaligen Manager weitergenutzt. Das seither nahe Paris ansässige Unternehmen konnte allerdings nicht mehr an die früheren Erfolge anknüpfen und beendete 2011 seine Aktivitäten in der Computerspielbranche.

Geschichte

Datei:Mindscape-logo-1994.png
Altes Mindscape-Logo von 1994

Mindscape wurde 1983 vom australischen Computeranalysten Roger M. Buoy als Tochterunternehmen der SFN Companies in Northbrook bei Chicago im US-Bundesstaat Illinois gegründet. Das Unternehmen begann als Software-Publisher mit den Schwerpunkten Lernsoftware, Computerspielen und Anwendungssoftware für den Heimgebrauch. Die ersten Produkte kamen 1984 auf den Markt.[1][2] Zu den Schwerpunkten der Geschäftstätigkeit zählte zu dieser Zeit der Vertrieb von Spielesoftware europäischer Entwickler auf dem nordamerikanischen Markt. Mindscape trat dabei sowohl als Publisher (z. B. für Beyond Software) als auch als reiner Distributor (z. B. für Ocean Software) auf. Zu den vertriebenen Anwendungsprogrammen zählte unter anderem das von MacroMind produzierte VideoWorks, das später in den Adobe Director aufging. 1987 verkaufte SFN das Unternehmen für drei Millionen US-Dollar an Buoy und den ehemaligen SFN-Manager John Purcell. Diese brachten Mindscape im Juni 1988 an die Börse.[3][4] Ab 1988 veröffentlichte Mindscape als Nintendo-Lizenznehmer auch Spiele für das Nintendo Entertainment System. In den späten 1980er-Jahren expandierte die Firma und eröffnete Büros in Australien, Frankreich, Großbritannien und Japan.

Im Dezember 1989 übernahm der amerikanische Softwareentwickler The Software Toolworks den Spieleentwickler durch Aktientausch im Verhältnis 1 zu 0,4375. Gründer Buoy wurde im Gegenzug Chief Creative Officer des Unternehmens. The Software Toolworks wollte damit vor allem sein Produktportfolio diversifizieren und sich zusätzliche Einnahmequellen erschließen. Vor allem Mindscapes Arbeiten für die Nintendo-Konsolen zählten zu den wichtigsten Umsatztreibern des fusionierten Unternehmens.[5][6][7] Im März 1994 gab der Medienkonzern Pearson ein Übernahmeangebot von 462 Millionen US-Dollar für The Software Toolworks ab, hauptsächlich um seine Multimediakompetenzen zu steigern und seine Printmarken künftig auch in digitalen Formaten vermarkten zu können.[8] Im selben Jahr wurde der Unternehmensname von The Software Toolbox zu Mindscape geändert und der amerikanische Computerspielentwickler Strategic Simulations (SSI) übernommen.[9][10]

Pearson verkaufte Mindscape im März 1998 an The Learning Company (TLC), der Kaufpreis betrug 150 Millionen US-Dollar.[11] In kurzer Zeit kam es zu mehreren umfassenden Veränderungen. Zunächst konsolidierte der neue Eigner seine im Juni 1994 erworbene Tochter Brøderbund, indem es deren Lernsparte ins Hauptunternehmen eingliederte und die Spielesparte mitsamt dem Label Red Orb Entertainment an Mindscape weiterreichte.[12][13] Im Dezember 1998 wurde TLC schließlich vom Spielwarenhersteller Mattel übernommen,[14] der durch TLCs anhaltenden Verluste selbst finanziell ins Wanken geriet und die für die Übernahmepolitik maßgeblich verantwortliche Geschäftsführerin Jill Barad im Februar 2000 entließ.[15] Das Wall Street Journal bezeichneten die Übernahme als „desaströs“ und „schlechtesten Deal der jüngeren Geschichte“. Im September 2000 stieß Mattel daher The Learning Company an die Gores Technology Group ab,[16][17] die einen geeigneten Käufer für deren Vermögenswerte suchte. In diesem Rahmen wurde die Spielesparte als Games Group neu organisiert.[18] Die meisten Assets gingen im März 2001 an den französischen Publisher Ubisoft,[19] während der ehemalige TLC-Manager Jean-Pierre Nordman die Rechte am Namen Mindscape übernahm und das Unternehmen fortan vom Pariser Vorort Boulogne-Billancourt aus führte.[20]

Seit 2004 hatte Mindscape Büros in Frankreich, England, Irland, Deutschland, den Niederlanden, Asien, Australien und Lateinamerika. Mindscape hatte einen Umsatz von 38 Millionen Euro (Stand 2005) und beschäftigte 150 Mitarbeiter. 2009 eröffnete das Unternehmen in Paris das Entwicklerstudio Punchers Impact.[21] Mit U-Sing konnte das Studio trotz hoher Musiklizenzkosten einen Achtungserfolg landen, während das Rennspiel Crasher floppte. Im August 2011 wurde Punchers Impact geschlossen und Mindscapes Rückzug aus dem Computer- und Videospielmarkt angekündigt.[22] Lediglich einige Vertriebsbüros blieben unter dem alten Namen weiter aktiv.[23]

Bekannte Spiele (Auswahl)

Jahr Spiel Genre Studio
1984 Indiana Jones in the Lost Kingdom Jump ’n’ Run Mindscape
1984 Crime and Punishment Simulationsspiel Mindscape
1985 Balance of Power Strategiespiel Mindscape
1985 Déjà Vu: A Nightmare Comes True Adventure ICOM Simulations
1985 James Bond 007: A View to a Kill Adventure Angelsoft
1985 Lords of Midnight Strategiespiel, Rollenspiel Incentive Software
1985 Shadowfire Rollenspiel Denton Designs
1991 Moonstone: A Hard Days Knight Action-Rollenspiel Mindscape
1996 Silent Hunter Simulationsspiel Strategic Simulations
1997 Abenteuer auf der Lego Insel[24] 3D-Action-Adventure Mindscape

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Christine Winter: Mindscape To Buy Software Group. In: Chicago Tribune. 13. März 1987. Archiviert vom Original am 12. April 2019. Abgerufen am 12. April 2019.
  2. Christine Winter: MINDSCAPE. In: Chicago Tribune. 2. Dezember 1985. Archiviert vom Original am 26. Juni 2019. Abgerufen am 29. Juni 2019.
  3. Christine Winter: NORTHBROOK SOFTWARE COMPANY BOUGHT BY NEW CORPORATION. In: Chicago Tribune. 19. Januar 1987. Archiviert vom Original am 27. Juni 2019. Abgerufen am 29. Juni 2019.
  4. Christine Winter: $9.6 MILLION STOCK SALE PLANNED BY MINDSCAPE. In: Chicago Tribune. 7. Juni 1988. Archiviert vom Original am 27. Juni 2019. Abgerufen am 29. Juni 2019.
  5. COMPANY BRIEFS. In: The New York Times . 6. Dezember 1989. Archiviert vom Original am 26. Juni 2019. Abgerufen am 29. Juni 2019.
  6. Software Toolworks Acquires Mindscape. In: Computer Gaming World. Nr. 67, Januar 1990, S. 64. Abgerufen am 16. November 2013.
  7. Carole Gould: Mutual Funds; When Small Is Beautiful. In: The New York Times . 1. Juli 1990. Archiviert vom Original am 26. Juni 2019. Abgerufen am 29. Juni 2019.
  8. Steve Lohr: Pearson Enters Multimedia Software Arena. In: The New York Times . 1. April 1994. Archiviert vom Original am 29. Juni 2019. Abgerufen am 29. Juni 2019.
  9. TOP OF MIND. In: Nielsen Business Media (Hrsg.): Billboard. 106, Nr. 46, 12. November 1994, S. 90.
  10. Mindscape: Mindscape, Inc. Acquires Strategic Simulations, Inc.; Acquisition Strengthens Entertainment Development Efforts (englisch) In: Pressemitteilung. The Free Library. 20. Oktober 1994. Abgerufen am 28. März 2013.
  11. Dow Jones: COMPANY NEWS; LEARNING COMPANY SETS DEAL FOR MINDSCAPE. In: The New York Times . 7. März 1998. Archiviert vom Original am 26. Juni 2019. Abgerufen am 29. Juni 2019.
  12. Learning Co. cuts 500 jobs. In: CNNMoney . 11. September 1998. Archiviert vom Original am 29. Juni 2019. Abgerufen am 29. Juni 2019.
  13. Alan Dunkin: Red Orb Stays With Mindscape. In: GameSpot. 2. Oktober 1998. Abgerufen am 16. Januar 2013.
  14. Mattel to buy Learning Company. In: CNET. Abgerufen am 14. Juli 2020 (englisch).
  15. Mattel To Ditch The Learning Company. In: Forbes. Abgerufen am 14. Juli 2020 (englisch).
  16. Lisa Bannon & Nikhil Deogun: Mattel Will Sell Learning Co. To Gores Technology Group. In: Wall Street Journal. 30. September 2000, ISSN 0099-9660 (wsj.com [abgerufen am 14. Juli 2020]).
  17. Lisa BannonStaff Reporter of The Wall Street Journal: Mattel, After Selling Learning Co., Faces a Big Job in Bouncing Back. In: Wall Street Journal. 2. Oktober 2000, ISSN 0099-9660 (wsj.com [abgerufen am 14. Juli 2020]).
  18. Jack Schofield: Games watch. In: The Guardian . 18. Januar 2001. Archiviert vom Original am 28. Juni 2019. Abgerufen am 29. Juni 2019.
  19. Ubi Soft Acquires The Learning Company’s Entertainment Division. GameZone. 7. März 2001. Abgerufen am 24. Februar 2010.
  20. Frank Cifaldi: Report: Mindscape Leaves Video Game Industry After Nearly 30 Years. In: Gamasutra . 10. August 2011. Archiviert vom Original am 26. Juni 2019. Abgerufen am 29. Juni 2019.
  21. Matt Martin: Mindscape opens new digital studio Punchers Impact. In: GamesIndustry.biz . 1. Dezember 2009. Archiviert vom Original am 26. Juni 2019. Abgerufen am 29. Juni 2019.
  22. MCVUK.com: 40 jobs gone as Mindscape quits games. Abgerufen am 24. Januar 2021.
  23. MCV-Redaktion: Mindscape Asia-Pacific unaffected by French withdrawal from games. In: MCV . 12. August 2011.
  24. Abenteuer auf der Lego Insel für PC – Steckbrief. In: Gamers Global. Abgerufen am 23. Juli 2019.