Moldavit
Moldavite sind grüne, natürliche Gläser, die vor 15 Millionen Jahren beim Einschlag eines großen Meteoriten (Ries-Ereignis) im heutigen Bayern entstanden und großteils im Gebiet der Tschechischen Republik niedergegangen sind. Derartige durch einen Meteoriteneinschlag entstandene und über weite Entfernungen transportierte Gläser werden allgemein Tektite genannt, ihre Fundgebiete werden als Streufelder bezeichnet. Von den weltweit vier bekannten Tektit-Streufeldern bildet das Fundgebiet der Moldavite das so genannte zentraleuropäische Streufeld.
Fundort
Die Moldavite wurden nach dem wichtigsten Fundgebiet am oberen Flusslauf der Moldau in Südböhmen (Tschechische Republik) benannt. Daneben werden Moldavite auch in Mähren gefunden. Exemplare aus Böhmen sind überwiegend flaschengrün und durchsichtig. Mährische Moldavite sind hingegen dunkler als die böhmischen, ihre Farbe ist olivgrün bis braun orange, sie werden im geschliffenen Zustand gern als Schmucksteine verwendet.
Vereinzelt wurden Moldavite auch im Gebiet um Eger in Westböhmen, im Waldviertel (Österreich) und in der Lausitz (Deutschland) gefunden. Diese Funde stellen kleine, von den großen Fundgebieten in Südböhmen und Mähren unabhängige Streufelder dar.
Entstehung
Von Wolfgang Gentner (1971) wurde durch Altersbestimmungen mit der Kalium-Argon-Methode nachgewiesen, dass die Moldavite und das sogenannte Ries-Ereignis das gleiche Alter haben, nämlich 15 Millionen Jahre. Damit war es sehr wahrscheinlich, dass die Moldavite bei diesem Ereignis entstanden sind. Nachdem die präriesischen Ablagerungen der Oberen Süßwassermolasse (OSM) als Ausgangsmaterial durch Günther Graup et al. (1981) geochemisch identifiziert wurden, folgten Bestätigungen durch weitere Arbeiten (vgl. Johannes Baier 2007), die den Zusammenhang mit dem Ries-Ereignis erhärteten.
Nach heutiger Vorstellung lief der Vorgang wie folgt ab:
Der im Durchmesser rund 1.500 Meter große Meteorit trat mit etwa 70.000 km/h in die Erdatmosphäre ein, flankiert von einem im Durchmesser rund 150 Meter großen Begleiter. Die Stücke schlugen auf der Erdoberfläche ein und bildeten zwei große Krater, die heute als Nördlinger Ries und Steinheimer Becken bezeichnet werden. Beim Einschlag wurden die Meteoriten und das darunter liegende Erdreich extrem verdichtet. Unter hohen Drücken und Temperaturen schmolz das Gestein und wurde mit bis zu 25-facher Schallgeschwindigkeit ausgeschleudert. Während des Fluges kühlte das Material ab und erstarrte zu Glaspartikeln. Die Moldavite sind zwischen 250 und 450 Kilometer weit geschleudert worden und größtenteils im heutigen Tschechien wieder auf den Erdboden gefallen.
Chemische Zusammensetzung: 80 % SiO2; 10 % Al2O3; 3 % K2O; 2 % FeO; 2 % MgO; 1,5 % CaO; 0,5 % Na2O; 0,5 % TiO2
Interessantes
Moldavite waren in der Ära des Art Nouveau besonders beliebt, doch ihr Ruhm hielt nicht lange an. Ihr Niedergang begann mit Fälschern, die grünes Flaschenglas anstatt des echten tschechischen Steins verkauften. Somit verloren die Kunden das Vertrauen gegenüber den Händlern. Moldavite traten erneut ins Rampenlicht als die britische Königin Elisabeth II. feierlich eine Schmuckkollektion von der Schweiz überreicht bekam.
Einer der größten Moldavite aus Böhmen wurde 1980 gefunden und wiegt 142,4 Gramm. Zu den größten Moldaviten aus Mähren gehört der Slawische Moldavit (1971), der 265,5 Gramm auf die Waage bringt.[1]
Literatur
- J. Baier: Zur Herkunft und Bedeutung der Ries-Auswurfprodukte für den Impakt-Mechanismus. - Jber. Mitt. oberrhein. geol. Ver., N. F 01/2009; 91:9-29.
- J. Baier: Die Auswurfprodukte des Ries-Impakts, Deutschland, in Documenta Naturae Vol. 162, München, 2007. ISBN 978-3-86544-162-1
- V. Bouška: Moldavites. The Czech Tektites. Stylizace, Prag 1994
- W. Gentner: Cogenesis of the Ries crater and moldavites and the origin of tektites. Meteoritics 6, 274, 1971.
- G. Graup, P. Horn, H. Köhler & D. Müller-Sohnius: Source material for moldavites and bentonites. In Naturwissenschaften. Vol. 67, Berlin, 1981.
- Guy Heinen: Tektite – Zeugen kosmischer Katastrophen. Eigenverlag, Luxemburg, 1997 [1]
- Christian Pinter: Es regnet Glas – Die begehrten Moldavite zeugen von kosmischen Katastrophen, in: Extra (Wochenend-Beilage zur Wiener Zeitung), 24. April 1998, Seite 5
- Trnka, M. & Houzar, S. (2002): Moldavites: a review (PDF; 389 kB). Bulletin of the Czech Geological Survey, 77, 283–302.
- Jelinek, R. Mesic, A. Milan PRCHAL 60 on the green wave. Der Konterfei 072, Wien, 2021. ISBN 978-3-903043-59-6
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Moldavit: der geheimnisvolle Edelstein aus Tschechien. Abgerufen am 11. November 2019.