Morgen, Kinder, wird’s was geben

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Bescherung unterm Weihnachtsbaum (um 1860)

Morgen, Kinder, wird’s was geben (ursprünglicher Titel: Die Weihnachtsfreude) ist ein deutsches Weihnachtslied, das mit zwei Melodien verbreitet ist.

Entstehung

Zur Entstehung des Liedes[1] gibt es verschiedene Darstellungen. Max Friedlaender druckt in seinem Buch Das deutsche Lied im 18. Jahrhundert die erste Strophe ab und gibt an, dass sie 1795 in der 2. Auflage der Lieder zur Bildung des Herzens von Karl Friedrich Splittegarb (1753–1802) aus Mittel Steinkirch bei Lauban in der Oberlausitz zum ersten Mal veröffentlicht worden sei. Der Text trägt bei Splittegarb den Titel Die Weihnachtsfreude und besteht aus sieben Strophen.[2] Er geht aber auf ein älteres Lied zurück, das mit den Worten Morgen! morgen wird’s was geben! beginnt und in der 1779–82 erschienenen Kleinen Kinderbibliothek von Joachim Heinrich Campe (1746–1818) abgedruckt ist.[3] Wohl wegen des Titels Frizchens Weihnachtsfreude wird in manchen Auflagen von Büchmanns Geflügelten Worten die Vermutung ausgesprochen, hinter dem unbekannten Autor dieses Gedichts könne sich eventuell Christian Adolph Overbeck verbergen.[4] In Overbecks Sammlung Fritzchens Lieder ist das Gedicht jedoch nicht nachweisbar.[5] Dieses Lied war 1783 von Johann Philipp Kirnberger (1721–1783) und 1787 von Johann Friedrich Reichardt (1752–1814) vertont worden.

Vertonungen von Splittegarbs neuem Text erschienen unter anderem 1809 in der Neuen praktische Singschule für Kinder von Carl Gottlieb Hering (1766–1853)[6][7] und 1811 in den in Berlin herausgegebenen Melodien zur Liedersammlung von Martin Friedrich Philipp Bartsch (1770–1833).[8] Friedlaender gibt für letztere Melodiefassung (mit Fragezeichen) Bartsch als Komponisten an. In mehreren Liederbüchern wird der Text des Liedes fälschlich Bartsch zugeschrieben. Er soll ihn 1809 auf eine Berliner Volksweise verfasst haben.[9][10]

Inhalt

Kinder vor der Bescherung 1952

Einer Entwicklung der Weihnachtslieder im frühen 19. Jahrhundert nach Aufklärung und Säkularisation folgend, wird der mythische Inhalt des Weihnachtsfests, die Geburt Jesu, in dem Liedtext gar nicht erwähnt.[11] Stattdessen legt der Autor den Schwerpunkt auf die Beschreibung der Vorfreude der Kinder auf die mit dem Weihnachtsfest verbundene Bescherung.

Diese Vorfreude wird genährt durch die Erinnerung an die geschmückte Stube und die zahlreichen Geschenke des Vorjahres. Von einem Weihnachtsbaum, wie er in den später entstandenen Liedern O Tannenbaum (1824) und Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen (1841) besungen wird, ist hier noch keine Rede.

Den Schluss bildet eine Mahnung, den Eltern dankbar zu sein, die – und nicht das Christkind oder der Weihnachtsmann – schon lange für das Fest sorgen.

Als Satire auf die Sentimentalität der bürgerlichen Weihnachtsfeier und der diese besingenden Weihnachtslieder verfasste der deutsche Schriftstellers Erich Kästner 1927 unter dem Titel Weihnachtslied, chemisch gereinigt eine sozialkritische Parodie auf dieses Lied, die mit den Worten „Morgen, Kinder, wird’s nichts geben“ beginnt und den Inhalt dieses Liedes in sein Gegenteil verkehrt: Arme Kinder bekommen keine Geschenke und sollen sich auch keine wünschen.

Text

Die Weihnachtsfreude.

Morgen, Kinder, wirds was geben!
Morgen werden wir uns freun!
Welche Wonne, welches Leben
Wird in unserm Hause seyn;
Einmal werden wir noch wach,
Heysa, dann ist Weihnachtstag!

Wie wird dann die Stube glänzen
Von der großen Lichterzahl!
Schöner, als bey frohen Tänzen
Ein geputzter Kronensaal.
Wißt ihr noch, wie vor’ges Jahr
Es am heil’gen Abend war

Wisst ihr noch mein Räderpferdchen?
Malchens nette Schäferinn?
Jettchens Küche mit dem Herdchen,
Und dem blankgeputzten Zinn?
Heinrichs bunten Harlekin
Mit der gelben Violin?

Wisst ihr noch den großen Wagen,
Und die schöne Jagd von Bley?
Unsre Kleiderchen zum Tragen,
Und die viele Näscherey?
Meinen fleiß’gen Sägemann
Mit der Kugel unten dran?

Welch ein schöner Tag ist morgen!
Neue Freude hoffen wir.
Unsre guten Eltern sorgen
Lange, lange schon dafür.
O gewiß, wer sie nicht ehrt,
Ist der ganzen Lust nicht werth.

Nein, ihr Schwestern und ihr Brüder,
Laßt uns ihnen dankbar seyn,
Und den guten Eltern wieder
Zärtlichkeit und Liebe weihn,
Und aufs redlichste bemühn,
Alles, was sie kränkt, zu fliehn.

Laßt uns nicht bey den Geschenken
Neidisch auf einander sehn;
Sondern bey den Sachen denken:
„Wie erhalten wir sie schön,
Daß uns ihre Niedlichkeit
Lange noch nachher erfreut?“[2]

Ein, wie in der Zusatzstrophe besungener, Puppenherd

In manchen Drucken wird noch eine weitere Strophe unbekannter Herkunft eingeschoben:

Wißt ihr noch die Spiele, Bücher
Und das schöne Schaukelpferd,
Schöne Kleider, woll’ne Tücher,
Puppenstube, Puppenherd?
Morgen strahlt der Kerzen Schein,
Morgen werden wir uns freu’n.

Melodie

Melodie von Carl Gottlieb Hering (1809):[6][1][9]

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Alternative Melodiefassung (Max Friedlaender gibt an, dass er „über deren Herkunft […] leider nichts ermitten konnte“. Manche Liederbücher nennen als Herkunft „Berlin um 1811“[12]):

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Weitere alternative Melodiefassung,[12][13] nach dem Volkslied Was kann einen mehr ergötzen:[14][15][16]

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Literatur

  • Max Friedlaender: Das deutsche Lied im 18. Jahrhundert. Quellen und Studien. J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart / Berlin 1902, S. 424 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Ernst Klusen: Deutsche Lieder. zweite Auflage. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-458-04827-8, S. 810, 857.
  • Ingeborg Weber-Kellermann: Das Buch der Weihnachtslieder. 151 deutsche Advents- und Weihnachtslieder. 12. Auflage. Schott, Mainz 2008, ISBN 978-3-254-08213-8, S. 248 ff.
  • Wir singen die schönsten Weihnachtslieder. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2008, ISBN 978-3-451-30097-4, S. 18, 61.

Weblinks

Commons: Morgen, Kinder, wird’s was geben – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Der Abschnitt zur Entstehung des Liedes beruht weitgehend auf Friedlaender 1902, S. 424
  2. a b Karl Friedrich Splittegarb: Lieder zur Bildung des Herzens. 2. Auflage. Franke, Berlin 1795, S. 317–319 (Digitalisat).
  3. Johann Heinrich Campe (Hrsg.): Kleine Kinderbibliothek. Achtes Bändchen. Herold, Hamburg 1782, S. 1–2 (Digitalisat).
  4. Georg Büchmann, fortgesetzt von Walter Robert-tornow, Konrad Weidling und Eduard Ippel: Geflügelte Worte; der Zitatenschatz des deutschen Volkes. 26. Auflage. Haude & Spener, Berlin 1919, S. 208 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Christian Adolph Overbeck: Fritzchens Lieder. 1781. Neue Ausgabe. Campe, Hamburg 1831 (Digitalisat der Neuausgabe 1831 in der Google-Buchsuche)
  6. a b Carl Gottlieb Hering: Neue praktische Singschule für Kinder nach einer leichten Lehrart. Band 4. Fleischer, Leipzig 1809, S. 32–33 (Digitalisat).
  7. Klusen: Deutsche Lieder. S. 857
  8. Martin Friedrich Philipp Bartsch: Melodien zur Liedersammlung zur Erhebung, Veredlung und Erfreuung des Herzens, ein angenehmes, nützliches und dauerndes Weihnachts-, Neujahrs- und Geburtstagsgeschenk für die deutsche Jugend. Platen, Berlin 1811, S. 210 (Scan der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn bei Wikimedia Commons, PDF, 7,15 MB).
  9. a b Weber-Kellermann 2008, S. 249
  10. Wir singen die schönsten Weihnachtslieder, S. 61
  11. Gerhard Blail: O du fröhliche. Die Geschichte unserer schönsten Weihnachtslieder. 1. Auflage. Quell Verlag, Stuttgart 1994, ISBN 3-7918-2801-0, S. 10.
  12. a b Hildegard Meyberg (Hrsg.): Laßt uns singen in der Weihnachtszeit. Auer, Donauwörth 1985, ISBN 3-403-01602-1, S. 95 f.
  13. Johann Nepomuk Ahle (Hrsg.): Geistlicher Christbaum. 7. Heft: Kleinere Weihnachtsspiele, Lieder, Gedichte. Pustet, Regensburg 1873, S. 31 f. (Digitalisat).
  14. Hoffmann von Fallersleben, Ernst Richter: Schlesische Volkslieder, Leipzig 1842, S. 209 f. (Textarchiv – Internet Archive)
  15. Ludwig Erk (Hrsg.): Deutscher Liederhort: Auswahl der vorzüglichern deutschen Volkslieder aus der Vorzeit und der Gegenwart mit ihren eigenthümlichen Melodien. Enslin, Berlin 1856, S. 368 f. (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  16. Ludwig Erk, Franz Magnus Böhme (Hrsg.): Deutscher Liederhort. Band 3. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1894, S. 312 f. (Digitalisat).