Mudschahid
Der Ausdruck Mudschahid (arabisch مجاهد
, DMG
‚Kämpfer‘, Mehrzahl Nominativ Mudschāhidūn und Genitiv/Akkusativ Mudschāhidīn) ist, wie auch der Begriff Dschihad, von arabisch جَهَدَ, DMG
‚sich bemühen, streben, sich anstrengen‘[1] abgeleitet und bedeutet ins Deutsche übersetzt „jemand, der Dschihad betreibt“. Er wird vor allem in Massenmedien oft irreführend als Gotteskrieger übersetzt.
Das Wort wird im Zusammenhang mit dem Islam verwendet und bezeichnet dann in der Regel islamistische Kämpfer oder islamistische Guerilla-Gruppierungen. Islamische Widerstandskämpfer und Terrorgruppen nennen sich selbst Mudschahidin. Fälschlicherweise wird auch die Form Mudschaheddin[2] verwendet. Außerdem wird in der Aussprache des iranischen Persischen das kurze i zu e und das kurze u zum o abgeschliffen, nicht hingegen im afghanisch-tadschikischen Dari-Persischen. Da der Begriff im Verlauf des Krieges islamischer Kämpfer gegen die Sowjetunion in Afghanistan im Westen populär wurde, hat sich die Variante mit iranisch-persischer Aussprache weit verbreitet.
Der Begriff kann sich aber auch allgemeiner auf Personen beziehen, die sich um die Verbreitung oder Verteidigung des Islam bemühen oder individuell bestrebt sind, „Gottes Weg zu folgen“. In diesem Sinne kann jemand, der seinen Glauben (z. B. den Islam) studiert und diesen reinen Gewissens lebt, ebenfalls ein Mudschahid sein.
Mudschahidin in Afghanistan
Als Mudschahedin bezeichneten sich die verschiedenen Guerilla-Gruppierungen, die von 1979 bis 1989 in Afghanistan gegen die sowjetischen Truppen und die von ihnen gestützte kommunistische Regierung (Sowjetische Intervention in Afghanistan) kämpften. Sie erhielten finanzielle und materielle Unterstützung vor allem von den Vereinigten Staaten, Pakistan und Saudi-Arabien. Die Waffenlieferungen und die Ausbildung vieler Kämpfer wurden vor allem vom US-amerikanischen Geheimdienst CIA und dem pakistanischen Geheimdienst ISI organisiert. Die CIA investierte im Rahmen der verdeckten Operation Cyclone mehrere Milliarden US-Dollar in die islamistischen Aufständischen. Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen 1989 kam es zum Bürgerkrieg zwischen den verschiedenen Mudschahedin-Gruppierungen.
Um den Widerstand gegen die sowjetische Besatzung in Afghanistan anzuspornen, hatten die USA unter anderem mehrere Millionen Dollar in gewaltverherrlichende Lehrbücher investiert. Diese Bücher mit Gewaltdarstellungen und militanten islamistischen Lehren brachten den afghanischen Schulkindern die Lehre vom Dschihad im Sinne vom „Heiligen Krieg“ nahe.[3] Diese Bücher wurden ebenfalls in Lagern für afghanische Flüchtlinge in Pakistan im Unterricht eingesetzt. Auch die Taliban verwendeten die von den USA produzierten Bücher. Um die Bücher mit ihrer Ideologie des Bilderverbots in Einklang zu bringen, wurden die menschlichen Gesichter darin herausgeschnitten.[3]
Name | Name in Deutsch | Führer | Ausrichtung | Basis der Parteiführung |
Mahaz-i Milli-yi Islami-yi Afghanistan | Nationale Islamische Front | Pir Sayyid Said Ahmad Gilani |
Traditionell-nationalistisch, monarchistisch | Peschawar |
Jabhah-i Nijat-i Milli-yi Afghanistan | Nationale Befreiungsfront Afghanistans | Sibghatullah Modschaddedi | Traditionell-nationalistisch | Peschawar |
Harakat-i Inqilab-i Islami-yi Afghanistan | Bewegung für die islamische Revolution | Mawlawi Muhammad Nabi Muhammadi |
Traditionell-islamistisch | Peschawar |
Hizb-i Islami-yi Afghanistan, Hekmatyār | Islamische Partei Afghanistans | Gulbuddin Hekmatyār | Radikal-islamistisch | Peschawar |
Hizb-i Islami-yi Afghanistan, Chalis | Islamische Partei Afghanistans, Chalis | Junis Chalis | Islamistisch, Anti-Schiitisch | Peschawar |
Jamʿiyyat-i Islami-yi Afghanistan | Islamische Versammlung Afghanistans | Burhānuddin Rabbāni | Moderat-islamistisch | Peschawar |
Ittihad-i Islami Bara-yi Azadi-yi Afghanistan | Islamische Einheit für die Freiheit Afghanistans | Abdul Rasul Sayyaf | Radikal-islamistisch, Anti-Schiitisch, Salafistisch | Peschawar |
Shura-yi Inqilab-i Ittifaq-i Islami-yi Afghanistan | Rat der islamischen Vereinigung | Sayed Ali Behishti | Schiitisch, traditionell-nationalistisch | Hazaradschat |
Sazman-i Nasr-i Inqilab-i Islami-yi Afghanistan | Organisation für den Sieg der islamischen Revolution | Muhammad Hussain Sadiqi | Schiitisch, Pro-Chomeini-islamistisch | Iran |
Pasdaran-i Jihad-i Islami-yi Afghanistan | Wächter des islamischen Dschihads | Ali Jan Zahedi | Schiitisch, Pro-Chomeini-islamistisch | Iran |
Hizbullah | Partei Gottes | Sheikh Wusuqi Qari Ali Ahmed Darwazi |
Schiitisch, Pro-Chomeini-islamistisch | Iran |
Mudschahidin im Iran
Mudschahidin in den Jugoslawienkriegen
Auch im Bosnienkrieg kämpften ausländische Freiwillige, größtenteils ehemalige Afghanistankämpfer, als sogenannte Mudschahedin (mudžahedin) ab 1992 auf Seiten der bosnisch-muslimischen Streitkräfte.
Während des Bosnienkrieges kam es zu zahlreichen Gräueltaten von Mudschahedin, unter anderem unter der Führung des Oberbefehlshabers der bosnischen Armee, Rasim Delić, an Serben und Kroaten in Zentralbosnien und der Region von Ozren. Auf Befehl von Osama bin Laden kämpften die al-Qaida-Anhänger während des gesamten Krieges mit der bosnischen Armee an vorderster Front.[6]
Literatur
- Robert D. Kaplan: Soldiers of God. With Islamic Warriors in Afghanistan and Pakistan. Vintage Books, New York 2001, ISBN 978-1-4000-3025-5.
Weblinks
Anmerkungen
- ↑ Hans Wehr: Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart, vierte Auflage, Beirut und London 1976, Seite 128.
- ↑ Die Form Mudschaheddin (mit falschem Doppel-d und betont auf der vorletzten Silbe) ist eine von fachfremden Journalisten verbreitete Form, die sowohl der arabischen als auch der persischen Aussprache widerspricht, da in keiner der beiden Sprachen das Wort auf der vorletzten Silbe betont wird, sondern auf der drittletzten Silbe im Arabischen bzw. der letzten Silbe im Persischen. Die Redaktion des Dudens empfiehlt die Schreibweise „Mudschahedin“ (ohne doppeltes d).
- ↑ a b From U.S., the ABC’s of Jihad, in: Washington Post vom 23. März 2002, abgerufen via Global Issues am 30. September 2014 (englisch)
- ↑ Elisabeth Leake: Afghan Crucible. The Soviet Invasion and the Making of Modern Afghanistan. Oxford University Press, Oxford 2022, ISBN 978-0-19-884601-7, S. 281–282 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Barnett R. Rubin: The Fragmentation of Afghanistan. State Formation and Collapse in the International System. 2. Auflage. Yale University Press, New Haven (CT) 2002, ISBN 978-0-300-09519-7, S. 208–209 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Die Zeit: Schule des Hasses auf dem Balkan – Wie bin Ladens Al-Qaida in Bosnien Fuß fasste