Muhō Nölke

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Muhō Nölke als Abt im japanischen Kloster Antai-ji

Muhō (jap.

(ネルケ)無方

, (Neruke) Muhō, eigentlich Olaf Nölke; * 1968 in Berlin) ist ein deutscher Zenmeister, Autor und Übersetzer. Er stand zwischen 2002 und 2020 dem japanischen Kloster Antaiji in der Präfektur Hyōgo als neunter Abt vor.[1][2] In Deutschland ist er auch durch seine Übersetzungen der Werke Sawaki Kōdōs bekannt, dessen Traditionslinie er in Japan als Stammhalter vertritt. Muhō ist verheiratet, Vater von drei Kindern und lebt seit 2021 wieder in Osaka.[3]

Leben

Viele Werke des Zen-Meisters Kodo Sawaki wurden von Muhō Nölke aus dem Japanischen ins Deutsche übersetzt

Muhō wurde als Olaf Nölke in Berlin geboren, wuchs aber in Braunschweig und Tübingen auf. Im Alter von sieben Jahren verlor er seine Mutter und stellte sich früh die Frage nach dem Sinn des Lebens.[4] Mit Zen kam er als Gymnasiast in einem Braunschweiger Internat in Kontakt.[5] Zum ersten Mal spürte Muhō beim Zazen im Gymnasium, dass er einen Körper hatte, dass Körper und Geist eine Einheit ist, die Haltung bestimmt diese Einheit und die Wahrnehmung der Welt„... da wusste ich, das ist es, was ich mein Leben lang machen möchte“.[4]

Während des Studiums (1987–1993) der Japanologie, Philosophie und Physik an der Freien Universität Berlin, praktizierte er von 1987 bis 1990 Zen bei Ludger Tenryu Tenbreul, einem langjähriger Schüler von Taisen Deshimaru und verbrachte anschließend ein Jahr (1990) in Japan. Sechs Monate davon wohnte er im Sōtō-Zen Tempel Antai-ji, wo er später auch zum Zenmeister ausgebildet wurde. Nach dem Abschluss des Magisterstudiums ordinierte er ebendort und erhielt den Namen „Muho“. Er bedeutet „offen für alle Richtungen sein“.

Unter der Leitung von Keidō Fukushima (1933-2011), einem japanischer Rinzai-Zenmeister der dem Tōfuku-ji in Kyōto als Abt vorstand, praktizierte er vom Oktober 1995 bis August 1996 im Rinzai Kloster.

Am Anfang seiner Ausbildung im Antaiji sagte sein Meister: „Du erschaffst Antaiji. Was du hier sehen und erfahren kannst, liegt an dir. Du musst Buddha werden. Wenn du in Antaiji nicht zum Buddha wirst, gibt es Buddha nirgendwo. In gewisser Weise geht es nur um dich.“ Nachdem er einige Fehler als Tenzo (Koch) machte sagte sein Meister das Gegenteil: "Es geht hier nicht um dich!"

Dieser Widerspruch war für ihn eine wichtige Erkenntnis, da ihm bewusst wurde, dass Zen-Praxis auch bedeutet, von sich selbst abzusehen, um sich in jeder kleinen Erfahrung wiederzufinden.[3]

Nach Abschluss seiner Ausbildung in Antaiji erhielt Muhō 1999 die Übertragung des Dharma (Shihō) von seinem Meister Shinyū Miyaura dem 8. Abt von Antaiji. Er wurde damit als eigenständiger Meister der Sōtō-Schule anerkannt.[6] Nach dem Tod seines Meisters 2002 wurde er zum Abt ernannt. In Antaiji lebte er mit einer Gruppe von Novizinnen und Novizen, aber auch mit seiner Frau und drei Kindern.[4] Seitdem er zum Nachfolger seines Meisters berufen wurde, ist er sowohl in Japan als auch im Ausland, insbesondere in Deutschland und der Schweiz, als Zenlehrer aktiv.[5]

Medien

Muhō ist Autor von rund zwanzig Büchern in deutsch und japanisch, übersetzte Bücher des japanischen Zen-Meisters Kodo Sawaki und des Philosophen Hitoshi Nagai ins Deutsche und ist im Radio und Fernsehen sowie im Internet sehr präsent (Blog, YouTube, Twitter …).[7]

So war er z. B. Hauptperson des ARD-Dokumentarfilms Der Abt von Antaiji (2005) und spielte sich selbst in Zen for Nothing (2016) von Werner Penzel. Seit 2016 unterrichtet er auch im Priesterseminar des Chigenji in der Präfektur Kyoto.[8]

In seinen Medienbeiträgen widmet er sich den alltäglichen Fragen von Glück und Gelassenheit sowie von Tod und Leben. Er vermittelt dabei einen verständlichen Einblick in den Zen-Buddhismus und zeigt auf, wo sich dieser in weltlichen und christlichen Werten wiederfinden lässt. Das Leben im Augenblick und die Kunst des Loslassens, zentrale Aspekte des Zen-Buddhismus, werden dabei erklärt und aufgezeigt, wie diese gelebt werden können.[9][7]

Veröffentlichungen

Auf Deutsch

  • Abt Muho: Zazen oder der Weg zum Glück. Rowohlt, 2007, ISBN 978-3-499-62203-8.
  • Abt Muho: Ein Regentropfen kehrt ins Meer zurück. Berlin-Verlag, 2016, ISBN 978-3-8270-1338-5.[10]
  • Muho Nölke: Futter für Pferd und Esel: Das Dôgen-Lesebuch. Angkor-Verlag, 2018, ISBN 978-3-943839-63-0.
  • Abt Muho: Das Meer weist keinen Fluss zurück. Berlin-Verlag, 2018, ISBN 978-3-8270-1380-4.
  • Abt Muho: Der Mond leuchtet in jeder Pfütze. Berlin-Verlag, 2020, ISBN 978-3-8270-1392-7.

Beiträge

  • Philosophierender Buddhismus, (Zusammen mit Hitoshi Nagai) Sangha 2019, ISBN 978-4-865-64161-5.

Auf Japanisch

  • Mayoeru mono no Zen shugyou. Shincho-shinsho, 2011, ISBN 4-10-610404-0.
  • Hadaka no Bousama. Sanga, 2012, ISBN 4-905425-12-3.
  • Tada suwaru. Kobunsha-shinsho, 2012, ISBN 978-4-334-03692-8.
  • Ikiru hint 33. Asahi-shinsho, 2012, ISBN 978-4-02-273099-2.
  • Otona ni naru tame no yatsu no shugyou. Shodensha, 2013, ISBN 4-396-11315-3
  • Mayoinagara ikiru. Daiwa-shobo, 2013, ISBN 978-4-479-01210-8
  • Dogen wo gyakuyunyu. Sanga, 2013, ISBN 978-4-905425-47-2
  • Nihonjin ni shukyo ha iranai. Best-shinsho, 2014, ISBN 978-4-584-12432-1
  • Yomu dake Zen shugyou. Asahi-shinbun-shuppan, 2014, ISBN 978-4-02-331321-7
  • Mayoi ha satori no dai-ippo. Shincho-shinsho, 2015, ISBN 978-4-10-610603-3
  • Ari no mama demo ii, ari no mama de nakute mo ii. Best-shinsho, 2015, ISBN 978-4-584-13631-7
  • Kokoro ni hibiku bukkyou no kingen 100. Takarajima-sha, 2015, ISBN 978-4-8002-4024-8
  • Naze nihonjin ha gosenzo-sama ni inoru no ka. Gentousha-shinsho, 2015, ISBN 978-4-344-98381-6
  • Bukkyou no tsumetasa, Kirisutokyou no ayausa. Best-shinsho, 2016, ISBN 978-4-584-12509-0
  • Magenai Doitsujin, kimenai Nihonjin. Sanga, 2016, ISBN 978-4-86564-055-7
  • Kyou wo shinu koto de, ashita wo ikiru. Best-shinsho, 2017, ISBN 978-4-584-12548-9

Übersetzungen

  • Kōdō Sawaki: Tag für Tag ein guter Tag. Angkor 2008. ISBN 978-3-936018-57-8
  • Kōdō Sawaki: An dich. Zen-Sprüche. Angkor 2005. ISBN 978-3-936018-40-0
  • Kōdō Sawaki: Zen ist die größte Lüge aller Zeiten. Angkor 2005. ISBN 978-3-936018-30-1
  • Kōshō Uchiyama: Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo. Angkor 2007, übersetzt gemeinsam mit Guido Keller ISBN 978-3-936018-51-6
  • Hitoshi Nagai: Penetre & ich: Philosophie für ein glückliches Leben. Berlin-Verlag 2021 ISBN 978-3-827014-35-1

Interwiews

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ulla Steuernagel: Ein Meister des Sitzens. Ex-Tübinger steht einem Zen-Kloster vor. (Memento vom 25. Juli 2014 im Internet Archive) Schwäbisches Tagblatt, 3. August 2010
  2. Antaiji – Abt Muho. Abgerufen am 13. April 2020.
  3. a b Muhō Nölke »Bis heute ist noch jedem das Sterben gelungen.« In: Muhō Nölke. Abgerufen am 2. April 2021.
  4. a b c „Echtes Glück bedeutet, auch unglücklich sein zu können“. In: Zen-Meister Muho Nölke. Abgerufen am 2. April 2021.
  5. a b Glück los. (Memento vom 25. Juli 2014 im Internet Archive) MAY Magazine, 14. September 2011
  6. Zen-Meister | Muhô Nölke. In: Zen-Guide Deutschland, Zen-Meister | Muhô Nölke. Zen-Guide Deutschland, abgerufen am 4. Februar 2021.
  7. a b Muho Nölke: Muho Nölke. In: YouTube de. Abgerufen am 1. Mai 2021.
  8. http://chigenji.com/oshirase.html
  9. „Der Mond leuchtet in jeder Pfütze“ – Lesung und Gespräch mit Abt Muho. Abgerufen am 4. April 2021.
  10. Hans Durrer: Warum wir uns vor dem Tod nicht fürchten müssen (Memento vom 18. Oktober 2016 im Internet Archive) Huffington Post, 12. Oktober 2016