Multiphonics

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Datei:Multiphonic Marigaux f-a+gis.ogg

Das (untypische) Frequenzspektrum dieses Klanges.

Unter Multiphonics versteht man in der Musik Techniken, durch bestimmte Griff- oder Blastechniken (bzw. das Einbringen von Gegenständen in Tasteninstrumente wie beim präparierten Klavier) mehr als einen Ton gleichzeitig auf einem Instrument zu erzeugen. Bei manchen Instrumenten werden diese Techniken auch Mehrklang oder Spaltklang genannt; daneben ist die Benennung Multiphonic gebräuchlich.

Akustisch gehen sie auf Kombinationswirkungen (Differenz- und Summationstöne) der jeweils beteiligten Teilschwingungen eines Klanges zurück. Beispielsweise ist es auf vielen Blasinstrumenten möglich, durch normales Anblasen eines Tons und gleichzeitiges Singen in das Mundstück, mehrere Töne gleichzeitig zu erzeugen. Bei unterschiedlich gespieltem und hineingesungenem Ton entstehen Obertöne, die so stark hörbar sind, dass sogar Akkorde erklingen können. Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzte Carl Maria von Weber in seinem "Concertino für Horn und Orchester" durch Multiphonics erzeugte Akkorde ein;[1] im Jazz wurden derartige Techniken bereits durch Adrian Rollini in den 20er Jahren verwendet.

In den 1960er Jahren setzten die Flötisten Roland Kirk und Jeremy Steig sowie in der Rockmusik Ian Anderson entsprechende Techniken ein. In der Neuen Musik wurden fast gleichzeitig entsprechende Techniken entwickelt und in die Komposition eingeführt. Aufbauend auf Severino Gazzelloni, der mit Luciano Berio zusammenarbeitete, entwickelte William O. Smith die Technik für die Klarinette. Daneben setzte der Oboist Heinz Holliger Multiphonics in der Komposition „Siebengesang“ (1966/1967) für Singstimmen, Oboe, Lautsprecher und Orchester und besonders in der „Studie über Mehrklänge“ (1971) für Oboe solo ein.

Für das Erzeugen von Summations- bzw. Differenztönen in Blasinstrumenten ist vor allem das Schwingungsverhalten der Luftsäule im Innenraum der Schallröhre und des Mundstücks entscheidend. Blechbläser wie Albert Mangelsdorff, Vinko Globokar oder Michel Godard (aber auch Flötisten) produzieren Mehrklänge zumeist durch gleichzeitiges Singen und Spielen unterschiedlicher Tonhöhen und die daraus resultierenden Kombinationstöne; Holzbläser wie Theo Jörgensmann verwenden dazu in der Regel spezielle Ansatztechniken und Veränderungen des Anblasdrucks (Überblasen) sowie spezielle Griffweisen. Mit diesen Techniken erzeugte Klänge hängen hochgradig von den akustischen Eigenschaften eines jeden Instruments, aber auch seines Spielers (z. B. Form und Größe des Rachenraums) ab.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Multiphonics – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. vgl. Faksimile der Partitur: Concertino für Horn und Orchester e-Moll: Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project