Nationalgarde (Russland)

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Nationalgarde
russisch Росгвардия

Emblem der Nationalgarde
Aufstellung Wiedergründung 2016
Staat Russland Russland
Typ Gendarmerie
Stärke 340 000 Mann[1]
Unterstellung Präsident
Netzauftritt https://rosguard.gov.ru/
Kommandeur
Befehlshaber Armeegeneral Wiktor Solotow
Oberbefehlshaber der Nationalgarde Armeegeneral Alexei Schewtschenko
Alte Bezeichnungen
1565–1572 Opritschnina
1827–1917 Separates Gendarmenkorps
1917–2016 Interne Truppen
Insignien
Truppenfahne Truppenfahne der Nationalgarde

Die Nationalgarde (russisch Росгвардия, Umschrift: Rosgwardija) von Russland ist eine Gendarmerie, die im Jahr 2016 als Nachfolger der Inneren Truppen des Innenministeriums (russ.: Внутренние войска Министерства внутренних дел) gegründet wurde. Befehligt wird die Nationalgarde seit ihrer Gründung von dem Armeegeneral Wiktor Solotow (* 1954). Sie gilt als eines der wichtigsten innenpolitischen Machtinstrumente der russischen Regierung.

Das Aufgabengebiet der Nationalgarde reicht vom Schutz der öffentlichen Ordnung, Kriminalitätsbekämpfung über die Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bis zur Beteiligung an Territorialverteidigung und dem Grenzschutz. Sie bewacht außerdem kritische staatliche Infrastrukturen.

Geschichte

Mit der Gründung der Nationalgarde entstand am 3. Juli 2016 in Russland ein neues föderales Sicherheitsorgan. Die „Inneren Truppen“ und die Spezialkräfte der Polizei wurden damit dem Innenministerium entzogen und direkt dem Präsidenten unterstellt. In die Nationalgarde wurden auch die ehemaligen Innenministeriums-Spezialkräfte OMON und SOBR eingegliedert. Hinter der Restrukturierung von Russlands inneren Sicherheitsorganen stand nach einer Einschätzung von Margarete Klein (SWP) offenbar Wladimir Putins Sorge um die Stabilität des von ihm geschaffenen politischen Systems. Die Neuaufstellung fiel in die Zeit einer anhaltenden Wirtschaftskrise und wichtiger Wahlen. Dabei solle nach Einschätzungen Kleins die Nationalgarde nicht nur als Repressionsinstrument gegen mögliche Massenproteste dienen, sondern auch als Disziplinierungsmittel gegen potentiell illoyale Elitengruppierungen im Land.[2] Sie fungiert als persönliches Instrument des Präsidenten, um die Eliten zu disziplinieren. Im Zuge der Wirtschaftskrise schrumpfte Putins Möglichkeit, ökonomische Ressourcen sowie politische Ämter an ihm loyale Eliten zu verteilen. Seit 2012 schränkte er seinen politischen Manövrierraum selbst ein, indem er reformorientierte Technokraten schwächte und die aus den Militär- und Sicherheitskreisen stammenden »Silowiki« stärkte.

Die Nationalgarde stärkt Putins Macht gegenüber den Elitengruppierungen, so Klein. Sie ist ihm direkt unterstellt und wird von Wiktor Solotow, einem seiner engsten Vertrauten, geleitet. Auch Solotow stammt aus dem ehemaligen KGB.

Aufgaben, Kompetenzen und Ausrüstung

Die Vollmachten der Nationalgarde reichen von polizeilichen Personenkontrollen, Hausdurchsuchungen und Ingewahrsamnahme bis hin zu robusten militärischen Zwangsmaßnahmen. Zur Gefahrenabwehr darf mittels Schusswaffen ohne Vorwarnung in Menschenmengen gefeuert werden. Bei der Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus oder bei Geiselnahmen ist es der Nationalgarde erlaubt, Militär- und Spezialtechnik einzusetzen.[2]

Die Nationalgarde verfügt über ein breites Arsenal an Waffen – von nichttödlichen Mitteln, etwa Akustik-Waffen, über Maschinengewehre bis hin zu Schützenpanzern und Raketenwerfern.

Kräfte und Organisation

Die Nationalgarde ist in der gesamten Russischen Föderation aktiv und rückte im Jahr 2022 in die von Russland besetzten Gebiete der Ukraine nach.[3] Ihr Rückgrat bilden die „Inneren Truppen“ als paramilitärische Einheit mit einer Stärke von 170 000 bis 180 000 Personen. In diesen Truppen dienen auch Wehrpflichtige. Sie sind mit schwerem militärischem Gerät ausgestattet.

Hinzu kommen die ebenfalls mit schweren Waffen ausgestatteten Spezialkräfte der Polizei, darunter die für die Auflösung von Protesten zuständigen OMON-Kräfte mit ca. 30 000 Personen und die für Terrorismusbekämpfung ausgebildeten OMSN/SOBR-Einheiten mit 4000 bis 5000 Personen. Aus der Ukraine geflüchtete Berkut-Mitglieder gelangten ebenfalls in die Einheit und wurden im Einsatz gegen Nawalny-Demonstrationen gesehen.[4]

Ebenfalls der Nationalgarde angegliedert sind Verwaltungs- und Schulungseinrichtungen sowie das föderale Staatsunternehmen »Ochrana« (nach der zaristischen Geheimpolizei benannt), welches Wach- und Schutzdienste für Privatpersonen und Unternehmen anbietet.[2]

Russischer Überfall auf die Ukraine 2022

Seit dem 24. Februar 2022 ist die Nationalgarde beim russischen Überfall auf die Ukraine 2022 im Einsatz. Im März wurden 12 Angehörige der Nationalgarde und im Mai 2022 115 entlassen weil sie nicht in die Ukraine wollten.[5] Ende August 2022 waren die Namen von 245 getöteten Angehörigen der verschiedenen Einheiten bekannt. Gemäß einem Denkmal auf dem Gelände der 25. Spezialeinheit aus Kasan hat diese Einheit während des bis dahin sechsmonatigen Krieges in der Ukraine mit zehn seiner Angehörigen so viele Angehörige verloren wie während der 10 Jahre des bewaffneten Konflikts in Tschetschenien.[6]

Literatur

  • Martin Malek: Die neue Nationalgarde Russlands. „Prätorianergarde“ oder Einheit zur Terrorbekämpfung? SIAK-Journal – Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (2/2017), S. 87–98, doi:10.7396/2017_2_H.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Меликов уточнил задачи Росгвардии. 3. Februar 2017, abgerufen am 24. November 2020 (russisch).
  2. a b c Magarete Klein: Russlands neue Nationalgarde. Eine Rückversicherung für Putin gegen Massenproteste und illoyale Eliten. SWP 2016
  3. In Cherson zeigt sich die Brutalität des Regimes, Tages-Anzeiger, 15. März 2022, S. 1
  4. Wie Cherson von der Ukraine abgespalten werden soll, Tages-Anzeiger, 15. März 2022, S. 4
  5. Putin entlässt mehr als 100 Mitglieder seiner „Privatarmee“ – weil sich die Soldaten weigerten, in der Ukraine zu kämpfenBusiness Insider am 31. Mai 2022, abrufen am 31. Mai 2022
  6. Элитные специалисты. Кого именно потеряла российская армия в Украине. BBC Russian Service, 1. September 2022.

Koordinaten: 55° 45′ 33,3″ N, 37° 41′ 50,3″ O