Newton-Cotes-Formel für
n = 2
Eine Newton-Cotes-Formel (nach Isaac Newton und Roger Cotes) ist eine numerische Quadraturformel zur näherungsweisen Berechnung von Integralen. Diesen Formeln liegt die Idee zu Grunde, die zu integrierende Funktion durch ein Polynom zu interpolieren und dieses als Näherung exakt zu integrieren. Die Stützstellen der Interpolation werden dabei äquidistant gewählt.
Herleitung
Für das zu integrierende Interpolationspolynom
vom Grad
werden die Stützstellen
![{\displaystyle a\leq x_{0}<x_{1}<\dotsb <x_{n}\leq b}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/732bf76475809343b920eead76652dc8e737338f)
äquidistant mit dem konstanten Abstand
so gewählt, dass sie symmetrisch zur Intervallmitte
des Integrationsintervalls
liegen. Somit gilt
.
Mit
(und somit
) erhält man
Intervalle der Länge
und somit
und
. Diese Formeln werden abgeschlossene Newton-Cotes-Formeln genannt.
Mit
(und somit
) erhält man offene Quadratur-Formeln:
- Wählt man
(und somit
), erhält man
Intervalle der Länge
und somit
und
. Diese Formeln werden offene Newton-Cotes-Formeln genannt.
- Wählt man
(und somit
), erhält man
Intervalle der Länge
und somit
und
. Diese Formeln werden Maclaurin-Formeln genannt.
Zur numerischen Integration von
wird das Interpolationspolynom
der Funktion
zu den gegebenen Stützstellen herangezogen. Für dieses gilt:
,
wobei
die Lagrange-Basispolynome sind. Daraus folgt:
.
Definition
Für die Newton-Cotes-Formel folgt dann:
![{\displaystyle \int \limits _{a}^{b}f(x)\,dx\approx \int \limits _{a}^{b}p_{n}(x)\,dx=(b-a)\sum _{i=0}^{n}w_{i}f(x_{i})}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/3c199bd043bacbd324a70678019044cbedb2edc5)
mit den Gewichten
![{\displaystyle w_{i}={\frac {1}{b-a}}\int \limits _{a}^{b}l_{i}(x)\,dx}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/ca37815b42fca9a9c041c1ce2052b875bbb95b02)
Die Gewichte sind symmetrisch, das heißt
.
![{\displaystyle l_{i}(x)=\prod _{\begin{smallmatrix}0\leq j\leq n\\j\neq i\end{smallmatrix}}{\frac {x-x_{j}}{x_{i}-x_{j}}}={\frac {(x-x_{0})\dotsm (x-x_{i-1})(x-x_{i+1})\dotsm (x-x_{n})}{(x_{i}-x_{0})\dotsm (x_{i}-x_{i-1})(x_{i}-x_{i+1})\dotsm (x_{i}-x_{n})}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/1be2a7179de8cd8c37ac5104662f1dc6cccb11f0)
Wegen der speziellen Wahl der Stützstellen integrieren die Quadraturformeln bei ungeradem
Polynome bis zum Grad
, bei geradem
sogar bis zum Grad
exakt. Somit sind Quadraturformeln mit geradem
(also einer ungeraden Anzahl an Stützstellen) denen mit ungeradem
vorzuziehen. Diese Eigenschaft nennt man auch den Genauigkeitsgrad der Quadraturformel.
Speziell gilt für
, dass
und somit
.
Falls
, was bei Gewichten mit verschiedenen Vorzeichen der Fall ist, besteht die Gefahr, dass sich die Rundungsfehler aufschaukeln oder Auslöschung eintritt. Daher sind aus numerischen Gründen Quadraturformeln mit positiven Gewichten zu bevorzugen. Da für großes
das Interpolationspolynom
unbrauchbar ist, sind ebenso Quadraturformeln mit großem
nicht empfehlenswert. Will man bessere Näherungen erreichen, so empfiehlt sich die Verwendung von summierten Quadraturformeln.
![{\displaystyle E(f)=\int \limits _{a}^{b}f(x)\,dx-\int \limits _{a}^{b}p_{n}(x)\,dx}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/530d1b0f18a814d822065106b14a0cbac3b725f3)
ist der Fehler (Verfahrensfehler), der bei der Anwendung der Quadraturformel gemacht wird. Dieser hat bei der speziellen Wahl der Stützstellen für
-mal auf
stetig differenzierbar reellwertige Funktionen
immer die Form
,
wobei
eine von
unabhängige Konstante und
ein nur in Ausnahmefällen bekannter Zwischenwert ist. Wäre er generell bekannt, könnte man
und somit auch das Integral exakt ausrechnen, im Widerspruch zu der Tatsache, dass es unendlich viele Integrale gibt, die man nicht exakt berechnen kann. Der Fehler ist Null für alle Funktionen, deren
-te Ableitung Null ist, also für alle Polynome vom Grad kleiner/gleich
. Somit ist
der Genauigkeitsgrad der Quadraturformel. Der Wert
wird auch als (polynomiale) Ordnung der Quadraturformel bezeichnet.
Mit Hilfe des Verfahrensfehlers erhält man die Fehlerabschätzung:
.
Der exakte Fehler ist immer kleiner/gleich als diese Fehlerabschätzung, wie auch die unten angegebenen Beispiele zeigen.
Abgeschlossene Newton-Cotes-Formeln
Die angegebenen Stützstellen
gelten für das Integrationsintervall
:
. Für ein allgemeines Intervall
sind die Stützstellen
.
|
Name
|
Stützstellen
|
Gewichte
|
|
1 |
Trapezregel Sehnentrapezregel
|
|
|
|
2 |
Simpson-Regel Keplersche Fassregel
|
|
|
|
3 |
3/8-Regel Pulcherrima
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|
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4 |
Milne-Regel Boole-Regel
|
|
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|
5 |
6-Punkt-Regel
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|
6 |
Weddle-Regel (nach Thomas Weddle, 1817–1853)[1]
|
|
|
|
Die gekürzten Werte aller Gewichte bis
betragen:[2]
n=1: {1/2, 1/2}
n=2: {1/6, 2/3, 1/6}
n=3: {1/8, 3/8, 3/8, 1/8}
n=4: {7/90, 16/45, 2/15, 16/45, 7/90}
n=5: {19/288, 25/96, 25/144, 25/144, 25/96, 19/288}
n=6: {41/840, 9/35, 9/280, 34/105, 9/280, 9/35, 41/840}
n=7: {751/17280, 3577/17280, 49/640, 2989/17280, 2989/17280, 49/640, 3577/17280, 751/17280}
n=8: {989/28350, 2944/14175, -464/14175, 5248/14175, -454/2835, 5248/14175, -464/14175, 2944/14175, 989/28350}
n=9: {2857/89600, 15741/89600, 27/2240, 1209/5600, 2889/44800, 2889/44800, 1209/5600, 27/2240, 15741/89600, 2857/89600}
n=10: {16067/598752 , 26575/149688 , -16175/199584 , 5675/12474 , -4825/11088 , 17807/24948 , -4825/11088 , 5675/12474 , -16175/199584 , 26575/149688 , 16067/598752}
Für
gilt
für
und
Für
gilt
Beispiel:
Näherung mit Simpson-Regel (
). Es gilt
und
.
![{\displaystyle \int \limits _{1}^{3}p_{2}(x)\,dx=2\cdot \left({\frac {1}{6}}f(1)+{\frac {4}{6}}f(2)+{\frac {1}{6}}f(3)\right)=2\cdot \left({\frac {1}{6}}\cdot 1+{\frac {4}{6}}\cdot {\frac {1}{2}}+{\frac {1}{6}}\cdot {\frac {1}{3}}\right)={\frac {10}{9}}=1{,}{\overline {1}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/84e953ca2ae4944c3bb0ee862a62587d401b11a9)
Verfahrensfehler: Mit
erhält man
mit
Fehlerabschätzung:
Exakter Fehler:
Offene Newton-Cotes-Formeln
Die Stützstellen
gelten für das Integrationsintervall
:
. Für ein allgemeines Intervall
sind die Stützstellen
.
|
Name
|
Stützstellen
|
Gewichte
|
|
0 |
Rechteckregel Mittelpunktsregel Tangententrapezregel |
![{\displaystyle {\frac {1}{2}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/a11cfb2fdb143693b1daf78fcb5c11a023cb1c55) |
![{\displaystyle 1\quad }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/524372005505bc6ed175f1672cbb2076db1229c1) |
|
1 |
|
|
|
|
2 |
|
|
|
|
3 |
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|
|
|
4 |
|
|
|
|
5 |
|
|
|
|
6 |
|
|
|
|
Für
gilt
Für
gilt
Von diesen Formeln ist nur die Rechteckregel empfehlenswert. Die Formel für
hat bei höherem Aufwand die gleiche Ordnung wie die Rechteckregel, die höheren Formeln haben negative Gewichte.
Beispiel:
Näherung mit der Formel für
. Es gilt
und
.
.
Verfahrensfehler: Mit
erhält man
mit
.
Fehlerabschätzung:
Exakter Fehler:
Maclaurin-Quadraturformeln
Diese Formeln sind nach Colin Maclaurin benannt. Die Stützstellen
gelten für das Integrationsintervall
:
. Für ein allgemeines Intervall
sind die Stützstellen
.
|
Name
|
Stützstellen
|
Gewichte
|
|
0 |
Rechteckregel Mittelpunktsregel Tangententrapezregel |
![{\displaystyle {\frac {1}{2}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/a11cfb2fdb143693b1daf78fcb5c11a023cb1c55) |
![{\displaystyle 1\quad }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/524372005505bc6ed175f1672cbb2076db1229c1) |
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1 |
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|
2 |
|
|
|
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3 |
|
|
|
|
4 |
|
|
|
|
Für
gilt
Für
gilt
Beispiel:
Näherung mit der Formel für
. Es gilt
und
.
![{\displaystyle \int \limits _{1}^{3}p_{2}(x)\,dx=2\cdot \left({\frac {3}{8}}f\!\left({\frac {4}{3}}\right)+{\frac {2}{8}}f\!\left({\frac {6}{3}}\right)+{\frac {3}{8}}f\!\left({\frac {8}{3}}\right)\right)=2\cdot \left({\frac {3}{8}}\cdot {\frac {3}{4}}+{\frac {2}{8}}\cdot {\frac {3}{6}}+{\frac {3}{8}}\cdot {\frac {3}{8}}\right)={\frac {105}{96}}=1{,}09375}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/6844de1f9c1e4ad12d2b8230e0107e6eb0d8ef2e)
Verfahrensfehler: Mit
erhält man
mit
.
Fehlerabschätzung:
Exakter Fehler:
Summierte Newton-Cotes-Formeln
Ab Grad 8 treten bei vielen Newton-Cotes-Formeln negative Gewichte auf, was die Gefahr der Auslöschung mit sich bringt. Außerdem kann man im Allgemeinen keine Konvergenz erwarten, da die Polynominterpolation schlecht konditioniert ist. Bei größeren Integrationsbereichen
unterteilt man diese daher in einzelne Teilintervalle und wendet auf jedes einzelne Teilintervall eine Formel niedriger Ordnung an.
Literatur
- Hans R. Schwarz, Norbert Köckler: Numerische Mathematik. 6. Auflage. Teubner, Stuttgart 2006, ISBN 3-519-42960-8, S. 311–316.
- Roland W. Freund, Ronald H. W. Hoppe: Stoer/Bulirsch: Numerische Mathematik 1. 10. Auflage. Springer, Berlin 2007, ISBN 978-3-540-45389-5, S. 164–169.
- Michael R. Schäferkotter, Prem K. Kythe: Handbook of Computational Methods for Integration. Chapman & Hall, Boca Raton 2005, ISBN 1-58488-428-2, S. 54–62, 503–505.
- Günter Bärwolf: Numerik für Ingenieure, Physiker und Informatiker. ISBN 978-3-8274-1689-6, Spektrum, München 2007, S. 128.
- Gisela Engeln-Müllges, Klaus Niederdrenk, Reinhard Wodicka: Numerik-Algorithmen : Verfahren, Beispiele, Anwendungen. ISBN 978-3-642-13472-2, Springer, Berlin und Heidelberg 2011.
Einzelnachweise
- ↑ Thomas Weddle (Newcastle-upon-Tyne): A new simple and general method of solving numerical equations of all orders. Hamilton, Adams & Co. and J. Philipson, London 1842 (Internet Archive – 52 S.).
- ↑ WolframAlpha. wolframalpha.com. Abgerufen am 14. September 2019.