Nicolas Blancho

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Nicolas Andrev Blancho[1] (genannt Abu Ammar AbdUllah[2] oder AbdAllah, * 12. September 1983 in Biel/Bienne) ist Schweizer Präsident des Vereins Islamischer Zentralrat Schweiz (IZRS)[3] sowie Vorstandsmitglied im «Dachverband Kulturelle Gemeinschaft der Muslime Biel» (KGMB)[4] und lehrt u. a. in der Ar-Rahman-Moschee in Biel,[5] die dem «Verein Arrisala» angehört.[6]

Leben

Laut einem Bericht der Weltwoche wuchs Blancho in einer liberal denkenden Familie in Biel konfessionslos auf.[7][8] Nach der Sekundarschule begann er zuerst eine Druckerlehre. Mit 16 Jahren konvertierte Blancho zum sunnitischen Islam. Er brach die Lehre ab, holte dann das Gymnasium nach und studierte 2007 Islamwissenschaften und Jura an der Universität Bern.

Blancho gründete 2004 die Firma „Alquds Food GmbH“ mit dem Zweck, Lebensmittel insbesondere aus Tunesien zu importieren. Die Firma wurde 2007 wieder aufgelöst. Zusammen mit Abdul Hamid Al-Fayek gründete er 2006 die Lebensmittel Import- und Exportfirma „A & B Tradex GmbH“, die 2013 wieder aufgelöst wurde.[1][9]

Blancho spricht fliessend Deutsch, Französisch und Arabisch.[10] Er ist verheiratet und zweifacher Vater.[11]

Blancho vertritt einen wahhabitisch geprägten Islam nach saudischem Vorbild, der eine zeitgemässe Interpretation der heiligen Schriften ausschliesst.[12] Er bezeichnete die Steinigung als „ein Bestandteil, ein Wert meiner Religion“, der aber im Schweizer Kontext nicht zur Anwendung kommen solle.[9] Seit 2003 ist bekannt, dass sich Blancho für die Einführung der Scharia in der Schweiz einsetzt.[10] Im Jahr 2006 organisierte Blancho eine nationale Demonstration gegen die Mohammed-Karikaturen.[10]

Blancho ist Präsident des Islamischen Zentralrats Schweiz (IZRS). Ein Ziel Blanchos ist es, ein Netzwerk von Muslimen aufzubauen – mit muslimischen Ärzten, Taxifahrern, Bäckern et cetera.[10]

Blancho ist überschuldet und wurde mehrmals strafrechtlich verurteilt.[13]

Kontroversen

Blancho bzw. der Islamische Zentralrat Schweiz wurden in der Presse als gefährliche Islamisten charakterisiert.[7] Tariq Ramadan bezeichnete ihn als „Randerscheinung in der muslimischen Landschaft“.[14] Weitere Zeitungsartikel behaupteten Verbindungen zu Terroristen.[15][9][16][17][7] Markus Seiler, Direktor vom Nachrichtendienst des Bundes, meinte dagegen im Mai 2010 zum Zentralrat: „Es geht beim IZRS um ideologischen, nicht um gewalttätigen Extremismus.“[18]

Im November 2016 leitete die Schweizer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen dschihadistischer Propaganda und eines möglichen Verstosses gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen al-Qaida und Islamischer Staat (IS) sowie verwandter Organisationen gegen Blancho und Qaasim Illi ein.[19] Der Islamische Zentralrat veröffentlichte 2015 einen Syrien-Film, der laut Bundesanwaltschaft «propagandistisch» ist.[20]

In Mai 2018 bestätigte das Bundesgericht in Lausanne, dass Blancho keine Schusswaffe erwerben darf. Dieser hatte 2015 einen Gesuch eingereicht, der von der Kantonspolizei Bern abgelehnt worden war. Das Berner Verwaltungsgericht hatte in einem Urteil aufgeführt, dass Blancho «Dritte mit einer Waffe gefährden könnte»[21]

Gemäss der Zeitung Le Temps untersucht der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) die Verbindungen zwischen Blancho und den in Katar ansässigen Abdulrahman al-Nuaimi und Ali Abdullah al-Suwaidi, die mit al-Qaida vernetzt sind.[22]

Blancho wird finanziell aus Katar unterstützt.[23] Er ist Vizepräsident der Berner Vereine Aziz Aid in Qoranona, unter der Leitung von Abdulaziz Abdulrahman H.A. Al-Thani, Mitglied des königlichen Hauses von Katar.[24][25]

Einzelnachweise

  1. a b Nicolas Andrev Blancho. In: moneyhouse.ch, Zugriff: 19. Januar 2012.
  2. Islamisches Zeltlager am Bielersee. In: Der Bund vom 9. Juni 2010, Zugriff: 7. April 2020.
  3. Vorstand. (Memento vom 11. Dezember 2011 im Internet Archive) In: izrs.ch, Zugriff: 23. Januar 2012.
  4. Zeit für gemeinsame Moschee noch nicht reif. In: Bieler Tagblatt vom 18. Dezember 2009, Zugriff: 23. Januar 2012.
  5. Bieler im «heiligen Krieg» getötet. In: Bieler Tagblatt vom 19. Juni 2011, Zugriff: 19. Januar 2012.
  6. Terror-Netzwerke zeigen sich nicht öffentlich. In: Swissinfo vom 4. Juli 2012, Zugriff: 4. Juli 2012.
  7. a b c Bin Laden in Biel. In: Die Weltwoche vom 8. April 2010, Zugriff: 18. Mai 2010.
  8. Kleine Stadt mit heftigen Eruptionen. In: Tages-Anzeiger vom 26. August 2011, Zugriff: 19. Januar 2012.
  9. a b c Nicolas Blancho: Spuren führen zu al-Qaida. In: Tages-Anzeiger vom 25. April 2010, Zugriff: 19. Januar 2012.
  10. a b c d «Man sollte Nicolas Blancho nicht unterschätzen». In: Tages-Anzeiger vom 7. April 2010, Zugriff: 19. Januar 2012.
  11. Das Muslim-TV startet diesen Sommer – Islamisches Frauenhaus, Druck auf Mitglieder, Zweitfrauen für IZRS-Führung: Radikale schotten sich zunehmend ab. (Memento vom 2. Dezember 2013 im Internet Archive) In: Sonntagszeitung vom 22. Januar 2012, Zugriff: 22. Januar 2012.
  12. Der Streit der frommen Männer. In: Neue Zürcher Zeitung vom 27. August 2006, Zugriff: 19. Januar 2012.
  13. Kurt Pelda: Nicolas Blancho ignoriert die Strafbefehle. In: Tage-Anzeiger. SonntagsZeitung, 26. November 2017, abgerufen am 26. November 2017.
  14. Ramadan gegen Blancho – Streit um richtigen Islam für die Schweiz. In: 20 Minuten, Zugriff: 17. Juli 2010
  15. Islamischer Zentralrat Schweiz im Zwielicht: Blancho im Visier der Terrorfahnder. In: Blick vom 18. April 2010, Zugriff: 19. Januar 2012.
  16. Edward Mickolus: The Terrorist List: A-K, ISBN 978-0-313-35768-8.
  17. Bieler Radikaler packt aus. In: Bieler Tagblatt vom 10. Mai 2010, Zugriff: 19. Januar 2012.
  18. «Wie gefährlich ist der Islamische Zentralrat?» In: Aargauer Zeitung. Abgerufen am 18. Mai 2010.
  19. „Nikab-Nora“ – Ermittlungen gegen Mann der „Anne Will“-Verschleierten. Berliner Kurier vom 28. November 2016
  20. Bundesanwalt ermittelt gegen Blancho und Illi. In: Tages-Anzeiger, Tages-Anzeiger. 25. November 2016, ISSN 1422-9994 (tagesanzeiger.ch [abgerufen am 8. Juni 2018]).
  21. Kathrin Alder: Nicolas Blancho darf definitiv keine Waffe erwerben. In: Neue Zürcher Zeitung. 9. Mai 2018, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 8. Juni 2018]).
  22. Les services secrets suisses ciblent des islamistes pro-Qatar. In: Le Temps. (letemps.ch [abgerufen am 8. Juni 2018]).
  23. Die Katar-Connection des Islamischen Zentralrats. In: Tages-Anzeiger. 27. November 2016, ISSN 1422-9994 (tagesanzeiger.ch [abgerufen am 8. Juni 2018]).
  24. Powerneting AG: Aziz Aid. Abgerufen am 8. Juni 2018.
  25. In-House Views on Potential Hamas Targets. 03DOHA1748_a. Qatar Doha, 10. Juli 2003 (wikileaks.org [abgerufen am 8. Juni 2018]).