Bildungssystem in den Niederlanden

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Das Bildungssystem in den Niederlanden sieht eine Schulpflicht vom 5. bis zum 18. Lebensjahr vor, wovon mindestens bis zum 16. Lebensjahr die Schule besucht werden muss. In der Praxis jedoch befreiten die Gerichte nach längeren Verfahren schon häufiger einzelne Eltern von der Schulpflicht ihrer Kinder, um stattdessen Hausunterricht oder Unschooling zu ermöglichen.

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Grafik des Schulsystems in den Niederlanden

Die Kinder werden gewöhnlich mit vier Jahren (ab Geburtstag) in die Grundschule („basisschool“) eingeschult. Auf Wunsch der Eltern kann das Kind aber auch erst mit fünf Jahren zur Schule gehen. Dies geschieht in der Praxis sehr selten. Schulpflicht beginnt erst mit dem fünften Geburtstag.

Alle Schulen schließen mit einem Test ab. Dieser besteht aus einem schulinternen Teil und der zentralen Abschlussprüfung, die für alle Schüler der jeweiligen Schulart in den Niederlanden gleich ist.

Geschichte

Jan Steen, Die Dorfschule (um 1665)
Zuiderzeemuseum: Nordholländische Stadtschule um 1905

Die ältesten Stadtschulen wurden in Dordrecht (1253) und Rotterdam (1328) gegründet, mit unsicherem Gründungsdatum kamen bald Leiden und ’s-Hertogenbosch hinzu. Eine breite Bildungsbewegung vor der Reformation waren ausgehend von Deventer und Zwolle die Brüder vom gemeinsamen Leben. Die calvinistische Reformation erhöhte rasch die Zahl derer, die lesen konnten, zusätzlich gefördert von der hohen Urbanisierung.[1] Die Universität Leiden wurde 1575 als erste in den Niederlanden gegründet, es folgten im 17. Jahrhundert die Universitäten Groningen (1614), das nichtuniversitäre Athenaeum Illustre Amsterdam (1632) und Utrecht (1636), alle mit reformiertem Bekenntnis.[2] Von 1585 bis 1811 bestand im friesischen Franeker eine reformierte Universität, ebenso zwischen 1647 und 1811, als Ludwig Napoleon sie auflöste, in Harderwijk, wo einige später berühmte Gelehrte wie Carl von Linné promovierten.

Das Bildungsgesetz von 1806 unter der napoleonischen Besetzung führte im Königreich Holland überall staatliche, konfessionsfreie Grundschulen und eine Schulaufsicht ein, gegen den Widerstand der Kirchen, die konfessionelle Gezindtescholen verlangten. Die höhere und berufliche Bildung blieb ungeregelt. Mit der Verfassung der Niederlande von 1848 wurden Katholiken und Juden gleichberechtigt, womit sich die Frage konfessioneller Schulen sowohl für die Katholiken als auch für die Reformierten stellte. Ein Bildungsgesetz führte 1857 ein obligatorisches Curriculum für die Sekundarstufe ein, wobei vieles wie moderne Fremdsprachen oder Sport später folgte. In der Sekundarbildung gab es seit 1863 die Hogereburgerschool (hbs, Höhere Bürgerschule) neben den Gymnasien oder Lyzeen mit klassischer Bildung zur Vorbereitung auf die Universitäten.

Samuel van Houtens Kindergesetz verbot 1874 Kinderarbeit unter 12 Jahren. Eine Ergänzung machte 1901 unter Minister Borgesius die Schulbildung für alle Kinder von 6 bis 12 Lebensjahren zur Pflicht.[3] Der Schulstreit (schoolstrijd) zwischen den Konfessionen seit 1848 um die Finanzierung der religiösen, insbesondere katholischen Schulen führte erst 1917 zum Kompromiss, der die Versäulung ausbildete, deren Höhepunkt zwischen 1920 und 1970 lag. Es bestanden mehrere Schulsysteme nebeneinander, Konfessionsschulen mit staatlichen Zuschüssen waren üblich, der Staat hielt sich in der Aufsicht zurück. Daher rührte eine erhebliche, unübersichtliche Vielfalt.[4]

Eines der größten Reformgesetze des niederländischen Schulsystems war der „Mammoetwet“ von 1963 von Jo Cals, der mit den weiterführenden Schulformen ab 1968 die Grundlagen für das heutige System (lts/vbo, mavo, havo and vwo; s.u.) gelegt hat. Zugleich wurde die Schulpflicht auf neun Jahre verlängert, 1975 auf zehn Jahre. Am 1. August 1985 ist eine weitere Reform des niederländischen Schulsystems in Kraft getreten. Seitdem sind die Vorschule (kleuterschool) und die frühere Grundschule (lagere school) in der heutigen Grundschule (basisschool) integriert. Nicht geändert hat sich die weitgehende staatliche Finanzierung von Privatschulen aufgrund der garantierten Unterrichtsfreiheit. Neben den religiösen haben sich viele gebildet, die einer besonderen pädagogischen Methode folgen: Daher gibt es seit langem mehr Daltonplan-, Waldorf-, Jenaplan- und Montessori-Schulen als in anderen Ländern. Seit etwa 1988 haben auch Muslime die Unterrichtsfreiheit beansprucht und zahlreiche muslimische Grundschulen gegründet, die inzwischen etwa 5 % aller muslimischen Schüler besuchen.[5] Das ist umstritten, da dies nicht zur Integration beiträgt, besonders wenn in marokkanischen Schulen strenge Regeln eingehalten werden müssen.

Allgemeines

Ein gewichtiger Unterschied zum Schulsystem in Deutschland besteht darin, dass es jedem in den Niederlanden freisteht, aufgrund seiner Religion oder auf Basis bestimmter pädagogischer Grundlagen eigene – allerdings vom Staat finanzierte – Schulen zu gründen. Daher verwundert es nicht, dass zwei Drittel aller Schüler in den Niederlanden eine private Schule besuchen. Die meisten Schulen sind entweder openbaar („öffentlich“), katholisch oder protestantisch, obgleich die Niederlande eines der am stärksten entkonfessionalisierten Länder der Welt sind. Träger der „nichtöffentlichen“ Schulen sind in der Regel Stiftungen.

Die Wahl der Unterrichtsmethoden steht den Schulen frei. Die Inhalte sind allerdings in staatlichen Richtlinien formuliert und für alle Schulen verbindlich festgelegt. Ob die Schüler den darin bestimmten Leistungsanforderungen gerecht werden, wird mittels landesweiter, staatlicher Tests regelmäßig überprüft. Dies gilt auch für Schulen, die von Minderheiten besucht werden. Seit Mitte der 1980er Jahre können Eltern ihre Kinder etwa auf islamische oder hinduistische Grundschulen schicken.

Weiter können Eltern wählen, ob sie ihre Kinder auf eine Kategorialschule schicken, an der nur eine Schulform gilt, oder sich für eine Schulgemeinschaft entscheiden. Diese beherbergt mehrere Schularten. Die niederländischen Schulen sind in der Regel keine Gesamtschulen, allenfalls „kooperative Gesamtschulen“ mit mehreren Schulformen unter einem Dach. Seit Ende der 1990er Jahre haben viele Schulen aus finanziellen Gründen miteinander fusioniert, weil dadurch Direktorenstellen eingespart werden.

Grundschule

Die niederländische Grundschule (basisschool) umfasst acht Klassen, die als groepen (Gruppen) bezeichnet werden. Groep 1 bezeichnet die Vierjährigen und groep 8 normalerweise die Zwölfjährigen. Diese groepen umfassen also sowohl den Vorschulbereich (Kindergarten) als auch die weiterführende Schule. Der Unterricht vom 4. bis zum 5. Lebensjahr (groep 1–2) kann inhaltlich mit der Kindergartenpädagogik in Deutschland verglichen werden. Allerdings ist er in der Regel verstärkt in den Grundschullehrplan integriert. Ab groep 3 (3. Schuljahr, also Sechsjährige) fangen die Kinder an, das Lesen, Schreiben und Rechnen zu erlernen. In den beiden letzten Grundschuljahren beginnt der Englischunterricht, doch beginnen stets mehr Grundschulen (2019 bereits 20 % der Grundschulen) Englischunterricht bereits ab groep 1 zu geben; weitere Fremdsprachen werden in Schulversuchen angeboten.

Im letzten Grundschuljahr legen die Schüler eine zentrale Prüfung ab, wofür es mehrere Anbieter von Tests gibt. Das Zentralinstitut für Testentwicklung (Cito genannt) ist der größte Anbieter von Ausgangstests an den Grundschulen[6]. Bei Schulen, die sich für Cito entschieden haben, findet bei Eingang des 8. Schuljahres eine Vorab-Prüfung (entreetoets) statt, mit deren Ergebnis eine Vorbereitung auf den eigentlichen Test (eindtoets) möglich ist. Anders als in Deutschland, wo nur das Gutachten eines Grundschullehrers bei der Wahl einer weiterführenden Schule vorliegt, wird in den Niederlanden anhand des Ausgangstests und eines Gutachtens durch die Grundschule, erstellt von den Klassenlehrern der letzten Schuljahre sowie einem nichtunterrichtenden Begleiter, eine bindende Empfehlung ausgesprochen, von der nur in begründeten Ausnahmen abgewichen werden kann. Auch die Anmeldung zur weiterführenden Schule erfolgt in der Grundschule, welche die Empfehlung und Testergebnisse direkt an die weiterführende Schule durchreicht.

Der Stundenplan sieht in den ersten beiden Gruppen 22 Unterrichtsstunden pro Woche vor, in den darauffolgenden Jahren mindestens 25. Der Unterricht findet in der Regel montags, dienstags und donnerstags von 8:30 Uhr bis 15:15 Uhr (mit schulspezifischen Varianten) statt, eine Mittagspause ist darin integriert. Mittwochs und freitags ist der Unterricht kürzer. Vom Bildungsministerium ist vorgegeben, wie viel Stunden Unterricht über 8 Jahre Grundschulzeit gegeben werden sollen: 7520, wobei während den ersten vier Lehrjahre (onderbouw) ein geringeren Mindestmaß an Unterrichtsstunden vorgegeben wird, wie bei den letzten vier Lehrjahren (bovenbouw).[7]

Manche Schulen weichen von den genannten Regeln ab, zum Beispiel die recht weit verbreiteten Waldorfschulen (vrije school) sprechen von Vorschule (kleuterschool) und Klassen (klas) statt groepen. Sowohl Englisch, Französisch als auch Deutsch wird hier schon von der 1. Klasse (entsprechend groep 3) an unterrichtet (auf spielerische Art).

Weiterführende Schulen

Sg. (Scholengemeenschap) Augustinianum in Eindhoven

Im Anschluss an die Grundschule folgt eine weiterführende Schule für Schüler zwischen 12 und 18 Jahren. Die Sekundarbildung kann in folgenden Einrichtungen absolviert werden:

  • Einrichtungen der „vor-universitären Bildung“ (vwo)
  • Einrichtungen der allgemeinen Sekundarbildung (havo) und
  • Einrichtungen der berufsbildenden Sekundarerziehung (vmbo).

Das erste Jahr der Sekundarschulen aller drei Formen ist die sogenannte Übergangsklasse („brugklas“). Sie dient vor allem der Orientierung des Schülers auf seine zukünftige Schullaufbahn.

Vwo

Der „vorwissenschaftliche“ oder „vor-universitäre Bildungsgang“ (voorbereidend wetenschappelijk onderwijs, vwo) dauert sechs Jahre und hat die Vorbereitung der Schüler für die Aufnahme an eine Universität zum Ziel. Die Erteilung des vor-universitären Unterrichts findet in drei Arten von Schulen statt: dem Gymnasium, dem Atheneum oder dem Lyzeum. Der Unterschied zwischen Gymnasium und Atheneum besteht in der Sprachenfolge: im Gymnasium gehören Latein- und Griechischunterricht zu den Pflichtfächern – beim Atheneum nicht; bei einem Lyzeum handelt es sich um eine Kombination zwischen einem Gymnasium und einem Atheneum mit einem gemeinsamen Anfangsjahr.

Im vierten beziehungsweise fünften Schuljahr gliedern sich die Gymnasien und Atheneen in vier Teile, die sogenannten profielen: Cultuur en Maatschappij (Kultur und Gesellschaft), Economie en Maatschappij (Wirtschaft und Gesellschaft), Natuur en Gezondheid (Natur und Gesundheit) und Natuur en Techniek (Natur und Technik). Es gibt Fächer, welche für alle Profile verpflichtend sind, wie Niederländisch und Englisch, das profieldeel, die zum Profil gehörenden Fächer und einige Fächer, die die Schule selbst wählen kann. Cultuur en Maatschappij ist auf Fremdsprachen, Geschichte und Kunst eingerichtet; Economie en Maatschappij auf Geschichte, Ökonomie sowie auf angewandte Mathematik; Natuur en Gezondheid hat Biologie, Chemie, Mathematik und entweder Erdkunde oder Physik als Wahlfach innerhalb des Profils; Natuur en Techniek hat Mathematik, Chemie und Physik verpflichtend. Es läuft also von sehr sprachlich, geisteswissenschaftlich bis zu sehr exakten Naturwissenschaften. Jeder Ausbildungsgang endet mit einer Abschlussprüfung.

Neben bloßen Gymnasialabteilungen an vielen größeren Schulen bestehen mit wachsender Tendenz (2021) 42 „Kategorialgymnasien“. Der Name besagt, dass sie nur eine Kategorie der Schulformen aufweisen und nicht mehrere vereinen. Als Privatschulen haben anders als die meisten staatlichen Schulen die Möglichkeit, ihre Schüler nach Begabungen auszusuchen, womit sie einen elitären Anstrich haben. Viele gehen auf eine bis ins Mittelalter zurückreichende Lateinschule zurück, andere konfessionelle Gymnasien entstanden im 19. Jahrhundert. Die Nachfrage nach dieser politisch umstrittenen Schulform ist hoch, so wurden in Amsterdam in den 2000er Jahren zwei neue gegründet. Seit 2009 gibt es eine Stiftung Stichting Het Zelfstandige Gymnasium (SHZG), deren Gymnasien im Schuljahr 2020–2021 über 31.000[8] Schüler hatten, was gut 750 Schülern pro Schule[9] entspricht. Schon diese im Vergleich geringe Größe macht sie zur Ausnahme.

Havo

Der 5-jährige höhere allgemeinbildende Ausbildungsgang (hoger algemeen voortgezet onderwijs, havo) ist hauptsächlich darauf angelegt, die Schüler auf eine „höhere“ Berufsausbildung (hoger beroepsonderwijs, hbo) vorzubereiten. Tatsächlich setzen jedoch häufig Schüler, die den Havo-Abschluss erreicht haben, ihre schulische Laufbahn fort, um den Vwo-Abschluss zu erreichen. Andere besuchen eine Berufsschule (mbo), anstatt in einen „höheren“ Berufsbildungsgang einzutreten. Niederländer übersetzen die Havo ins Deutsche oft mit Realschule. Tatsächlich aber ist das Havo-Zeugnis eher mit der deutschen Fachhochschulreife zu vergleichen, denn es ermöglicht den Zugang zur 4-jährigen Ausbildung an einer Fachhochschule.

Im dritten beziehungsweise vierten Schuljahr gliedert Havo sich in die gleiche Ordnung an profielen, wie die Vwo im vierten beziehungsweise fünften Schuljahr.

Vmbo

Vor einigen Jahren wurden die unteren Bildungsgänge zusammengefügt:

  • mittlerer allgemeiner sekundärer Bildungsgang (middelbaar algemeen voortgezet onderwijs, mavo), ungefähr mit der Realschule vergleichbar
  • niederer beruflicher Bildungsgang (lager beroepsonderwijs, lbo), später vorbereitender beruflicher Bildungsgang (vbo), eine Art Hauptschule
  • individueller beruflicher Bildungsgang (individueel voorbereidend beroepsonderwijs, ivbo), eher eine Art Sonderschule

Der neue, vierjährige berufsvorbereitende Sekundarunterricht (voorbereidend middelbaar beroepsonderwijs, vmbo) ist aber dennoch noch unterteilt in einen theoretischen leerweg (Realschule) und einen praktischen leerweg (Hauptschule). Der Vmbo bereitet die Schüler hauptsächlich auf den späteren Besuch der Berufsschule (middelbaar beroepsonderwijs, mbo) vor. Viele Schüler mit dem Vmbo-Abschluss streben danach den Havo-Abschluss an, während andere lediglich einen berufsorientierenden Kurzbildungsgang (kmbo) durchlaufen oder eine Lehre im dualen System aufnehmen. Die Vmbo nimmt rund 60 Prozent der Kinder der Primarschule auf.

Mbo

Die Berufsbildungsgänge (mbo; niederländisch middelbaar beroeponderwijs) bereiten die Schüler auf mittlere Positionen in Verwaltung, Industrie und im Dienstleistungssektor vor. Sie folgen unmittelbar auf einen berufsorientierenden Bildungsgang oder auf einen allgemeinbildenden Bildungsgang. Sie dauern höchstens vier Jahre. Schüler können zwischen technischen Kursen, Kursen aus den Bereichen Dienstleistungen, Gesundheit, Hauswirtschaft, Groß- und Einzelhandel und Landwirtschaft auswählen. Die verpflichtende Arbeitserfahrung am Arbeitsplatz prägt diesen Ausbildungsgang.

Kmbo

Berufliche Kurzausbildungsgänge (kmbo, niederländisch: Kort middelbaar beroeponderwijs) wurden 1979 infolge der damals neuen Weiterbildungsverfügung eingerichtet. Kmbo-Kurse bereiten Schüler auf die Berufstätigkeit in einfachen Tätigkeitsfeldern vor. Sie werden Jugendlichen von 16 Jahren ab angeboten. Um zugelassen zu werden, müssen die Schüler entweder ein Lbo- oder ein Mavo-Abschlusszeugnis vorlegen, oder sie müssen eine zehnjährige Vollzeitschulbildung nachweisen. Die Kurse sind Vollzeitkurse und dauern zwei bis drei Jahre. Praktische Arbeit sowohl innerhalb wie außerhalb der Schulen bilden einen wichtigen Teil dieser Ausbildungsgänge. Einige Teile der Kurse sind unmittelbar berufsbezogen, andere vermitteln allgemeinbildende Inhalte.

Neben den vollzeitschulischen Berufsbildungsgängen gibt es in den Niederlanden auch eine Lehrlingsausbildung im dualen System. An ein bis zwei Tagen der Woche erhält der Auszubildende Berufschulunterricht, an den übrigen Tagen wird er im Betrieb ausgebildet.

Hochschulen und Universitäten

Die erste Universität in den Niederlanden war 1575 die Universität Leiden, es folgten im 17. Jahrhundert die Universitäten Groningen (1614) und Utrecht (1636), alle mit reformiertem Bekenntnis, was unmittelbar für die Theologie exklusiv wirkte. Das nichtuniversitäre Athenaeum Illustre Amsterdam (1632) sollte auf das Studium mit den relevanten Abschlüssen optimal vorbereiten und wurde erst 1877 zur Universität von Amsterdam, die noch bis 1961 von der Stadt getragen wurde. Die erste Technische Hochschule in Folge der Industrialisierung war die heutige Technische Universität Delft (1842). Eine neue Gründungswelle im Zuge der Bildungsexpansion umfasste die nichtkonfessionelle (de facto lange Zeit streng reformierte) Freie Universität Amsterdam (1880), Rotterdam (1913), Wageningen (Agrarwissenschaft, 1918), Nijmegen (katholisch, 1923) und Tilburg (katholisch, 1927). Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Eindhoven (TU 1956), Twente (1961), Maastricht (1976) und die Fernuniversität in Heerlen (1985) hinzu.[10]

Zwei Drittel der Studenten geht an die zahlreichen Hogescholen, die der deutschen Fachhochschule entsprechen. Dazu gehören auch Pädagogische Hochschulen zur Lehrerausbildung für die Primar- und Sekundarstufe I.[11] Sie haben einen hohen Praxisanteil und führen nach vier Jahren zum Abschluss. Ein nachfolgendes Masterstudium ist möglich.[12]

Mit dem Schwinden der Versäulung sind die traditionellen weltanschaulichen Unterschiede weniger wichtig geworden. Inzwischen suchen einige Hochschulen zumindest in einigen Fachbereichen den Anschluss an die internationale Elite, andere sind eher eine Massenuniversität geworden, die den Ansprüchen einer demokratischen Gesellschaft nach hoher Qualifizierung genügen wollen.[13] In den Niederlanden steht der problemgesteuerte Unterricht (probleemgestuurd onderwijs) im Vordergrund des Studiums: In der Regel werden die Studenten mit einem konkreten Problem konfrontiert. Das Problem gilt es schrittweise, oft in Gruppenarbeit, zu analysieren und zu lösen.[14]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Alphabetisierung. Abgerufen am 7. März 2022.
  2. Hochschulgeschichte der Niederlande. Abgerufen am 7. März 2022.
  3. NiederlandeNet – Das Schulsystem der Niederlande – Schulpflicht. Abgerufen am 8. März 2022.
  4. Mark T. Hooker: Freedom of education : the Dutch political battle for state funding of all schools both public and private (1801–1920). Llyfrawr, 2009, ISBN 978-1-4404-9342-3.
  5. NiederlandeNet – Das Schulsystem der Niederlande – Private und staatliche Schulen. Abgerufen am 8. März 2022.
  6. Eindtoets groep 8 van start: alternatieven voor Cito steeds populairder. Abgerufen am 29. August 2021 (niederländisch).
  7. Cultuur en Wetenschap Ministerie van Onderwijs: Overzicht aantal uren onderwijstijd – Schooltijden en onderwijstijd – Rijksoverheid.nl. 3. März 2010, abgerufen am 29. August 2021 (niederländisch).
  8. Facts & Figures. Abgerufen am 17. März 2022 (niederländisch).
  9. Gymnasiaal onderwijs. Abgerufen am 17. März 2022 (niederländisch).
  10. NiederlandeNet – Bildung und Forschung – Universitäten. Abgerufen am 17. März 2022.
  11. Lehramtsstudium in den Niederlanden. Abgerufen am 17. März 2022.
  12. NiederlandeNet – Bildung und Forschung – Berufsbildende Hochschulen. Abgerufen am 17. März 2022.
  13. Universitäten in den Niederlanden. Abgerufen am 7. März 2022.
  14. Das Hochschulsystem. Abgerufen am 7. März 2022.