Nitroxolin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Strukturformel
Struktur von Nitroxolin
Allgemeines
Freiname Nitroxolin
Andere Namen

5-Nitrochinolin-8-ol (IUPAC)

Summenformel C9H6N2O3
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 4008-48-4
EG-Nummer 223-662-4
ECHA-InfoCard 100.021.513
PubChem 19910
DrugBank DB01422
Arzneistoffangaben
ATC-Code

J01XX07

Wirkstoffklasse

Antibiotikum

Eigenschaften
Molare Masse 190,16 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

179,5–181,5 °C[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​311​‐​315​‐​319​‐​331​‐​335
P: 261​‐​280​‐​301+310​‐​305+351+338​‐​311 [2]
Toxikologische Daten

104 mg·kg−1 (LD50Mausoral)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Nitroxolin ist ein 1967 in den Markt eingeführtes Antibiotikum und Antimykotikum aus der Gruppe der 8-Hydroxychinolin-Derivate, das zur Behandlung von akuten und chronischen Infektionskrankheiten der ableitenden Harnwege eingesetzt wird. Zu diesen Harnwegsinfekten gehören beispielsweise Zystitis (Blasenentzündung) und Urethritis (Harnröhrenentzündung).Der Arzneistoff wird zudem zur Rezidiv-Prophylaxe angewendet.[4]

Nitroxolin besitzt ein breites Wirkspektrum, das zahlreiche Gram-negative und Gram-positive Bakterienspezies sowie Mycoplasma hominis, Ureaplasma urealyticum und Candida spp.erfasst. Als möglicher Wirkmechanismus, der vornehmlich in einer Urin-bakteriostatischen Aktivität resultiert, wird die Hemmung der RNA-Polymerase mittels Chelatierung zweiwertiger Kationen diskutiert. In Gegenwart subinhibitorischer Konzentrationen hemmt Nitroxolin die bakterielle Adhäsion an Epithelzellen des Harntrakts sowie an die Oberfläche von Blasenkathetern.

In der aktuellen interdisziplinären S3-Leitlinie zur Behandlung von unkomplizierten Harnwegsinfektionen wird zur Evidenz einer Nitroxolin-Behandlung ausgeführt: Eine Metaanalyse von vier zuvor nicht veröffentlichten randomisierten Vergleichsstudien mit individuellen Patientendaten von 466 Patientinnen mit unkomplizierter Zystitis ergab Erfolgsraten von >90 % für Nitroxolin und zeigte überdies, dass Nitroxolin in der Dosierung von 3 × 250 mg/Tag über 5 (sporadische Harnwegsinfektionen) oder 10 Tage (rezidivierende Harnwegsinfektionen) der Kontrollmedikation (Cotrimoxazol 2 × 960 mg/Tag bzw. in drei Studien Norfloxacin 2 × 400 mg/Tag in einer Studie) nicht unterlegen war (10 % Nicht-Unterlegenheitsspanne; 95 % Konfidenzintervall).Hinsichtlich der Verträglichkeit war Nitroxolin ebenfalls mit der Kontrollmedikation vergleichbar. Bei den unerwünschten Arzneimittelwirkungen handelte es sich im Wesentlichen um gastrointestinale Störungen und allergische Reaktionen. Im Ergebnis wird in dieser Leitlinie Nitroxolin zur Behandlung von unkomplizierten Harnwegsinfektionen wird Nitroxolin aufgrund der exzellenten Resistenzlage, der hohen Eradikationsrate und dem günstigen Nebenwirkungsprofil als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der unkomplizierten Zystitis empfohlen.

Nitroxolin wird in Deutschland von der MIP Pharma GmbH unter dem Namen Nitroxolin forte 250 mg vertrieben. Weitere Vertriebsländer sind Polen sowie einige osteuropäische Länder.[5]

Laut deutscher Packungsbeilage kann Nitroxolin forte angewendet werden bei akuten und chronischen Infektionen der ableitenden Harnwege mit Nitroxolin-empfindlichen Bakterien und Sprosspilzen sowie vorbeugend bei immer wiederkehrenden Infekten (Rezidivprophylaxe).

Die Standarddosierung zur Behandlung akuter unkomplizierter Harnwegsinfektionen beträgt 250 mg 3 × täglich.[6] Bei chronischen Harnwegsinfekten und zur Infektvermeidung (Rezidivprophylaxe) liegt die Standarddosierung bei 250 mg 1–2 × täglich.[7]

Synthese

Zur Synthese von Nitroxolin kann 8-Hydroxychinolin mit Natriumnitrit und Salzsäure zu 8-Hydroxy-5-nitrosochinolin umgesetzt werden. Dieses kann wiederum mit Salpetersäure zu Nitroxolin oxidiert werden.[8]

Literatur

  • A. Amgar u. a.: Activity in vitro of urine samples from patients treated by nitroxoline against mycoplasmas. In: J Chemother, 4, 1989, S. 226–228, PMID 16312380.

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Nitroxolin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 30. Mai 2014.
  2. a b Datenblatt 8-Hydroxy-5-nitroquinoline bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 16. April 2011 (PDF).
  3. Eintrag zu Nitroxoline in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM)
  4. C. Pelletier u. a.: Roles of divalent cations and pH in mechanism of action of nitroxoline against Escherichia coli strains. In: Antimicrob Agents Chemother, 39, 1995, S. 707–713; PMID 7793877; PMC 162609 (freier Volltext).
  5. Herstellerinformation auf Anfrage
  6. Leitlinienprogramm DGU: Interdisziplinäre S3 Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. Langversion 1.1-2. (PDF) Deutsche Gesellschaft für Urologie, 2017, S. 78, 88, 99, 105, abgerufen am 23. November 2017.
  7. Gelbe Liste Online: Nitroxolin forte, 250 mg, Weichkapseln | Gelbe Liste. Abgerufen am 30. Mai 2022.
  8. Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernd Kutscher, Dietmar Reichert: Pharmaceutical Substances. 2 Bände. 4. Auflage. Thieme-Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 978-1-58890-031-9.