Wurzen
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Koordinaten: 51° 22′ N, 12° 44′ O | ||
Basisdaten | ||
Bundesland: | Sachsen | |
Landkreis: | Leipzig | |
Höhe: | 124 m ü. NHN | |
Fläche: | 69 km2 | |
Einwohner: | 16.238 (31. Dez. 2021)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 235 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 04808 | |
Vorwahlen: | 03425, 034261 | |
Kfz-Kennzeichen: | L, BNA, GHA, GRM, MTL, WUR | |
Gemeindeschlüssel: | 14 7 29 410 | |
LOCODE: | DE WZN | |
Stadtgliederung: | 16 Ortsteile | |
Adresse der Stadtverwaltung: |
Friedrich-Ebert-Straße 2 04808 Wurzen | |
Website: | ||
Oberbürgermeister: | Marcel Buchta (parteilos) | |
Lage der Stadt Wurzen im Landkreis Leipzig | ||
Wurzen ist eine Große Kreisstadt im Nordosten des Landkreises Leipzig in Sachsen. Die Stadt ist seit 900 Jahren Domstadt und damit zugleich Zentrum und Namensgeberin des Wurzener Landes.[2] Als Geburtsort des Dichters Joachim Ringelnatz führt die Stadt inoffiziell den Beinamen Ringelnatzstadt.[3]
Geographie
Wurzen liegt am östlichen Hochufer der Mulde, etwa 30 Kilometer östlich von Leipzig, an der ältesten deutschen Ferneisenbahnlinie Leipzig–Dresden und an der Bundesstraße 6. Die B 107 verläuft westlich der Stadt. Im Südosten grenzt das Stadtgebiet an den Wermsdorfer Forst. Der dort entspringende Mühlbach fließt durch das Stadtgebiet. Die südlich der Stadt verlaufende A 14 ist über den Anschluss Grimma (ungefähr 20 Kilometer) zu erreichen.
Ortsgliederung
- Wurzen (Stadt)
- Dehnitz
- Nemt
- Roitzsch
- Kühren
- Burkartshain
- Birkenhof
- Kornhain
- Mühlbach
- Nitzschka
- Oelschütz
- Pyrna
- Sachsendorf
- Streuben
- Trebelshain
- Wäldgen
Geschichte
Auf der Wurzener Stadtflur (Crostigall) konnte durch jüngere archäologische Grabungen eine Siedlungskontinuität von etwa 6000 Jahren nachgewiesen werden. Bis ins 6. Jahrhundert war die Region germanisch besiedelt. Die ältesten (?) Siedlungszellen der heutigen Stadt sind – wie der Ortsname – slawischen Ursprungs.
Mittelalter
Wurzen wird erstmals 961 in einer Urkunde Ottos I. als Vurcine und Civitas erwähnt. Die Burg und die Marktsiedlung bezogen ihre Bedeutung aus ihrer Lage am Übergang der Via Regia über den Fluss Mulde und deren Kreuzung mit einer alten Salzstraße von Halle nach Prag. Wurzen gehörte zeitweise zum Bistum Merseburg und kam nach 995 an das Bistum Meißen. Bischof Herwig gründete 1114 das Kollegiatstift Wurzen, das im 16. Jahrhundert protestantisch wurde und noch besteht (Domkapitel). Eine Marktsiedlung wurde östlich der älteren Burgsiedlung um 1150 von den Bischöfen von Meißen angelegt. Der Landesausbau, vor allem durch die Ansiedlung von Bauern aus den westlichen Reichsgebieten („Kührener Ansiedlungsvertrag“ 1154 für 15 flämische Bauernfamilien) und das Begründen einer eigenen weltlichen Territorialherrschaft (Wurzener Land) ließen die Rolle der neu gegründeten Marktsiedlung als zentralen Ort rasch wachsen.
Frühe Neuzeit
Die Entwicklung der Stadt erreichte im 15. und 16. Jahrhundert einen Höhepunkt, als die Bischöfe von Meißen zeitweise hier residierten und eine nennenswerte Bautätigkeit entfalteten (Schloss, Domerweiterung, Stadtkirche St. Wenceslai). Nach der Teilung der wettinischen Lande (1485) wurde die Schutzherrschaft über Wurzen und das Wurzener Land von den Ernestinern und Albertinern gemeinsam ausgeübt. Beide Linien waren letztlich auf eine Säkularisation des bischöflichen Territoriums aus, was u. a. 1542 zur sogenannten „Wurzener Fehde“ („Fladenkrieg“) führte. Wurzen und das die Stadt hauptsächlich östlich der Mulde umgebende sogenannte „Wurzener Land“ gehörten bis 1581 nicht zu den wettinischen Landen, sondern waren weltlicher Besitz der Bischöfe von Meißen, die mehrmals, seit 1487 immer häufiger und länger, in Wurzen residierten. Auch nach der „Kapitulation“ und „Resignation“ des letzten Bischofs Johann von Haugwitz 1581 wurde das Gebiet noch bis 1818 von einer eigens eingesetzten kursächsischen Stiftsregierung verwaltet. Erst danach kam das Wurzener Land als Amtsbezirk im eigentlichen Sinne zu Sachsen.
1581 kam Wurzen an das albertinische Sachsen, das inzwischen, in der Folge des Schmalkaldischen Krieges, 1547 in den Besitz der Kurwürde gelangt war und das nun Wurzen und das Stiftsgebiet (Wurzener Land) durch eine eigens eingesetzte Stiftsregierung verwalten ließ (bis 1818).
In Wurzen kam eszwischen 1570 und 1659 zu Hexenverfolgungen: Fünf Personen gerieten in Hexenprozesse, ein Mann wurde 1570 wegen des Vorwurfs der Zauberei mit „Leibesfrüchten“ gerädert, eine Frau starb in der Haft.[4] Im 17. und 18. Jahrhundert erfolgte der durch Pestepidemien (besonders 1607), Stadtbrände und Kriegsfolgen verursachte wirtschaftliche und demografische Niedergang der Stadt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt 1637 („Wurtznische Creutz- und Marter-Woche“) von den Schweden geplündert und fast vollständig niedergebrannt. Auch der Nordische Krieg, besonders aber der Siebenjährige Krieg und die Napoleonischen Kriege ließen die Stadt verkümmern.
19. und 20. Jahrhundert
Erst nach der Verkleinerung Sachsens nach dem Wiener Kongress (1815) und dem Straßenbrückenbau über Mulde und Flussaue (1830/1832) setzte wieder ein bemerkenswerter Aufschwung ein.
Industrialisierung und Arbeiterbewegung
Am 31. Juli 1838 wurde Wurzen an die Bahnstrecke Leipzig–Dresden und somit an das deutsche Eisenbahnnetz angeschlossen. Über die Mulde wurde die erste Eisenbahnbrücke Deutschlands gebaut, die Brücke über die B 6 ist heute die älteste in Betrieb stehende deutsche Eisenbahnbrücke. Danach kam es zur stürmischen Entwicklung als Industriestadt (besonders Lebensmittelindustrie, Textilindustrie, Metallverarbeitung). Die Einwohnerzahl vervierfachte sich zwischen 1850 und 1914. Auch im 20. Jahrhundert setzte sich diese Entwicklung bis in die 1970er Jahre fort. Nach der deutschen Wiedervereinigung trat erneut eine starke wirtschaftliche und demografische Rückentwicklung ein: Die Einwohnerzahl sinkt in bedrohlichem Maße, und das Durchschnittsalter der Einwohner steigt an.
Infolge der stürmischen Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in Wurzen auch früh die Arbeiterbewegung. Julius Künzel war in den 1880er Jahren eine Zeitlang der einzige sozialdemokratische Stadtrat in Sachsen. 1903 wurde in Wurzen ein Unterbezirk der SPD gegründet. Während der Novemberrevolution agierte in Wurzen einer der ersten Arbeiter- und Soldatenräte im damaligen Sachsen. Albert Kuntz wirkte bis 1923 als prominentes KPD-Mitglied in Wurzen, u. a. im Stadtrat. 1926 gelang es einer Koalition aus SPD und KPD, die Mehrheit im Stadtrat zu stellen und mit Georg Boock erstmals einen sozialdemokratischen Bürgermeister zu wählen.
Wurzen, das zuvor zur Amtshauptmannschaft Grimma gehörte, wurde 1924 kreisfreie Stadt, eine der kleinsten in Deutschland, und kam 1946 zum Landkreis Grimma und 1952 zum Kreis Wurzen bis zu dessen Auflösung im Jahr 1994.
Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit
Von 1935 bis 1945 beherbergte die Stadt ein Wehrbezirkskommando und während des Zweiten Weltkriegs mehrere Flak-Einheiten. Von Oktober 1943 bis April 1945 erlebte Wurzen mehrere US-amerikanische Luftangriffe mit über 40 Todesopfern. Der schwerste erfolgte am 7. Oktober 1944, als 13 B-17 „Flying Fortress“ etwa 85 Sprengbomben auf Wurzen abwarfen, die eigentlich für die Hydrierwerke Brüx in Nordböhmen bestimmt waren.[5]
Von Juli 1939 bis Mai 1945 war Armin Graebert (1898–1947) Oberbürgermeister der Stadt; er erreichte am 24. April 1945 zusammen mit Mitgliedern der SPD, KPD und den Pfarrern der evangelischen und katholischen Kirchen die Kapitulation der Stadt gegenüber Major Victor G. Conley vom 273. US-Infanterieregiment und bewahrte sie so vor der Zerstörung.[6]
Gemäß den Beschlüssen der Konferenz von Jalta zogen sich die US-Truppen in den Tagen vom 1. bis zum 4. Juli 1945 aus den eroberten Gebieten zurück, die der Sowjetischen Besatzungszone zugeschlagen worden waren. An ihrer Stelle rückte die Rote Armee ein. Das NKWD richtete im Kornhaus des Schlosses ein „GPU-Keller“ genanntes Verhörzentrum ein, in dem missliebige Bürger aus Wurzen, Grimma und Umgebung inhaftiert waren.[6] Viele von ihnen wurden von dort in die Straflager des Gulag deportiert. Am 25. Mai 2004 wurde im Schlosshof eine Gedenktafel für die Opfer des Stalinismus enthüllt.
Seit 1990
Das seit 1993 nach Magnus Gottfried Lichtwer benannte Gymnasium der Stadt bezog 1996 einen Neubau nordöstlich des historischen Stadtkerns.
Wurzen ist seit 2002 eines der Pilotprojekte im Freistaat Sachsen für den Stadtumbau Ost. Durch die demografische und wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte bedingt gilt es, erstmals in der Geschichte Sachsens einen planmäßigen Rückbau städtischer Wohnsubstanz und die sinnvolle Neunutzung der geräumten Flächen zu organisieren.
2004 wurde mit dem Bau einer neuen Muldebrücke begonnen, 2007 wurde sie dem Verkehr übergeben.
Wurzen war vom 4. bis 6. September 2015 Gastgeberstadt des 24. Tags der Sachsen.[7]
Einwohnerentwicklung
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Eingemeindungen
Ehemalige Gemeinde | Datum | Anmerkung |
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Burkartshain[10] | 1. Januar 1994 | Zusammenschluss mit Kühren zu Kühren-Burkartshain |
Dehnitz[11] | 1. Juli 1950 | |
Kornhain[12] | vor 1880 | Eingemeindung nach Mühlbach |
Kühren[10] | 1. Januar 1994 | Zusammenschluss mit Burkartshain zu Kühren-Burkartshain |
Kühren-Burkartshain[10] | 1. Oktober 2006 | |
Mühlbach[11][13] | 1. Januar 1952 | Eingemeindung nach Burkartshain |
Nemt[10] | 1. März 1993 | |
Nischwitz[11] | 1. Juli 1950 1. Januar 1957 1. Januar 1993 |
Eingemeindung nach Wurzen Ausgemeindung aus Wurzen Eingemeindung nach Thallwitz |
Nitzschka[11] | 1. Februar 1974 | Eingemeindung nach Burkartshain |
Oelschütz[12] | 1. Juni 1936 | Eingemeindung nach Nitzschka |
Pyrna[11] | 1. Januar 1956 | Eingemeindung nach Burkartshain |
Roitzsch[11][13] | 1. Juli 1950 | |
Sachsendorf[11] | 1. Januar 1974 | Eingemeindung nach Burkartshain |
Streuben[11][13] | 1. Juli 1950 | Eingemeindung nach Kühren |
Trebelshain[11][13] | 1. Juli 1950 | Eingemeindung nach Kühren |
Wäldgen[12] | 1. Juni 1936 | Eingemeindung nach Sachsendorf |
Politik
Stärker als in anderen vergleichbaren Kommunen Ostdeutschlands hat die rechtsradikale Szene seit den 1990er Jahren in der Stadt insbesondere bei den Jugendlichen Einfluss erlangt.[15][16] Der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz des Freistaates Sachsen, Eckehard Dietrich, stufte Wurzen 1996 als das „wohl wichtigste Zentrum der Neonazis in Deutschland“ ein. Die Stadt war wiederholt Schauplatz von tätlichen und bewaffneten Übergriffen auf Migranten, Journalisten und politisch eher links stehende Politiker.[17][18][19][20][21] Aktivisten zählen mehrere hunderte Vorfälle aus den letzten 20 Jahren.[22] Auch Übergriffe in benachbarten Städten werden mitunter von der Wurzener Szene aus geplant und personell unterstützt.[23] Bedeutung haben dabei auch Sporteinrichtungen, die eine Kampfausbildung bieten.[24]
Das Netzwerk für Demokratische Kultur,[25] die Standortinitiative Wurzen,[26] die Kirchgemeinden und die Stadtverwaltung engagieren sich gegen die verschiedentlich durch die Medien gehende[27][28][29] Konzentration rechter Gewalt in Wurzen und sind deshalb selbst rechter Gewalt ausgesetzt.[30] Gleichwohl stellt sie ein anhaltendes Problem für die Stadt dar.[31][32][33][34] Beklagt wird dabei auch die Zurückhaltung der Polizei und der Justiz bei der Wahrnehmung und Verfolgung rechter Straftaten.[35][36][37]
Stadtrat
Nach der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 setzt sich der Stadtrat wie folgt zusammen (Veränderungen zu 2014):
- CDU: 7 Sitze (−6)
- BfW – Bürger für Wurzen – Unabhängige Wählervereinigung: 6 Sitze (0)
- AfD: 4 Sitze (+4, davon 2 unbesetzt)
- SPD: 3 Sitze (−1)
- LINKE: 3 Sitze (−2)
- NFW – Neues Forum Wurzen: 3 Sitze (+3)
Die Wählergruppe „Neues Forum für Wurzen“ hat Verbindungen zur Neonazi-Szene.[38]
Bürgermeister
Im Juni 2022 wurde Marcel Buchta im zweiten Wahlgang zum Nachfolger von Jörg Röglin gewählt.[39]
Wappen
Beschreibung: In Schwarz ein nach links springendes goldenes Pferd, rot gezäumt und mit roter Satteldecke, es trägt einen goldenen Reiter mit Hut und Bischofsstab. Bei der Person handelt es sich um den heiligen Wenzel[40]
Partnerstädte
- Barsinghausen in Deutschland / Niedersachsen
- Warstein in Deutschland / Nordrhein-Westfalen
- Tamási in Ungarn
- Milicz in Polen[41]
Wirtschaft
Wurzen ist heute trotz des Bevölkerungsrückganges und des Verlustes einiger wichtiger Industriebetriebe (u. a. Wurzener Teppichfabrik) ein wichtiger Standort mit einer größeren Zahl mittelständischer, meist mit Spezialprodukten auf dem Weltmarkt agierender Unternehmen. Die Arbeitslosigkeit ist derzeit die niedrigste im Arbeitsamtsbezirk. Einen wirtschaftlichen Schwerpunkt bildet die Produktion von Gebäck- und Süßwaren bei einem Zweigwerk von Griesson – de Beukelaer. Darüber hinaus sind in der Stadt eine größere Anzahl leistungsstarker mittelständischer Maschinenbaubetriebe und Spezialfirmen (Transportanlagen, Beleuchtungsgerätebau, Filzfabrikation[42][43]) ansässig.
Das Krankenhaus ist ein Haus der Regelversorgung in der Trägerschaft des Landkreises. Mit dem Krankenhaus in Grimma gehört es zur Muldentalkliniken GmbH.
Verkehr
Wurzen liegt an der B 6, die B 107 führt am linken Muldeufer durch Bennewitz. Die A 14 ist über die B 107 im Süden (Anschlussstelle Grimma) in ca. 15 km Entfernung zu erreichen sowie im Westen über die B 6 (Anschlussstelle Leipzig-Ost) in ca. 18 km Entfernung. Die Linie S3 der S-Bahn Mitteldeutschland verbindet Wurzen mit der Leipziger Innenstadt, der Regional-Express verbindet die Stadt mit den Hauptbahnhöfen von Dresden und Leipzig. Die Stadt liegt im Verbundgebiet des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes und ist durch die Regionalbus Leipzig mit zwei PlusBus- sowie weiteren Regionalbuslinien angebunden.
Städtische Galerie am Markt
In der Galerie am Markt[44] finden regelmäßige Ausstellungen statt. So wurde 2013 anlässlich des 130. Geburtstags von Joachim Ringelnatz eine Ausstellung mit dem Titel Die Frauen um Ringelnatz ausgerichtet.[45]
Tourismus
Wurzen liegt am Ökumenischen Pilgerweg, der 2003 vom sächsischen Jugendpfarramt eingerichtet wurde. Im Wurzener Land folgt dieser Wanderweg weitgehend der alten Trasse der mittelalterlichen Via Regia. Wie keine zweite Stadt in Mitteldeutschland besitzt Wurzen Erinnerungen an die mittelalterliche Jakobspilgerschaft: Jakobsplatz, Jakobsgasse und – bis zum Dreißigjährigen Krieg daran gelegen – Jakobskirche, Jakobskirchhof und Jakobshospital.
Im Stadtgebiet (Gerhart-Hauptmann-Platz) kreuzt zudem die Via Regia einen zweiten alten transkontinentalen Fernweg, eine alte Salzstraße von Halle (Saale) nach Prag. Diese von Nord nach Süd verlaufende Altstraße ist Teil der künftigen transkontinentalen Kulturstraße Via Salaria Lübeck – Trapani (Sizilien). Außerdem führt der Sächsische Lutherweg durch die Stadt, die nächsten Stationen sind Schildau im Nordosten und Trebsen im Süden.
Die ehemalige Bahnstrecke Glauchau–Wurzen wird bis Grimma als Teil des Mulderadwegs genutzt. Der asphaltierte Weg ist auch für Inliner geeignet. Auf der Trasse findet alljährlich im März der Muldentaler Städtelauf (Halbmarathon von Wurzen nach Grimma) statt.[46] In den Jahren 2020, 2021 und 2022 wurde der Städtelauf wegen der Corona-Situation abgesagt.[47]
In Wurzen befindet sich das Kulturhistorische Museum Wurzen. Es stellt unter anderem Bilder von Ringelnatz aus. In der Vergangenheit wurde auch ein Automobil der Marke Polymobil von den Polyphon Musikwerken aus dem Jahr 1904 präsentiert. Dieses wurde 2018 im Tausch gegen drei Gemälde von Ringelnatz an die Familie Hühn verkauft.[48] Seitdem wird es im Zündmagnet Wurzen gezeigt.[49]
Baudenkmäler und Erinnerungsstätten
- Dom St. Marien, Erstweihe 1114, romanischer bis spätgotischer Bau 1508; umfangreiche Bronze-Ausstattung von Georg Wrba 1932
- Stadtkirche St. Wenceslai (16./17. Jahrhundert)[50]
- katholische Herz-Jesu-Kirche, eingeweiht 1902, neoromanisch
- Schloss Wurzen, 1497, spätgotisch, bis 1581 zeitweise Residenz der Bischöfe von Meißen
- Krietschmühle, 1917–1920 und 1924–1925, stadtbildbestimmende Gebäude der Mühlenwerke am Mühlgraben
- Lossow’sches Haus, 1668, Spätrenaissance / Barock, Kulturgeschichtliches Museum mit Ringelnatz-Ausstellung
- Geburtshaus des Fabeldichters Magnus Gottfried Lichtwer am Domplatz, 17. Jahrhundert
- Geburtshaus von Joachim Ringelnatz, 17./18. Jahrhundert
- Marktbrunnen zu Ehren von Joachim Ringelnatz, 1983
- wappengeschmücktes Posttor und Posthaus-Portal der ehemaligen kursächsischen Posthalterei am Crostigall, 1734
- Replikat der Kursächsischen Distanzsäule, 1984 auf Originalsockel (Original-Säule 1724 vor dem Wenceslaitor)
- königlich sächsischer Halbmeilenstein, um 1860, aus Nemt am Badergraben in Wurzen und Ganzmeilenstein als Nachbildung in Burkartshain (Original im Bergelager Trebsen)
- Rathaus, nach Brand 1803, klassizistisch, heute Stadtbibliothek und Städtische Galerie
- ehemaliges Gymnasium, 1883, mit Wandmalereien von Max Seliger
- Mahnmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs auf dem früheren Alten Friedhof, eingeweiht am 11. Mai 1930, Bronzeplastiken von Georg Wrba (Die junge Sanitäterin stellt Elsa Brändström dar.)[51][52]
- „Pesthäuschen“, Denkmal für die Opfer der Pest von 1607 auf dem früheren Alten Friedhof, 17. Jahrhundert
- Gedenkstätte auf dem Ortsfriedhof für 60 KZ-Häftlinge eines Todesmarsches von einem Außenlager des KZ Buchenwald, die im April 1945 von SS-Männern ermordet wurden
- Ehrenhain für die Soldaten der Roten Armee und Albert Kuntz im Stadtpark, 1974
- Gedenktafeln an der Wurzener Dauerbackwaren GmbH (An der Mulde 5 A) bzw. an der Wurzener Nahrungsmittel GmbH (Am Mühlgraben 1) erinnerten an den kommunistischen Landtagsabgeordneten und Widerstandskämpfer Albert Kuntz, der 1945 im KZ Dora-Mittelbau ermordet wurde.
- Gedenktafel für die Opfer des Stalinismus im Schlosshof (2005)
- Jahrtausendstein im Badergraben, 2000
- ehemaliger Nordbahnhof der Muldentalbahn, 1875, später Amtsgericht (bis 2015)
- Wasserturm der früheren städtischen Wasserwerke, 1893
- ehemaliges Postamt mit Telegrafenturm, 1890–1891
- Bismarckturm, 19,4 m hoher Aussichtsturm auf dem Wachtelberg im Ortsteil Dehnitz, 1909[53]
- Dorfkirche Nemt, frühgotisch
- Dorfkirche Burkartshain, 13.–16. Jahrhundert
- Dorfkirche Kühren, 12.–16. Jahrhundert, mit mittelalterlichen Fresken
- Elefanten-Brunnen in Kühren, 20. Jahrhundert
- Dorfkirche Nitzschka, 16.–18. Jahrhundert
- Dorfkirche Sachsendorf, 17. Jahrhundert
- rekonstruierte bronzezeitliche Hügelgräber östlich und südöstlich von Sachsendorf
- „Johannas Höh“ südlich von Pyrna, 12 m hoher Aussichtsturm von 1911[54]
- Stamps of Germany (DDR) 1975, MiNr 2094.jpg
Posttor auf einer Briefmarke
Persönlichkeiten
Bedeutende Persönlichkeiten
Bürgermeister
In Wurzen gibt es den Bürgermeister-Schmidt-Platz[55] und den Boockweg[56] – als Dank und als Erinnerung an die einstigen Stadtoberhäupter Julius Theodor Schmidt und Georg Boock.
Ehrenbürger
Folgenden Personen wurde als Anerkennung und Dank für ihre Leistungen die Ehrenbürgerwürde der Stadt Wurzen verliehen (chronologisch):[57]
- 1832: Wolf Friedrich von Jeschke auf Biehla, königlich sächsischer Oberst
- 1857: E. Julius Kauferstein, Archidiakon und Lokalschulinspektor
- 1864: Eduard Friederici, Domkapitular, Geheimer Hofrat, Ritter
- 1869: Carl Ludwig Langbein, Advokat
- 1873: Wilhelm Fischer, königlich sächsischer Bergmeister
- 1879: Franz Maximilian Wielisch, Stifts-Superintendent
- 1884: Richard von Koenneritz auf Lossa, Geheimer Rat, Graf
- 1891: Georg Juel, Unternehmer, Mitbegründer der Wurzener Teppichfabrik, Stadtverordneten-Vorsteher, Initiator des Stadtparks
- 1895: Otto von Bismarck, Reichskanzler
- 1899: Carl August Bäßler, Rentier
- 1929: Hermann Ilgen
- 1998: Hans Imhoff, Unternehmer
- 2005: Horst Schulze, Domdechant und Superintendent i. R.[58]
- 2006: Richard Klinkhardt, Ingenieur[58]
- 2013: Philipp Wende, erfolgreicher Rudersportler aus Wurzen[58]
- 2014: Wolfgang Ebert, Orts- und Regional-Chronist[58][59]
- 2018: Dietrich Hoffmann, Unternehmer[60]
Varia
- Der Schriftsteller Bernd Wagner wählte in seinem Roman Die Sintflut in Sachsen[61] seine Geburtsstadt als Haupthandlungsort.[62] Der Roman wurde 2019 von MDR Kultur als Hörbuch mit Jörg Schüttauf als Sprecher produziert.[63]
- Die Soziologin und Fotografin Cordia Schlegelmilch, die von 1990 bis 1996 in Wurzen lebte, führte rund 170 Tiefeninterviews mit Bürgern der Stadt über die Veränderungen nach der Wende; begleitend dokumentierte sie den Umbruch fotografisch. Die aus diesem Material gewonnene Wurzen-Studie kann als einzigartig gelten.[64][65]
Literatur
- Cordia Schlegelmilch: Eine Stadt erzählt die Wende. 1989 Wurzen/Sachsen1990. Sax-Verlag, Markkleeberg, Beucha 2019, ISBN 978-3-86729-239-9.
- Stadtverwaltung Wurzen; Wurzen im Wandel. Ein bebilderter Streifzug durch die Stadt von 1850 bis in die Gegenwart. Horb am Neckar 2011.
- Wolfgang Ebert: Wurzen und die Muldenaue. Ein Führer durch die Stadt, ihre Landschaft und Geschichte. Beucha 2010, ISBN 978-3-86729-076-0.
- Wolfgang Ebert: Historisch-topographisches Lexikon der Stadt Wurzen und der Stadtteile Dehnitz, Roitzsch und Nemt (Reihe „Terra Wurcinensis – Das Wurzener Land in Geschichte und Gegenwart“). 3. Auflage, Beucha 2008, ISBN 978-3-930076-55-0, DNB 991585763.
- Cordia Schlegelmilch: Wurzen. Erfurt 2006, ISBN 978-3-86680-066-3, DNB 980196620.
- NovoPrint Verlags GmbH Fellbach und Stadtverwaltung Wurzen (Hrsg.): Große Kreisstadt Wurzen – Informationsbroschüre mit mehrfarbigem Stadtplan. 4. Auflage. Fellbach / Wurzen 2005 (80 Seiten).
- Stadtverwaltung Wurzen (Hrsg.): Wurzen – ein gutes Stück Sachsen. Geschichte & Geschichten einer 1040-jährigen Stadt. Wurzen 2001, ohne ISBN.
- Hans Abicht, Reiner Herrig, Rolf und Rosemarie Kunze, Gerhard Marchewitz (Hrsg.): Wurzen – Eine tausendjährige Stadt in Sachsen. Wurzen 1990, ISBN 3-9700003-0-0.
- Wurzen 961–1961. Festschrift zur Tausendjahrfeier. (herausgegeben vom Rat der Stadt Wurzen und der Redaktion „Der Rundblick“ Wurzen) Wurzen 1961.
- Joseph Richter: Wurzen in Wort und Bild. Ein Führer durch die Heimat (Umschlagtitel: Führer durch Wurzen und Umgebung). Wurzen 1936 (mit Stadtplan und Umgebungskarte).
- Joseph Richter: Chronik der Stadt Wurzen. Herausgegeben mit Unterstützung des Wurzener Geschichts- und Altertumsvereins. Wurzen 1930.
- Max Mucker: Was wir schufen. Drei Jahre zielbewußte sozialistische Aufbauarbeit für Hand- und Kopfarbeiter und für die gesamte Bevölkerung der Stadt Wurzen. Herausgegeben vom Vorstand des sozialdemokratischen Volksvereins Wurzen. Wurzen 1929.[66]
- Cornelius Gurlitt: Wurzen. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 20. Heft: Amtshauptmannschaft Grimma (2. Hälfte). C. C. Meinhold, Dresden 1898, S. 270.
- Otto Moser: Die Umgebung Leipzigs – Praktischer Führer für Touristen zu Ausflügen durch die nahe und weitere Umgebung Leipzigs. Verlag Richard Bauer, Leipzig 1886
- Otto Moser: Führer durch das Mulden-Thal von Wurzen bis Glauchau. Verlag Richard Bauer, Leipzig 1878
- Christian Schöttgen: Historie der kursächsischen Stiftsstadt Wurzen. Leipzig 1717 (Volltext).
Quellen
Eine umfangreiche Überlieferung der Stadt Wurzen für den Zeitraum 1488–1969 zu Reichs-, Verfassungs- und Gemeindeangelegenheiten, Finanzen, Militär- und Kriegsangelegenheiten, Gesundheits- und Sozialwesen, Handel, Gewerbe, Industrie, Landwirtschaft, Ordnungs- und Sicherheitspolizei, Statistik, Wahlen, Schule, Kirche, Bauverwaltung, Brandschutz, Vereinen, Innungen, Verkehr, Fremd- und Zwangsarbeitern, dem Stadtgericht, dem Amt für Umsiedler, den Gemeinden Grubnitz und Roitzsch befindet sich im Sächsischen Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, Bestand 20629 Stadt Wurzen.[67]
Weblinks
- Offizielle Homepage der Stadt Wurzen
- Wurzen im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Literatur über Wurzen in der Sächsischen Bibliografie
- Überlieferung zum Bahnhof Wurzen im Bestand der Reichsbahndirektion Halle im Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Dessau
- Stadtchronik des Wurzener Geschichts- und Altstadt-Verein e.V., abgerufen am 2. März 2021
- Lexikon für Wurzen, Dehnitz und Roitsch des Wurzener Geschichts- und Altstadt-Verein e.V., abgerufen am 2. März 2021
- Jürgen Schmidt: Die Geschichte der Wurzener Kasernen – Vom Militär in der Stadt Wurzen bis zum Abzug der sowjetischen Garnison 1993 (pdf, 2020), abgerufen am 2. März 2021
- 140 Jahre Landwirtschaftsschule Wurzen (pdf, 2018), abgerufen am 2. März 2021
- Informationen zur Orgel im Dom St. Marien in der Orgeldatenbank Organindex
- Wurzen, St. Wenceslai, Jehmlich-Orgel in der Orgeldatenbank Organindex
Einzelnachweise
- ↑ Bevölkerung der Gemeinden Sachsens am 31. Dezember 2021 – Fortschreibung des Bevölkerungsstandes auf Basis des Zensus vom 9. Mai 2011 (Gebietsstand 01.01.2021). Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, abgerufen am 21. Juni 2022. (Hilfe dazu).
- ↑ Die Stadt Wurzen mit ihrem Dom steht damit in einer Reihe mit Domstädten wie etwa Meißen, Merseburg, Halle (Saale), Naumburg (Saale) und Magdeburg.
- ↑ Stadt Wurzen: Wissenswertes
- ↑ Manfred Wilde: Die Zauberei- und Hexenprozesse in Kursachsen. Köln/Weimar/ Wien 2003, S. 647–649.
- ↑ Stadtchronik. In: Website des Wurzener Geschichts- und Atstadt-Vereins e. V. Abgerufen am 11. November 2017.
- ↑ a b Ruth Gleinig, Oliver Igel (Bearb.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR. Herausgegeben von Annette Kaminsky. Ch. Links, Berlin, 2., überarbeitete und erweiterte Aufl. 2007, ISBN 978-3-86153-443-3, S. 383.
- ↑ 24.Tag der Sachsen in Wurzen eröffnet, auf radiodresden.de, abgerufen am 20. August 2022
- ↑ Michael Rademacher: Wurzen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
- ↑ Deutschland: Sachsen, auf citypopulation.de
- ↑ a b c d Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen: Gebietsänderungen
- ↑ a b c d e f g h i Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7.
- ↑ a b c Das Sachsenbuch. Kommunal-Verlag Sachsen, Dresden 1943.
- ↑ a b c d Verzeichnisse der seit Mai 1945 eingemeindeten Gemeinden und Nachweis über die Aufgliederung der selbständigen Gutsbezirke und Staatsforstreviere. 1952, Herausgeber: Ministerium des Innern des Landes Sachsen.
- ↑ Gemeinderatswahl 2019. Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, abgerufen am 2. Juni 2019.
- ↑ Aus Wurzen berichten Peter Maxwill, Carolin Katschak (Video): Gewalt in Wurzen: „Für die einen ein Ausländer-Problem, für die anderen ein Nazi-Problem“. In: Spiegel Online. 27. Januar 2018 (spiegel.de [abgerufen am 23. September 2019]).
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