Johnny & Jones

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Johnny & Jones

Autogrammkarte von Johnny (l.)
und Jones (r.), ca. 1938
Allgemeine Informationen
Herkunft Amsterdam, (Niederlande)
Genre(s) Jazz
Gründung 1936
Gründungsmitglieder
Nol van Wesel (Johnny)
Max Kannewasser (Jones)

Johnny & Jones war der Name eines Jazz-Duos aus Amsterdam, bestehend aus Arnold „Nol“ Siméon van Wesel (Johnny) (3. August 191820. März 1945) und Max Salomon Meyer Kannewasser (Jones) (24. September 191615. April 1945). Beide Musiker wurden Opfer des Holocaust.

Musikalische Laufbahn

Datei:Johnny & Jones - Westerbork Serenade (1944).ogg Datei:Johnny and Jones - Wij sloopen met muziek.ogg

Van Wesel (r.) und Kannewasser während ihrer Gefangenschaft im Kamp Westerbork im Jahre 1944 (Zeichnung von Leo Kok)

Nol van Wesel und Max Kannewasser waren im Amsterdamer Kaufhaus De Bijenkorf angestellt. Van Wesel arbeitete in der Buchhaltung,[1] Kannewasser verkaufte Weiße Ware. Ihr erster bekannter Auftritt war 1934, als sie auf einem Betriebsfest mit anderen Musikern als das Quartett The Bijko Rhythm Stompers aufspielten.[2] 1936 kündigten sie ihre Anstellungen im Kaufhaus und begannen, unter dem Namen Johnny & Jones aufzutreten; Vorbild war das amerikanische Duo Slim & Slam.[2] Sie sangen Jazzsongs, von Gitarre begleitet; ihr größter Hit war Mijnheer Dinges weet niet wat swing is aus dem Jahre 1938.[3] Die niederländischen Texte, die mit amerikanischem Akzent gesungen wurden, waren aktuell und humoristisch, gewürzt mit typischem Amsterdamer und jüdischem Humor. Ab 1937 traten Johnny & Jones regelmäßig im VARA- Rundfunk auf und wurden äußerst populär.[4] Sie gelten als die ersten Teenie-Idole der Niederlande.[2]

Lager und Tod

Nach der Besetzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 durfte das Duo wegen seiner jüdischen Herkunft nur noch vor jüdischem Publikum auftreten, und ab 1941 waren ihnen Auftritte gänzlich verboten. Kannewasser wurde von dem Sänger Max van Praag gedrängt, mit ihm gemeinsam in Boskoop unterzutauchen, was Kannewasser mit den Worten „Wir sind bekannte Künstler, uns verhaften sie nicht“ ablehnte.[5] 1943 wurden die beiden Männer jedoch von den Deutschen gemeinsam mit ihren Ehefrauen in das Kamp Westerbork deportiert. Dort wurden sie zur Ausschlachtung (sloperij) von abgeschossenen Flugzeugen eingesetzt. Bei einem dieser Einsätze in der Nähe von Weesp hatten sie 1944 mit Zustimmung der Deutschen die Gelegenheit, in Amsterdam sechs Lieder aufzunehmen, vier auf Niederländisch, zwei auf Deutsch. Darunter waren die Westerbork serenade und Wij slopen met muziek, beide Lieder mit bitterbösen Texten. So heißt es in der Serenade ahnungsvoll: „Langs het spoorwegbaantje schijnt het zilveren maantje“. („Den Eisenbahnschienen entlang scheint der silberne Mond.“)

Auch hierbei lehnten van Wesel und Kannewasser mehrere Angebote zur Flucht oder zum Untertauchen ab. Sie gaben an, überzeugt zu sein, dass ihnen nichts passieren würde. Der eigentliche Grund war aber wohl, dass ihre Frauen weiterhin in Westerbork gefangen waren. Im Lager traten Johnny & Jones mindestens noch einmal unter ihrem Namen auf und sangen unter Max Ehrlich im Rahmen seiner Lagerrevuen. Weitere Auftritte in den Revuen sollen an ihrem schlechten Deutsch gescheitert sein, aber sie musizierten im Lager-Kaffeehaus.[6]

Am 4. September 1944 wurden Nol van Wesel und Max Kannewasser mit einem der letzten Transporte aus Westerbork nacheinander nach Theresienstadt, Auschwitz, Sachsenhausen, Ohrdruf und schließlich nach Bergen-Belsen deportiert. Dort starben sie in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs. Die Ehefrau von Kannewasser, Nanny,[7] überlebte den Holocaust.[8]

Erinnerung

2001 entstand in den Niederlanden der Dokumentarfilm Johnny & Jones von Hans Hylkema.[9] Im selben Jahr wurde die Kurz-Oper von Theo Loevendie und Carel Alphenaar beim Holland Festival aufgeführt.[4][10] Das Verzetsmuseum Amsterdam zeigte die Ausstellung Johnny and Jones; two swinging kids and their fate.[11]

Diskografie

  • Album Johnny and Jones: Two Kids and a Guitar (1938–1940)[12]

Literatur

  • Wolfgang Kampa: Johnny & Jones : „Teenie-Idole“ der 30er Jahre im Lager Ohrdruf. In: Geheimnis Jonastal. 2005 (4), S. 16–17.

Weblinks

Commons: Johnny & Jones – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Texte von Johnny & Jones auf Wikisource – Quellen und Volltexte (niederländisch)

Einzelnachweise

  1. Over Arnold Simeon van Wesel. In: joodsmonument.nl. Abgerufen am 21. September 2016 (niederländisch).
  2. a b c Johnny en Jones. In: Joodsamsterdam. 24. September 1916, abgerufen am 22. September 2016 (niederländisch).
  3. Johnny and Jones – Mijnheer Dinges weet niet wat swing is auf YouTube, 30. April 2009.
  4. a b Johnny & Jones. In: TheaterEncyclopedie. Abgerufen am 21. September 2016 (niederländisch).
  5. Marga van Praag: Jaap en Max. Singel Uitgeverijen, 2012, ISBN 978-90-388-9501-7, S. 1904 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Dirk Mulder/Ben Prinsen: Johnny & Jones (1916-1945, 1918–1945), zorgeloze liedjes in Kamp Westerbork. De Tweede Wereldoorlog in muziek, abgerufen am 25. März 2019.
  7. Salomon Meijer Kannewasser u. a.: Bekendmaking van het huwelijk van Max Kannewasser en Nanny Koster. In: Het Joodsche Weekblad. Veröffentlicht auf joodsmonument.nl, 13. April 2012, 28. August 1942, abgerufen am 22. September 2016 (niederländisch).
  8. Over Salomon Meijer Kannewasser. In: joodsmonument.nl. 28. Februar 2006, abgerufen am 21. September 2016 (niederländisch).
    Holocaust Survivors and Victims Database – Nanny Kannewasser-Koster. In: ushmm.org. Abgerufen am 22. September 2016 (englisch).
  9. Johnny & Jones – Nederlands Film Festival. (Nicht mehr online verfügbar.) In: filmfestival.nl. Archiviert vom Original am 21. September 2016; abgerufen am 21. September 2016 (niederländisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.filmfestival.nl
  10. Johnny & Jones Opera. In: musiques-regenerees.fr. Abgerufen am 21. September 2016.
  11. Verzetsmuseum – Johnny and Jones; two swinging kids and their fate. (Nicht mehr online verfügbar.) In: verzetsmuseum.org. 5. November 2001, archiviert vom Original am 22. September 2016; abgerufen am 22. September 2016 (niederländisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.verzetsmuseum.org
  12. Johnny & Jones – Two Kids And A Guitar, 1938–’40. In: discogs.com. Abgerufen am 21. September 2016 (englisch).