Nothaltauftrag

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Ein Nothaltauftrag ist eine Meldung im Eisenbahnverkehr, durch die ein Zug zum Anhalten aufgefordert wird. Er wird meist über Zugfunk gegeben.[1] Per Nothaltauftrag angehaltene Züge dürfen nur mit Zustimmung des Fahrdienstleiters weiterfahren.[2] Neben dem mündlichen Nothaltauftrag existieren noch die Notsignale Sh 3 und Sh 5. Früher kamen hierbei auch Knallkapseln zum Einsatz (ehemals Sh 4).

Im Zugfunk

Nothaltaufträge über Zugfunk oder die Streckenfernsprechverbindung sind über die Notruf-Funktion abzugeben.[3] Auch unvollständig aufgenommene Nothaltaufträge müssen sofort ausgeführt werden.[4] Seit Dezember 2009 muss bereits bei einem eingehenden Notruf mit nicht eindeutig verstandenem Inhalt auf Sicht gefahren werden, bis die Ursache des Notrufs geklärt ist.[5]

Wenn ein Zug den Nothaltauftrag abgibt, muss der Empfang vom Fahrdienstleiter bestätigt werden. Bei analogem Zugfunk muss der Nothaltauftrag durch den Fahrdienstleiter oder einen anderen Bediensteten wiederholt werden, damit die anderen Züge im Umkreis auch Kenntnis davon erlangen.[6]

Ein Nothaltauftrag erstreckt sich entweder auf eine Betriebsstelle oder auf die Strecke zwischen zwei Betriebsstellen. Er hat einen definierten Wortlaut:

„Betriebsgefahr, alle Fahrten in/zwischen (Betriebsstelle/Betriebsstellenteil) sofort anhalten!
Ich wiederhole:
Betriebsgefahr, alle Fahrten in (Betriebsstelle/Betriebsstellenteil) sofort anhalten!
Hier (Identifikation des Meldenden).“

Im Gültigkeitsbereich der Fahrdienstvorschrift der DB Netz AG (FV-DB) soll bei Abgabe des Nothaltauftrags über eine Fernsprechverbindung außer Streckenfernsprechverbindungen „alle Fahrten“ durch die Angabe eines Streckenabschnitts („alle Fahrten zwischen [Zugmeldestelle] und [Zugmeldestelle]“) oder eines Bahnhofs („alle Fahrten im Bahnhof [Name]“) ergänzt oder durch Nennung eines bestimmten Zuges („Zug [Nummer]“) ersetzt werden.

ETCS

Im europäischen Zugbeeinflussungssystem ETCS gibt es einen bedingten und einen unbedingten Nothaltauftrag. Während bei einem unbedingten Nothaltauftrag (unconditional emergency stop message, UES) ein Zug (mit Wechsel in die Betriebsart Trip) umgehend zum Halt gebracht werden soll, bezieht sich ein bedingter Nothaltauftrag (conditional emergency stop message, CES) auf einen (relativ zur LRBG beschriebenen) Ort, an dem ein Zug zum Halt gebracht werden soll. Das ETCS-Fahrzeuggerät bewertet in diesen Fällen anhand seiner Odometriedaten die Position des Zuges. Ist die minimale sichere Zugspitze bereits an dem genannten Ort vorbeigefahren, wird der bedingte Nothaltauftrag verworfen und das RBC darüber informiert. Hat die minimale sichere Zugspitze hingegen noch nicht den im CES definierten Ort passiert, wird der bedingte Nothaltauftrag angenommen und ausgeführt. Empfängt das Fahrzeug während eines Nothalts weitere Fahrterlaubnisse werden diese verworfen.[7]

Nothaltaufträge können auch zurückgenommen werden.[8] Bedingte Nothaltaufträge spielen bei der Haltfallbewertung eine wesentliche Rolle.[9]

Einzelnachweise

  1. Ril 408.2581 Abschnitt 3 Absatz 3
  2. Ril 408.2581 Abschnitt 5
  3. Ril 408.2581 Abschnitt 3 Absatz 2
  4. Ril 408.2581 Abschnitt 3 Absatz 6
  5. Bestimmungen zum Notruf und Nothaltauftrag. European Railway Agency, 8. September 2010, abgerufen am 15. Februar 2017 (zweite Sicherheitsempfehlung aus EUB-Bericht Az. 60uu2010-09/002-3323#002-083).
  6. Richtlinie 123 „Notfallmanagement, Brandschutz“, 13. Aktualisierung, Modul 123.0130, Anhänge 02–04
  7. ETCS-Spezifikation, SUBSET 026, Version 3.6.0, Abschnitt 3.10.2
  8. ETCS-Spezifikation, SUBSET 026, Version 3.6.0, Abschnitt 3.10.3
  9. Peter Barth, Marc Behrens, Michael Kümmling, Steffen Mehnert, Thomas Nenke, Wolfgang Pieper, Martin Retzmann, Jochen Trinckauf: Innovationskooperation zur LST-Infrastruktur im Digitalen Knoten Stuttgart. In: Signal + Draht. Band 114, Nr. 7+8, August 2022, ISSN 0037-4997, S. 37–46 (online).