Obrigkeitliche Druckerei (Bern)
Die Obrigkeitliche Druckerei (auch Hoch–Obrigkeitliche Druckerei) in Bern war von 1599 bis 1831 die staatliche Druckerei der Stadt und Republik Bern. In der obrigkeitlichen Druckerei wurden im Auftrag des Rats Erlasse (Satzungen, Reglemente, Verordnungen, Mandate), Anschlagzettel, Bibeln, Kirchengesangbücher, Dissertationen, Katechismen und weitere Lehrmittel in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht.
Geschichte
Der Kleine Rat der Stadt Bern beschloss an seiner Sitzung vom 1. Juli 1599 die Schaffung einer obrigkeitlichen Druckerei.[1] Hauptsächliche Motivation war laut einer entsprechenden Weisung des Rats die befürderung irer tütschen und weltschen schulen.[2] Die zur Schaffung der obrigkeitlichen Druckerei eingesetzte Kommission schlug dem Rat den aus Genf stammenden Jean Le Preux (1574–?) vor. Jean Le Preux wurde besoldet und erhielt vom Rat als Werkstatt und Wohnung das direkt neben der Staatskanzlei liegende Haus Postgasse 70 in Bern zugewiesen.[3] Nachdem Le Preux 1614 die Kündigung erhalten hatte, wurde Abraham Weerli dessen Nachfolger.[4] Weerli brachte 1615 die neue Gerichtssatzung in deutscher und französischer Sprache heraus, wurde aber bereits 1622 infolge einer Inhaftierung seines Amtes enthoben.[5] Sein Nachfolger war Jakob Stuber, der sein Amt als obrigkeitlicher Buchdrucker bis 1635 innehatte.[6] Der Dekan Stephan Schmid (1569–1648) erwarb nun das Druckprivileg, um seinem Schwiegersohn Georg Sonnleitner einen Vorteil verschaffen zu können. Sonnleitner konnte 1640 schliesslich das Privileg persönlich übernehmen und blieb obrigkeitlicher Buchdrucker bis 1679, danach übernahm Gabriel Thormann, der spätere Venner und Seckelmeister die Druckerei, die er zeitweise durch seinen Faktoren Andres Hügenet leiten liess. Ab 1691 war Thormann mit seinen Schwägern Gabriel und Daniel Tschiffeli assoziiert, Daniel Tschiffeli übernahm den Betrieb 1697 allein. Abraham Wagner und Rudolf Müller übernahmen 1731 die Druckerei, nach dem Tod von Abraham Wagner (I.) führte dessen Witwe Helena Wagner die Geschäfte weiter, ab 1769 dann deren Sohn Abraham Wagner (II.). Nach Wagners Tod im Jahr 1782 übernahm dessen Schwager, der Hauptmann Beat Friedrich Fischer die Geschäfte. In den Jahren 1789 bis 1799 war Abraham Daniel Brunner obrigkeitlicher Buchdrucker.[7] 1799 übernahm Daniel Gottlieb Stämpfli von Abraham Daniel Brunner die Druckerei, die bis 1803 Nationaldruckerei hiess. Nachdem 1807 Stämpfli überraschend starb, durfte seine Witwe die Geschäfte bis zum Ablauf des vereinbarten Akkords weiterführen.[8] 1814 wurde Ludwig Albrecht Haller obrigkeitlicher Buchdrucker, durch einen Vertrag zwischen Haller und der Witwe Stämpfli konnte Letztere weiterhin die Kalender (Regimentbuch, Hinkender Bott) drucken.[9] Mit den Umwälzungen von 1831 verlor Haller das Privileg des obrigkeitlichen Buchdruckers.[10]
Die Aufgaben des obrigkeitlichen Buchdruckers wurden in Freiheiten (1640), Privilegien (1679), später durch Verordnung (1719), Reglemente (1721, 1741), Buchdrucker-Eid (1742), Dekret (1765) und Instruktionen geregelt (1789, 1813). Der obrigkeitliche Buchdrucker wurde durch eine zweiköpfige Aufsicht kontrolliert, später unterstand er in Belangen der Schulbücher dem Schulrat. Die obrigkeitliche Druckerei stand mit der sogenannten Oberen Druckerei in Bern in Konkurrenz, da diese vom Rat ebenfalls Aufträge erhielt (Kalender, Zeitungen).
Konzessionäre
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Quellen
- Obrigkeitliche Druckereirechnung (1775-1797) im Katalog des Staatsarchivs Bern.
Literatur
- Hans Bloesch: Das Berner Wappen auf offiziellen Drucksachen im XVI. Jahrhundert. In: Schweizerisches Archiv für Heraldik, Band 55 (1941), S. 24–30. doi:10.5169/seals-745400
- Im Schatten des Goldenen Zeitalters. Künstler und Auftraggeber im Bernischen 17. Jahrhundert, Band 1 Kunstmuseum Bern, Bern 1995.
- Adolf Fluri: Chronologie der Berner Buchdrucker, Bern 1914, S. 11–18.
- Karl Müller: Die Geschichte der Zensur im alten Bern, Bern 1904. online
- Charles Frédéric de Steiger: Jean le Preux, der erste obrigkeitliche Buchdrucker der Stadt Bern 1600–1614, Bern 1953.
Einzelnachweise
- ↑ Tillier 1838, Band 3, S. 599.
- ↑ Müller 1904, S. 6.
- ↑ Müller 1904, S. 6–7.
- ↑ de Steiger 1953, S. 4.
- ↑ Müller 1904, S. 12.
- ↑ Müller 1904, S. 12.
- ↑ Müller 1904, S. 55.
- ↑ Müller 1904, S. 61.
- ↑ Müller 1904, S. 62.
- ↑ Müller 1904, S. 66.
- ↑ Schwager seines Vorgängers Gabriel Thormann.
- ↑ Schwiegersohn von Abraham Wagner (I.)
- ↑ War Setzer bei Beat Friedrich Fischer.
- ↑ Streubestände zu Ludwig Albrecht Haller in der Burgerbibliothek Bern.