Operationstechnischer Assistent

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Operationstechnischer Assistent (OTA), Medizinisch-technischer Assistent (Thüringen) und Operationstechnischer Angestellter (Schleswig-Holstein) sind medizinische Assistenzberufe in Deutschland und ein neu geschaffener Gesundheitsberuf Österreich[1]. Sie übernehmen die Aufgaben von Operationspflegekräften innerhalb eines Krankenhauses. Die Ausbildung auf der Grundlage einer Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) oder der jeweiligen Landesverordnung dauert drei Jahre.[2] Seit dem 1. Januar 2022 ist der Beruf in Deutschland staatlich anerkannt, wonach zum Führen der Berufsbezeichnung ein entsprechender Antrag zu stellen ist. Diese Möglichkeit besteht auch für OTA, welche die Ausbildung vor 2022 absolviert haben.[3]

Operationstechnischer Assistent in Deutschland

Geschichte

Im deutschsprachigen Raum gab es lange keine spezialisierten Berufe für die chirurgische Assistenz; erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts übernahmen Krankenpflegerinnen diese Aufgabe.[4] Mit der Weiterentwicklung der chirurgischen Methoden und der Medizintechnik wuchsen die Ansprüche an die Fähigkeiten der Assistierenden, so dass statt der angelernten Pflegerinnen zunehmend fachlich qualifiziertere, sogenannte Operationsschwestern, benötigt wurden.

Ab den 1970er Jahren etablierten sich landesrechtlich geregelte Fachweiterbildungen im Operationsdienst auf der Grundlage der Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).[5] Die Ausbildung des entsprechenden Fachpersonals dauerte in der Regel sieben Jahre, da vor der vierjährigen Weiterbildung die dreijährige pflegerische Grundausbildung erfolgen musste. Jedoch wurde das Arbeitsfeld für das Fachpflegepersonal aus verschiedenen Gründen zunehmend unattraktiv, so dass es bald zu einem Mangel an qualifizierten Kräften kam.[6] Um dem Fachkräftemangel im Operationsbereich entgegenzuwirken, wurden Anfang der 1990er Jahre die ersten Operationstechnischen Assistenten in Mülheim/Ruhr ausgebildet; in deutlich kürzerer Zeit als das Fachpflegepersonal. 1993 entstand die Gemeinschaft zur Erarbeitung und Konzeption von Richtlinien für die Ausbildung von Operationstechnischen Assistenten (GEKA); drei Jahre später erschienen die Richtlinien zur Ausbildung von Operationstechnischen Assistenten, veröffentlicht von der DKG. Der aus der GEKA entstandene OTA-Schulträgerverband versammelte ab 2004 die meisten inzwischen gegründeten OTA-Schulen.[7]

Als erstes Bundesland gab Schleswig-Holstein eine Landesverordnung über die Berufsausbildung zum „Operationstechnischen Angestellten“ (OTA-VO) heraus; Sachsen folgte mit der Aufnahme des Medizinisch-Technischen-Assistenten-Operationsdienst (MTA-O) in die Thüringer Schulordnung für die Höhere Berufsfachschule (ThürSOHBFS 3).[8] Mit der Berliner Erklärung wurde 2005 eine bundeseinheitliche Ausbildungsregelung für Operationstechnische Assistenz geschaffen. Der bisherige Schulträgerverband erarbeitet ab 2007, nun als Deutscher OTA-Schulträgerverband (DOSV) e.V., ein Curriculum mit Inhalten und Zielen der OTA-Ausbildung für seine Mitglieder. 2010 wurde die Ausbildung nach Landesrecht von Sachsen-Anhalt anerkannt; von der DKG wurde ein Gesetzentwurf über den Beruf der OTA in den Bundestag eingereicht. Ab 2012 wurde im Bundestag die staatliche Anerkennung des Berufes verfolgt.[9]

Mit dem Anästhesietechnische- und Operationstechnische-Assistenten-Gesetz wurde 2019 eine bundesweit einheitliche Ausbildung beschlossen, die mit einer staatlichen Prüfung endet. Das Gesetz trat am 1. Januar 2022 in Kraft.[10]

Voraussetzungen zur Zulassung zur Ausbildung

Voraussetzung ist die gesundheitliche Eignung sowie ein Realschulabschluss oder eine gleichwertige oder eine andere abgeschlossene zehnjährige Schulbildung. Alternativ kann auch ein Hauptschulabschluss bzw. eine gleichwertige Schulbildung genügen, sofern eine Berufsausbildung mit einer vorgesehenen Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren erfolgreich abgeschlossen wurde oder die Erlaubnis als Krankenpflegehelfer vorliegt. Jugendliche müssen eine ärztliche Bescheinigung nach § 23 des Jugendarbeitsschutzgesetzes vorlegen.[11]

Dauer und Gliederung der Ausbildung

Die Ausbildung dauert drei Jahre. Sie umfasst eine Mindeststundenzahl von 1600 Stunden theoretischen Unterrichts und eine praktische Ausbildung von mindestens 3000 Stunden. Die Ausbildung folgt den Empfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft.

Inhalte der Ausbildung

Unter anderem werden folgende Fächer nach Empfehlung der DKG unterrichtet:

Grundlagenfächer:

Berufsfächer:

Zusatzfächer:

Die praktische Ausbildung erfolgt in mehreren Abteilungen und chirurgischen Fachdisziplinen und schließt ein allgemeines Instrumentenpraktikum ein.[12]

Prüfungen

Die Abschlussprüfung besteht aus einem schriftlichen, mündlichen und praktischen Teil. Bei der Endnote für die theoretischen Fähigkeiten werden ausbildungsbegleitende Leistungsnachweise berücksichtigt. Über die bestandene Abschlussprüfung wird eine Urkunde sowie ein Zeugnis ausgestellt.

Tätigkeiten

Zu den Aufgaben eines OTA gehören unter anderem die Vorbereitung der Instrumente und Geräte vor der Operation, die Instrumentation sowie Springertätigkeiten während der Operation sowie die Entsorgung der Instrumente oder deren Zuführen in die Sterilisation nach der Operation.

Bei der Arbeit im Operationssaal tragen alle Mitarbeiter sogenannte Bereichskleidung (Kasack, Hose, sowie eine Kopfhaube und einen Mund-Nasen-Schutz). Die an der Operation direkt Beteiligten (Operateur, Assistenten und Instrumentierender) tragen zusätzlich sterile Handschuhe und einen sterilen Kittel.[13] Zur persönlichen Schutzausrüstung gehört überdies eine Schutzbrille.

In der Regel sind während einer Operation ein Arzt als Operateur und, je nach Größe des Eingriffs, ein bis drei Assistenten (Ärzte, Studenten oder Chirurgisch-Technische-Assistenten) anwesend sowie eine „instrumentierende Kraft“ (Vorbereitung und Anreichen von Instrumenten, Nahtmaterial etc.), ein Springer, ein Anästhesist und eine Anästhesiepflegekraft. Der Springer verrichtet die Arbeiten, für die keine sterile Bekleidung notwendig ist, z. B. Anreichen von Material an die instrumentierende Kraft aus der Umverpackung.[14]

Operationstechnische Assistenten können auch außerhalb des Operationssaals in anderen Funktionsbereichen arbeiten, z. B. in der Endoskopie, Ambulanz bzw. Notaufnahme und in der Zentralen Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA).

Berufsverband

Der Berufsverband für Operationstechnische Assistentinnen und Assistenten mit Sitz in Chemnitz wurde 2014 gegründet.[15] 2019 wurde der Verband Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft zur Erarbeitung eines Berufszulassungsgesetz für OTA und Anästhesietechnische Assistenz (ATA) sowie im Expertengremium des Bundesministeriums für Gesundheit zur Entwicklung der Berufe ATA und OTA. Unter anderem ist der Verband dadurch an der Gestaltung der Inhalte der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (APrV) für die ATA- und OTA-Berufe beteiligt.[16] Im gleichen Jahr beschloss die Mitgliederversammlung, Berufsangehörige der Anästhesietechnischen Assistenz als Ordentliche Mitglieder in den Verband aufzunehmen.[17]

Operationstechnischer Assistent in Österreich

Der Operationstechnischer Assistent ist ein im Jahr 2021 neu geschaffener Gesundheitsberuf in Österreich, der Personalspitzen im OP abdecken soll. Der erste Ausbildungslehrgang soll 2023 an der Gesundheits- und Krankenpflegeschule Feldkirch in Vorarlberg angeboten werden.[18] Mit einer Ausbildungsdauer von 1.600 Stunden Theorie und 3.000 Stunden Praxis unterscheidet sich der Beruf des OTA von dem in Österreich schon länger existierenden Assistenzberuf Operationsassistent (früher: Operationsgehilfe) mit einer Gesamtausbildungsdauer von 1.100 Stunden und geringeren Kompetenzen.[19] Vergleichbar ist der OTA mit dem OP-Pfleger, einer Weiterbildung für Gesundheits- und Krankenpfleger. Rechtsgrundlage ist das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz (MABG).[20]

Ausbildung

Voraussetzung für den Beginn der Ausbildung zum Operationstechnischen Assistenten ist neben der Vollendung des 17. Lebensjahres die erfolgreich abgeschlossene 9. Schulstufe. Nach 1600 Stunden Theorie und 3000 Stunden Praxis schließt die Ausbildung mit einer kommissionellen Abschlussprüfung als Diplomierter Operationstechnischer Assistent/Diplomierte Operationstechnische Assistentin ab.[21]

Literatur

  • Anett Büttner, Pierre Pfütsch: Geschichte chirurgischer Assistenzberufe von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2020, ISBN 978-3-86321-527-9
  • Benny Neukamm, Yahya Cerrahoglu, Eva Klingmann, Nadine Steiner: Auf den historischen Spuren der OP-Pflege. Im OP 4 (2014), S. 210–214. doi:10.1055/s-0034-1387890

Lehrbücher

  • Marija Kucharek, Wolf-Ulrich Heitland (Hg.): Lehrbuch für Operationspflegekräfte: Medizinische und pflegerische Grundlagen, 4. Auflage. Elsevier, München 2013. ISBN 978-3-437-25033-0.
  • Gertraud Luce-Wunderle: Klinikleitfaden OP-Pflege. Urban & Fischer Verlag/Elsevier, München 2015. ISBN 978-3-437-26693-5.
  • Margret Liehn, Heike Richter, Leonid Kasakov (Hg.): OTA-Lehrbuch: Ausbildung zur Operationstechnischen Assistenz. Springer 2014. ISBN 978-3-642-41727-6.
  • Margret Liehn, Brigitte Lengersdorf, Lutz Steinmüller, Rüdiger Döhler: OP-Handbuch. Grundlagen, Instrumentarium, OP-Ablauf, 7., aktualisierte und erweiterte Auflage. Springer, Berlin Heidelberg New York 2021, ISBN 978-3-662-61100-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Österreich schafft neuen Gesundheitsberuf: Operationstechnische Assistenz (OTA). In: Lazarus. 26. November 2021, abgerufen am 24. April 2022 (deutsch).
  2. DKG-Empfehlung zur Ausbildung und Prüfung von Operationstechnischen und Anästhesietechnischen Assistentinnen/Assistenten. 2013; abgerufen am 22. November 2021.
  3. § 69 ATA-OTA-G Weitergeltung für die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung. Abgerufen am 3. Januar 2022.
  4. A. Büttner, P. Pfütsch: Geschichte chirurgischer Assistenzberufe von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2020, s. 11; ISBN 978-3-86321-527-9
  5. A. Büttner, P. Pfütsch: Geschichte chirurgischer Assistenzberufe von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2020, S. 12; ISBN 978-3-86321-527-9
  6. Natalie Wulf: Vom OP-Fachpfleger zum Operationstechnischen Assistenten. In: A. Büttner, P. Pfütsch: Geschichte chirurgischer Assistenzberufe von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2020, S. 148.
  7. Geschichte. ata-ota.org; abgerufen am 20. November 2021.
  8. 2004 – Staatliche Anerkennung als Landesregelung. ata-ota.org; abgerufen am 20. November 2021.
  9. Geschichte. ata-ota.org; abgerufen am 20. November 2021.
  10. Gesetz über die Ausbildung zur Anästhesietechnischen Assistentin und zum Anästhesietechnischen Assistenten und über die Ausbildung zur Operationstechnischen Assistentin und zum Operationstechnischen Assistenten. Bundesgesetzblatt 2019 Teil I Nr. 51; abgerufen am 2. Januar 2022.
  11. Operationstechnischer Assistent im Berufenet der Bundesagentur für Arbeit
  12. Auflistung der theoretischen und praktischen Inhalte
  13. Anforderungen der Hygiene bei Operationen und anderen invasiven Eingriffen (Memento vom 4. Dezember 2013 im Internet Archive) (PDF; 96 kB)
  14. Marija Kucharek, Wolf-Ulrich Heitland, Helmut Waldner: Lehrbuch für Operationspflegekräfte Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 3. Auflage 2008, ISBN 3-437-25032-9
  15. 2014: Die Gründung unserer Interessensvertretung. ata-ota.org; abgerufen am 20. November 2021.
  16. 2019: Einstieg in die Berufspolitik. ata-ota.org; abgerufen am 20. November 2021.
  17. 2019: Ein gemeinsamer Berufsverband für ATA und OTA. ata-ota.org; abgerufen am 20. November 2021.
  18. Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft.m.b.h: Neuer Gesundheitsberuf "Operationstechnische Assistenz" (OTA). Abgerufen am 24. April 2022.
  19. Operationsassistenz - Tätigkeit. Abgerufen am 24. April 2022.
  20. RIS Dokument. Abgerufen am 24. April 2022.
  21. azw: AZW. Abgerufen am 24. April 2022.