Operativer Vorgang

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Der Operative Vorgang (OV) war administrativ ein Verfahren, operativ ein Maßnahmenkatalog des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR zur „Bearbeitung“ oppositioneller Kräfte (im MfS-Jargon „Feindlich-negative Personen“). Er wurde angelegt, um verdeckt gegen einzelne oder Gruppen von missliebigen Personen zu ermitteln und geheimpolizeilich vorgehen zu können. Der OV bildete hierbei die höchste Stufe der Feindbearbeitung; ihm ging im Allgemeinen eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus.[1]

Ausgangspunkt für die Ermittlungen waren zumeist Hinweise auf Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen. Vereinzelt wurden auch operative Vorgänge gegen unbekannt eröffnet, wenn ein Delikt (z. B. verteilte Flugblätter oder anonyme Briefe) keiner Person zugeordnet werden konnte. Operative Vorgänge wurden unter einem Decknamen in der Abteilung XII (Zentrale Auskunft/Speicher) der MfS-Zentrale in Berlin bzw. den jeweiligen Bezirksverwaltungen registriert;[2] die betreffenden Personen (F16) und Organisationen (F17) in zentralen Karteien erfasst. Im Rahmen des OV wurden in einer festgelegten Abfolge „Maßnahmepläne“ erarbeitet und zur Anwendung gebracht. Hierbei griff das MfS auch auf sein umfassendes Netz an Inoffiziellen Mitarbeitern sowie die „Partner des Politisch-operativen Zusammenwirkens“ (POZW) zurück. Bei Personen und Vorkommnissen von erheblicher Bedeutung konnte auf Entscheidung des Ministers oder Leiters einer Bezirksverwaltung auch ein Zentraler Operativer Vorgang (ZOV) angelegt werden, welcher unter Federführung der ZOV-führenden Diensteinheit von mehreren operativen Diensteinheiten in diversen Teilvorgängen bearbeitet wurde. So wurde beispielsweise der Liedermacher Wolf Biermann vom MfS im ZOV „Lyriker“ bearbeitet. Abgeschlossen wurde der Vorgang entweder mit der Eröffnung eines offiziellen Ermittlungsverfahrens (bei nachweisbarem, nach DDR-Recht strafbarem Vergehen) oder durch die Einstellung der Bearbeitung bei Nicht-Bestätigung des Anfangsverdachts. Gelegentlich wurde auch versucht, die Zielperson als Inoffiziellen Mitarbeiter anzuwerben, um deren Umfeld einer weiteren Beobachtung zu unterziehen. Wenn eine Inhaftierung der Zielperson aus taktischen Gründen nicht erwünscht war, kamen häufig Zersetzungsmaßnahmen zum Einsatz, um oppositionelles Verhalten ohne Einsatz des Strafrechts zu sanktionieren. Viele Betroffene erfuhren erst durch Akteneinsicht nach 1990 von den vom MfS gegen sie unternommenen Aktivitäten.

Der Operative Vorgang wurde vom MfS erstmals 1952[3] definiert und 1976[4] neu geregelt. Von 1950 bis 1960 wurde zudem in Einzel- und Gruppenvorgänge unterschieden.[5][6]

Zwischen 1985 und 1988 führte das MfS jährlich 4.500 bis 5.000 operative Vorgänge durch.[7]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Operativer Vorgang (OV) auf jugendopposition.de (Bundeszentrale für politische Bildung / Robert-Havemann-Gesellschaft e.V.), gesichtet am 20. März 2017 (Archiv).
  2. Vgl. Bürgerkomitees Leipzig e.V.: Operativer Vorgang (OV), zuletzt eingesehen am 8. März 2012.
  3. Vgl. Anweisung 14/52 vom 10. September 1952.
  4. Vgl. Richtlinie 1/76 zur Bearbeitung Operativer Vorgänge, BStU, MfS, AGM, Nr. 198, Bl. 307–367.
  5. Vgl. Befehl 1/50 über die Schaffung einer Abteilung Erfassung und Statistik und über das Inkrafttreten der Richtlinien vom 20. September 1950; Download-Option beim Stasi-Unterlagen-Archiv.
  6. Helmut Müller-Enbergs (Hrsg.): Inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, Teil 1: Richtlinien und Durchführungsbestimmungen. 3. Auflage. Ch. Links Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-86153-101-1, S. 159–163.
  7. Vgl. Bernd Eisenfeld: Widerständiges Verhalten im Spiegel von Statistiken und Analysen des MfS. In: Klaus-Dietmar Henke/Roger Engelmann (Hrsg.): Aktenlage – Die Bedeutung der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes für die Zeitgeschichtsforschung, Berlin 1995, S. 157–176, hier S. 161.