Opioidrezeptoren

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3D-Strukturmodel des κ-Rezeptors in Komplex mit dem Liganden JDTic

Opioidrezeptoren (bzw. Opiatrezeptoren) sind spezifische, zelluläre Bindungsstellen (Rezeptoren) für Opioide. Diese Bindungsstellen sind in vielen Tierarten und im menschlichen Gehirn zu finden. Gewöhnlich binden sie körpereigene (endogene) Peptide. Die erste Identifikation der Opioidrezeptoren erfolgte 1973[1] durch Candace Beebe Pert (1946–2013) und Solomon H. Snyder.

Opioidrezeptoren im menschlichen Nervensystem

Opioidrezeptoren befinden sich im zentralen und peripheren Nervengewebe; eine höhere Dichte findet sich im Thalamus. An die Opioidrezeptoren docken endogene Liganden, sowie opioidhaltige Narkoanalgetika an. Die endogenen Opioide gehören nach der Hypothese von O. Schaumann zu einem protektiven System, dessen evolutionärer Sinn darin bestehe, die unter einer Belastungssituation ausgelösten Reaktionen zu dämpfen, da diese dem Überleben des Individuums hinderlich sind. Opioidpeptide sind die natürlichen Liganden der Opioidrezeptoren. Dabei interagieren die entsprechenden Aminosäuresequenzen der Liganden oder besser deren sterische Struktur bzw. räumliche Faltung mit den gleichen Rezeptoranteilen wie die der synthetischen Opioide bzw. Alkaloide. Die Schmerzmittel können natürlichen (Morphin) und synthetischen Ursprungs sein (Fentanyl). Auch Opioid-Antagonisten wie Naloxon oder Naltrexon entfalten ihre Wirkung an den Opioidrezeptoren. Nicht alle Opiate (Inhaltsstoffe des Opiums) binden an Opioidrezeptoren.

Endogene Peptide

Die körpereigenen Liganden sind: Endorphin (synonym: Endomorphin), Enkephalin, Metorphamid und Dynorphin.

Rezeptoren

Die folgenden Rezeptoren sind bekannt: μ, κ, δ, ε, ORL; sie lassen sich weiter aufgliedern in ihre Subrezeptoren. Die aufgeführten Rezeptoren sind G-Protein-gekoppelt. Die Aktivierung eines Opioidrezeptors und des damit gekoppelten G-Proteins löst in der Synapse folgende Wirkungen aus:
a) Hemmung der Adenylatzyklase (µ oder OP3, κ oder OP2)
b) Aktivierung von Kaliumkanälen (Kaliumausstrom aus der Zelle, Hyperpolarisation, µ oder OP3, κ oder OP2)
c) Hemmung von spannungsabhängigen Calciumkanälen (κ oder OP2)

  • µ1-Rezeptor: kommt präsynaptisch vor. Sein Signaltransduktionsweg führt über ein G-Protein zur Senkung von cAMP. Damit wird der Calcium-Einstrom vermindert und es kommt zu einer geringeren Transmitterfreisetzung. Die Effekte des µ1-Rezeptors sind Analgesie (spinal und supraspinal), Hypothermie, Euphorie und Miosis.
  • µ2-Rezeptor: kommt postsynaptisch vor, wirkt hemmend durch Erhöhung der Öffnungswahrscheinlichkeit für Kalium-Kanäle (Hyperpolarisation). µ2-Agonismus vermindert die Reaktion auf erhöhtes pCO2 und ruft so eine Atemdepression hervor, ferner vermindert er die Propulsiv-Motorik (verdauungsfördernde Motorik) des Magen-Darm-Trakts. In der Regel wirken Stoffe hier mit den gleichen Effekten wie am µ1-Rezeptor; es sind jedoch funktionell selektive Liganden bekannt, beispielsweise Tianeptin.
  • δ-Rezeptor: kommt präsynaptisch vor. Er ist assoziiert mit der analgetischen Wirkung auf Rückenmarksebene. Von den endogenen Opioiden bindet das Enkephalin vorzugsweise an diesen Rezeptor.
  • κ-Rezeptor: ist ebenfalls für die spinale Analgesie verantwortlich, allerdings auch für geringe Atemdepression und Sedation. Selektive Aktivierung kann zu Dysphorie führen. Dadurch ist das Suchtpotential bei selektiven κ-Rezeptor-Agonisten eingeschränkt. Interessanterweise verursacht Salvinorin A durch Agonismus am κ-Rezeptor Halluzinationen. (Roth et al. 2002) Dynorphine haben eine höhere Affinität zu κ-Rezeptoren als zu den anderen Opioid-Rezeptoren. Der relativ selektive κ-Agonist Pentazocin ist aufgrund stärkerer Nebenwirkungen (Atemdepression und Abhängigkeit) seit 2006 außer Handel.
  • Der ε-Rezeptor ist in seiner Funktion noch unbekannt.
  • Der Orphan-Rezeptor (ORL für opioid receptor like) ist ebenfalls eine jüngere Entdeckung.

Atemdepression

Generell muss beachtet werden, dass durch eine verminderte CO2-Empfindlichkeit von zentralen Blutgas-Rezeptoren und den Wegfall des Schmerzes, der als starker Atemantrieb gilt, bei allen Opioid-Agonisten die Atemdepression zu tödlichen Folgen führen kann. Dies ist deshalb problematisch, da es aufgrund der starken Toleranzentwicklung häufig zu einer raschen Dosissteigerung kommt.

Siehe auch

Literatur

  • B. N. Dhawan, F. Cesselin, R. Raghubir u. a.: International Union of Pharmacology. XII. Classification of opioid receptors. In: Pharmacol Rev. Band 48, Nr. 4, 1996, S. 567–592 (Volltext [PDF; 6,0 MB]).
  • E. Freye: Opiatrezeptoren im Gehirn. Ihre Bedeutung für Blutdruck, Herzfrequenz, Baroreflexfunktion und Vigilanz. perimed Fachbuch Verlag, Erlangen 1982, ISBN 3-88429-067-3.
  • E. Freye: Opioide in der Medizin. 6. Auflage. Berlin / Heidelberg / New York 2004, ISBN 3-540-40812-6.
  • O. Schaumann: Analgetika und „protektives“ System. In: Die Naturwissenschaften. Band 41, Nr. 4, 1954, S. 96–96, doi:10.1007/BF00633888 (freier Volltext).

Einzelnachweise

  1. Michael Heck, Michael Fresenius: Repetitorium Anaesthesiologie. Vorbereitung auf die anästhesiologische Facharztprüfung und das Europäische Diplom für Anästhesiologie. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg/ New York u. a. 2001, ISBN 3-540-67331-8, S. 804.
  2. W. R. Martin, C. G. Eades, J. A. Thompson, R. E. Huppler, P. E. Gilbert: The effects of morphine- and nalorphine- like drugs in the nondependent and morphine-dependent chronic spinal dog. In: J. Pharmacol. Exp. Ther. Band 197, Nr. 3, 1976, S. 517–532, PMID 945347.