Oswald Kaduk

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Oswald Kaduk (* 26. August 1906 in Königshütte, Oberschlesien; † 31. Mai 1997 in Langelsheim, Niedersachsen) war ein deutscher SS-Unterscharführer und Rapportführer im Konzentrationslager Auschwitz.

Leben

Kaduk war der Sohn eines Hufschmiedes. Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er das Metzgerhandwerk und war danach beim städtischen Schlachthof (Neues Städtisches Schlachthaus) beschäftigt. Nach zeitweiser Arbeitslosigkeit arbeitete er ab 1927 bei der Städtischen Berufsfeuerwehr in Königshütte.[1]

Rapportführer im KZ Auschwitz

1939 trat Kaduk freiwillig der Allgemeinen SS bei. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er im März 1940 zur Waffen-SS nach Berlin eingezogen. Er kam an die Ostfront, wurde aber nach verschiedenen Erkrankungen und Lazarettaufenthalten im Juli 1941 nach Auschwitz versetzt. Zunächst im Wachsturmbann eingesetzt, wurde Kaduk Blockführer und schließlich Rapportführer.

„Im Spätsommer 1944 fehlte beim Abendappell ein Häftling. Die angetretenen Häftlinge mußten so lange stehen bleiben, bis der Fehlende schließlich gefunden wurde. Kaduk und ein anderer Rapportführer schlugen so auf den Häftling ein, daß er mehrfach zu Boden fiel. […] Schließlich blieb der Häftling auf dem Rücken liegen, er lebte aber noch. Kaduk und der andere Rapportführer traten daraufhin mit voller Kraft mit ihren Stiefelabsätzen auf den Brustkorb des Häftlings bis - so die Feststellungen des Frankfurter Schwurgerichts - die Rippen krachten. Kaduk und der andere hörten erst […] auf, als der Häftling tot war.“[2]

Nach der Räumung des KZ Auschwitz im Januar 1945 wurde er ins KZ Mauthausen versetzt.[3]

Nachkriegszeit

Nach Kriegsende arbeitete Kaduk unter Falschnamen in einer Zuckerfabrik in Löbau. Im Dezember 1946 wurde er von einem ehemaligen Häftling wiedererkannt und von einer sowjetischen Militärstreife festgenommen. Ein sowjetisches Militärgericht verurteilte ihn am 25. August 1947 zu 25 Jahren Zwangsarbeit. Im April 1956 wurde er begnadigt und vorzeitig aus dem Zuchthaus Bautzen entlassen.

Er ging nach West-Berlin und arbeitete im Krankenhaus Tegel-Nord als Krankenpfleger. Wegen seiner Hilfsbereitschaft hatte er dort bald den Namen „Papa Kaduk“.[4]

Im Juli 1959 wurde er erneut verhaftet. Im ersten Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main war Kaduk einer der Hauptbeschuldigten. Das Frankfurter Schwurgericht verurteilte ihn am 20. August 1965 zu lebenslangem Zuchthaus wegen Mordes in zehn Fällen und gemeinschaftlichen Mordes in zwei Fällen an mindestens 1002 Menschen. Zudem verlor er die bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit. Wegen der Schwere der Taten wurden seitens der zuständigen Strafvollzugskammer diverse Gnadengesuche abgelehnt. Nach der Verlegung in den offenen Vollzug 1984 wurde er 1989 aus der hessischen Vollzugsanstalt Schwalmstadt wegen Haftunfähigkeit entlassen.

Kaduk führte im Prozess zu seiner Entlastung an, er selbst sei doch „nur ein Handlanger“ gewesen. Die wirklich Schuldigen liefen frei herum. „Wenn ich an Herrn Staatssekretär Globke denke, frage ich mich, warum wird mit zweifachem Maß gemessen.“[5]

1997 starb Oswald Kaduk im Langelsheimer Stadtteil Lautenthal im Harz.

In der filmischen Reportage „Drei deutsche Mörder. Aufzeichnungen über die Banalität des Bösen“ (1978/99) von Ebbo Demant wurden vierzehn Jahre nach dem Auschwitzprozess und während ihrer Haftzeit Kaduk, Josef Klehr und Josef Erber zu Auschwitz und ihrem Selbstverständnis als ehemalige Angehörige des SS-Lagerpersonals interviewt.[6]

Literatur

  • Ebbo Demant (Hrsg.): Auschwitz – „Direkt von der Rampe weg…“ Kaduk, Erber, Klehr: Drei Täter geben zu Protokoll. Rowohlt, Hamburg 1979, ISBN 3-499-14438-7.
  • Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-039333-3.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0.
  • Hermann Langbein: Menschen in Auschwitz. Ullstein-Verlag, Frankfurt am Main, Berlin Wien 1980, ISBN 3-548-33014-2.
  • Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hrsg.): Auschwitz in den Augen der SS. Oswiecim 1998, ISBN 83-85047-35-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Peter Reichel: Vergangenheitsbewältigung in Deutschland. Die Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur von 1945 bis heute. Beck'sche Reihe 1416, München 2001, ISBN 3-406-45956-0, S. 164
  2. Demant, S. 73.
  3. Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hrsg.): Sterbebücher von Auschwitz. Band 1: Berichte, 1995, S. 283f
  4. Ronen Steinke: Mord ist die Summe aller Teile. 50 Jahre nach dem Auschwitz-Prozess in Frankfurt. In: Süddeutsche Zeitung vom 1. Juni 2013.
  5. Kurt Nelhiebel: Die Entkopplung von Krieg und Vertreibung. Zu Manfred Kittels Deutung der jüngeren europäischen Geschichte, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, H. 1, 58. Jg. 2010, S. 54–69, hier S. 56 ISSN 0044-2828 Online bei der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft PDF; 3,6 MB, nach FR vom 10. März 1964
  6. Textfassung: Ebbo Demant (Hg.): Auschwitz - "Direkt von der Rampe weg..." Kaduk, Erber, Klehr: Drei Täter geben zu Protokoll, Hamburg 1979.