Pädagogische Hermeneutik

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die pädagogische Hermeneutik ist eine hermeneutische Forschungsmethode, die ein wissenschaftliches Verfahren zur Gewinnung von pädagogisch relevantem Wissen anbieten will. Sie ist in der geisteswissenschaftlichen Pädagogik angesiedelt und versucht als Hermeneutik der Erziehungswirklichkeit den Sinn und die Grundphänomene von Erziehung und Bildung auszulegen.

Da sich die Hermeneutik als im Horizont der Geschichte stehend begreift, versucht die pädagogische Hermeneutik die beschriebene Zielsetzung (Auslegung des Sinns und der Grundphänomene von Erziehung und Bildung) zum Beispiel durch Interpretation von Texten der historischen Pädagogik und durch Deutung der historisch-politischen Voraussetzungen erzieherischer Institutionen sowie der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen zu erfüllen. Zum allgemeinen Forschungsgegenstand der pädagogischen Hermeneutik zählt das pädagogisch-didaktische Denken und Handeln in seinen historischen, gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten.[1]

Die pädagogische Hermeneutik geht davon aus, dass ein Pädagoge lernt, indem er mit einem gewissen Vorverständnis in eine Situation gerät oder sich mit einem gewissen Vorverständnis mit einem bestimmten wissenschaftlichen Sachverhalt beschäftigt. Durch die Ergebnisse seines Handelns bzw. Forschens komme er zu einem Gegenstandsverständnis, welches gegenüber seinem Vorverständnis erweitert ist.

Der Pädagoge schaffe demnach durch Reflexion den Transfer vom Gegenstandsverständnis zu einem erweiterten Vorverständnis, das er anwenden kann, wenn er erneut in eine solche Situation kommt bzw. sich mit einem ähnlichen oder dem gleichen wissenschaftlichen Sachverhalt (erneut) beschäftigt. Dieser Kreislauf ist theoretisch bis ins Unendliche fortsetzbar.

Literatur

  • Friedrich Schleiermacher: Hermeneutik und Kritik. Georg Reimer, Berlin 1838, urn:nbn:de:kobv:b4-200905197348.
  • Wolfgang Ritzel: Methoden: hermeneutische Verfahren in der Erziehungswissenschaft. Kösel, München 1970, S. 24–177 (Sonderdruck aus: Handbuch pädagogischer Grundbegriffe. Band 2).
  • Jurgen Hullew: Pädagogische Theorie: pädagogische Hermeneutik. In: Abhandlungen zur Philosophie, Psychologie und Pädagogik. Band 176. Bouvier, Bonn 1982, S. 136–140.
  • Kinderfragen – Entwicklung, Bedeutung und pädagogische Hermeneutik. In: Zeitschrift für Pädagogik. Band 31, Nr. 6, 1985, urn:nbn:de:0111-pedocs-143727, S. 759–771.
  • Arnim Kaiser: Die hermeneutische Position. In: Studienbuch Pädagogik. Grund- und Prüfungswissen. Berlin 1981.
  • Hartmut von Hentig: Bildung. München, Wien 1996.
  • Christian Rittelmeyer, Michael Parmentier: Einführung in die pädagogische Hermeneutik. Mit einem Beitrag von Wolfgang Klafki (= Einführung Erziehungswissenschaft). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2001, ISBN 3-534-15058-9.
  • Karl-Heinz Braun: Pädagogische Hermeneutik in kritisch-konstruktiver Perspektive. In: Erziehungswissenschaftliche Reflexion und pädagogisch-politisches Engagement: Wolfgang Klafki weiterdenken. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-658-18595-4, S. 233–261, doi:10.1007/978-3-658-18595-4_16.

Einzelnachweise

  1. Designs für hermeneutische Forschung philso.uni-augsburg.de.