PCSK9

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Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9
Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9
PDB 2p4e

Vorhandene Strukturdaten: 4nmx, 4k8r, 3sqo, 3p5b, 3p5c, 3m0c, 2xtj, 3h42, 3gcw, 3gcx, 2w2n, 2w2m, 2w2p, 2w2o, 2w2q, 3bps, 2qtw, 2pmw, 2p4e

Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur 692 Aminosäuren
Bezeichner
Gen-Name PCSK9
Externe IDs
Enzymklassifikation
EC, Kategorie 3.4.21.-
Orthologe
Mensch Hausmaus
Entrez 255738 100102
Ensembl ENSG00000169174 ENSMUSG00000044254
UniProt Q8NBP7 Q80W65
Refseq (mRNA) NM_174936 NM_153565
Refseq (Protein) NP_777596 NP_705793
Genlocus Chr 1: 55.04 – 55.06 Mb Chr 4: 106.44 – 106.46 Mb
PubMed-Suche 255738 100102

Die Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (englisch proprotein convertase subtilisin/kexin type 9, kurz: PCSK9;

neural apoptosis-regulated convertase-1

, NARC-1) ist eine Serinprotease, die am Fettstoffwechsel beteiligt ist.[1][2]

Biologische Bedeutung

Proproteinkonvertasen aktivieren inaktive Vorläuferformen von Proteinen (Proproteine), indem sie ein Prosegment entfernen und so das aktive Protein (z. B. Hormon oder Rezeptor) freigeben. Es wurden bis jetzt neun Proproteinkonvertasen charakterisiert, darunter zuletzt PCSK9.[3] PCSK9 besitzt klinische Bedeutung, da es die Anzahl von LDL-Rezeptoren an der Zellmembran der Leberzellen mindert und folglich die Konzentration von LDL-Cholesterin im Blut erhöht.

Mutationen des PCSK9-Gens stellen die dritthäufigste Ursache der Hypercholesterinämie bei Patienten mit homozygoter autosomal dominanter Hypercholesterinämie (ADH) dar. Die Entwicklung von PCSK9-Hemmstoffen ist ein Ansatz für die Reduzierung des LDL-Cholesterins.

Regulation im Cholesterinstoffwechsel

PCSK9 befindet sich überwiegend in der Leber. Das inaktive PCSK9 unterliegt einer autokatalytischen Spaltung im endoplasmatischen Retikulum, bevor es dann aus der Leberzelle in den Blutkreislauf sezerniert wird. Das abgespaltene Prosegment bleibt jedoch mit dem aktiven Protein an seinem katalytischen Zentrum verbunden. Dies könnte erklären, warum bisher keine andere katalytische Aktivität des PCSK9 außer dieser Selbstspaltung bekannt ist.

Die Wirkungen des PCSK9 auf den LDL-Rezeptor und den LDL-Cholesterinspiegel sind unabhängig von seiner katalytischen Funktion, sondern erfolgen durch Bindung an den LDL-Rezeptor und durch dessen verstärkten Abbau. Von therapeutischem Interesse ist die PCSK9-Wirkung auf den Abbau der LDL-Rezeptoren, welche das LDL-Cholesterin aus dem Blutkreislauf entfernen. Zirkulierendes LDL-Cholesterin wird vorwiegend über den LDL-Rezeptor in der Leber abgebaut. LDL-Rezeptoren binden das zirkulierende LDL-Cholesterin und werden zusammen per Endozytose in die Zelle geschleust. Durch den Abfall des pH-Werts in den Endosomen trennen sich LDL-Cholesterin und LDL-Rezeptor. Während das LDL-Cholesterin in der Leberzelle weiter abgebaut wird, werden die Rezeptoren erneut an die Zelloberfläche transportiert, um erneut LDL-Cholesterin aufzunehmen.

PCSK9 reguliert den LDL-Cholesterinspiegel, indem es den LDL-Rezeptor bindet und mit ihm zusammen von der Leberzelle aufgenommen wird.[4] PCSK9-gebundene LDL-Rezeptoren werden in diesem Fall abgebaut und nicht erneut an die Zelloberfläche befördert und stehen damit nicht mehr für die LDL-Bindung zur Verfügung. Dadurch steigt der LDL-Cholesterinspiegel im Plasma an.

Durch krankhafte Fehlregulation kommt es zur Hypercholesterinämie.

Genetische Grundlagen

Familiäre Hypercholesterinämie ist eine autosomal dominante Krankheit, charakterisiert durch erhöhte plasmatische LDL-Spiegel, Xanthome und frühe koronare Herzkrankheit. Als Ursachen wurden bis jetzt Mutationen an drei Genen entdeckt, die alle drei die Funktion des LDL-Rezeptors beeinflussen: Mutationen des LDL-Rezeptor-Gens, des apoB100-Gens und des PCSK9-Gens.

Im Jahr 2003 wurden in zwei französischen Familien mit familiärer Hypercholesterinämie Mutationen eines neuidentifizierten Gens entdeckt, des PCSK9-Gens auf Chromosom 1.[5] Diese stellten sich als Gain-of-function-Mutationen heraus. Seitdem wurden zahlreiche andere Mutationen des PCSK9-Gens festgestellt, unter anderem auch Loss-of-function-Mutationen bei Patienten mit niedrigem LDL-Cholesterinspiegel und niedrigem KHK-Risiko.[6][7] Gain-of-function-Mutationen sind seltene Mutationen und kommen an dritter Stelle der Ursachen der homozygoten ADH vor, weit hinter LDL-Rezeptor- und apoB-Mutationen. In der Zwischenzeit sind jedoch weit über 100 Genvarianten des PCSK9 identifiziert worden, welche verantwortlich für einen großen Anteil der schweren Hypercholesterinämien sein könnten.

Behandlung der Hypercholesterinämie

Unabhängige Risikofaktoren für die koronare Herzkrankheit sind LDL-Cholesterin- und Lipoprotein(a)-Erhöhungen sowie ein verringertes HDL. Die Expositionszeit ist entscheidend, so dass genetische Formen von Hypercholesterinämien für die Entstehung einer Atherosklerose besonders bedeutend sind.

Bei milderen Formen der Dyslipidämien erfolgt die Behandlung in Form von Maßnahmen zur Änderung des Lebensstils. Bei erhöhtem kardiovaskulärem Gesamtrisiko und Nichterreichen des LDL-Zielwertes durch Lebensstilmaßnahmen ist in aller Regel eine Statintherapie indiziert. Bei Patienten mit besonders hohem Risiko sollte ein LDL-Cholesterinwert kleiner 70 mg/dl angestrebt werden. Bei Patienten mit nachgewiesener Atherosklerose ist selbst bei LDL-Ausgangswerten von unter 100 mg/dl der Einsatz eines Statins sinnvoll. Diese Zielwerte bleiben für viele Patienten mit familiären Hypercholesterinämien trotz medikamentöser Therapie schwer zu erreichen.

Grenzen der Statin-Wirkung

PCSK9 und LDL-Rezeptoren werden beide hauptsächlich von dem intrazellulären Cholesterinspiegel reguliert: sinkt dieser Spiegel, so wird eine Genexpression von LDL-Rezeptor und PCSK9 induziert. Der Wirkungsmechanismus der Statine besteht in der Hemmung eines Schlüsselenzyms (HMG-CoA-Reduktase, SREBP) und führt zu einer Senkung des intrazellulären Cholesterins in der Leberzelle. Sie werden deshalb auch als HMG-CoA-Reduktase-Hemmer bezeichnet. Die Wirkung über das SREBP führt regulativ zu einem Anstieg der Produktion (und Sekretion) des PCSK9, Statine erhöhen also die PCSK9-Spiegel und attenuieren damit etwas ihr eigentliches LDL-Senkungs-Potential. Dies kann erklären, warum mit Statinen eine LDL-Cholesterin-Senkung von mehr als 50 % kaum zu erreichen ist. Von einer Kombination von Statinen mit PCSK9-Hemmern verspricht man sich einen additiven Effekt.

PCSK9 als Zielstruktur

PCSK9-Hemmer binden an die zirkulierenden PCSK9 und verhindern deren Bindung an die LDL-Rezeptoren. Dadurch wird der Abbau von LDL-Cholesterin über die LDL-Rezeptoren gesteigert. Die PCSK9-Hemmstoffe sind ein besonders aktives Forschungsgebiet. Die Entdeckung des PCSK9-Gens und seiner Mutationen bildet ein Beispiel von genetikgesteuerter Therapieentwicklung. Die Entwicklung der monoklonalen Anti-PCSK9-Antikörper ist am meisten fortgeschritten.

  • Alirocumab, ebenfalls ein monoklonaler Antikörper, der von den Firmen Sanofi und Regeneron Pharmaceuticals entwickelt wurde, ist als Praluent seit Juli 2015 in den USA[10] und seit September 2015 europaweit zugelassen.[11] Die Indikationen sind weitgehend zu denen des Evolocumab identisch.[12]
  • Bococizumab (RN 316, Firma Pfizer) wurde in Phase-II-Studien untersucht.[13] Im November 2016 teilte Pfizer mit, dass die weitere Entwicklung eingestellt wurde.[14]

Unter den anderen Ansätzen für PCSK9-Inhibitoren (small molecules, peptide mimetics, gene silencing) befindet sich das siRNA Inclisiran (früher auch PCSK9si und/oder ALN-PCSsc). Die Substanz stammt aus der Forschung von Alnylam Pharmaceuticals und wird zusammen mit The Medicines Company entwickelt.[15][16][17][18]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. G. Lambert, B. Sjouke, B. Choque, J. J. Kastelein, G. K. Hovingh: The PCSK9 decade. In: Journal of lipid research. Band 53, Nummer 12, Dezember 2012, ISSN 0022-2275, S. 2515–2524, doi:10.1194/jlr.R026658, PMID 22811413, PMC 3494258 (freier Volltext).
  2. F. R. Maxfield, G. van Meer: Cholesterol, the central lipid of mammalian cells. In: Current opinion in cell biology. Band 22, Nummer 4, August 2010, ISSN 1879-0410, S. 422–429, doi:10.1016/j.ceb.2010.05.004, PMID 20627678, PMC 2910236 (freier Volltext).
  3. N. G. Seidah, M. S. Sadr, M. Chrétien, M. Mbikay: The multifaceted proprotein convertases: their unique, redundant, complementary, and opposite functions. In: The Journal of biological chemistry. Band 288, Nummer 30, Juli 2013, ISSN 1083-351X, S. 21473–21481, doi:10.1074/jbc.R113.481549, PMID 23775089, PMC 3724608 (freier Volltext).
  4. F. Petrides, K. Shearston, M. Chatelais, F. Guilbaud, O. Meilhac, G. Lambert: The promises of PCSK9 inhibition. In: Current opinion in lipidology. Band 24, Nummer 4, August 2013, ISSN 1473-6535, S. 307–312, doi:10.1097/MOL.0b013e328361f62d, PMID 23817198.
  5. M. Abifadel, M. Varret, J. P. Rabès, D. Allard, K. Ouguerram, M. Devillers, C. Cruaud, S. Benjannet, L. Wickham, D. Erlich, A. Derré, L. Villéger, M. Farnier, I. Beucler, E. Bruckert, J. Chambaz, B. Chanu, J. M. Lecerf, G. Luc, P. Moulin, J. Weissenbach, A. Prat, M. Krempf, C. Junien, N. G. Seidah, C. Boileau: Mutations in PCSK9 cause autosomal dominant hypercholesterolemia. In: Nature genetics. Band 34, Nummer 2, Juni 2003, ISSN 1061-4036, S. 154–156, doi:10.1038/ng1161, PMID 12730697.
  6. Jonathan C. Cohen, Eric Boerwinkle, Thomas H. Mosley, Helen H. Hobbs: Sequence Variations in PCSK9, Low LDL, and Protection against Coronary Heart Disease. In: New England Journal of Medicine. Band 354, Nr. 12, 2006, S. 1264–1272, doi:10.1056/NEJMoa054013, PMID 16554528.
  7. Jonathan C. Cohen, Helen H. Hobbs: Simple Genetics for a Complex Disease. In: Science. Band 340, Nr. 6133, 5. Oktober 2013, S. 689–690, doi:10.1126/science.1239101, PMID 23661745.
  8. Repatha auf der Website der europäischen Arzneimittelagentur
  9. European Commission Approves Amgen's New Cholesterol-Lowering Medication Repatha™ (evolocumab), The First PCSK9 Inhibitor To Be Approved In The World, For Treatment Of High Cholesterol, PM von Amgen vom 21. Juli 2015, abgerufen am 22. Juli 2015
  10. FDA approves Praluent to treat certain patients with high cholesterol, PM der FDA vom 24. Juli 2015, abgerufen am 14. Februar 2016
  11. Sanofi und Regeneron geben die Zulassung von Praluent® (Alirocumab) zur Therapie der Hypercholesterinämie in der Europäischen Union bekannt (Memento des Originals vom 16. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sanofi.de, PM von Sanofi Deutschland vom 29. September 2015
  12. [(http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp? curl=pages/medicines/human/medicines/003766/smops/Positive/human_smop_000828.jsp&mid=WC0b01ac058001d127&source=homeMedSearch&category=human)] abgerufen am 14. Februar 2016
  13. Bococizumab (RN316) Significantly Reduced LDL Cholesterol In Statin-Treated Adults With High Cholesterol In A Phase 2b Study, PM von Pfizer vom 27. März 2014, abgerufen am 1. April 2014
  14. http://www.pfizer.com/news/press-release/press-release-detail/pfizer_discontinues_global_development_of_bococizumab_its_investigational_pcsk9_inhibitor
  15. Alnylam Development Pipeline, WebSite Alnylam, abgerufen am 24. Mai 2017
  16. The Medicines Company and Alnylam Announce Presentation of New Pre-Clinical Data on PCSK9 at Arteriosclerosis, Thrombosis and Vascular Biology 2014 Scientific Sessions, PM The Medicines Company vom 1. Mai 2014, abgerufen am 3. Mai 2014
  17. The Medicines Company and Alnylam Pharmaceuticals Announce Agreement with FDA on Phase III Clinical Program for Inclisiran (Memento des Originals vom 26. Juni 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/investors.alnylam.com, PM Alnylam vom 26. April 2017, abgerufen am 24. Mai 2017
  18. The Medicines Company and Alnylam Pharmaceuticals Announce Agreement with FDA on Phase III Clinical Program for Inclisiran, PM The Medicines Company vom 26. April 2017, abgerufen am 24. Mai 2017