Panzer-Affäre
Die Panzer-Affäre war 1991 eine Affäre des deutschen Bundesnachrichtendienstes, der Bundeswehr und des israelischen Mossad um Rüstungsgüter der NVA, welche nach Israel transportiert werden sollten beziehungsweise welche von israelischen Beamten inspiziert wurden.
Vorgeschichte
Während des Golfkriegs versuchte Israel über verschiedene Anfragen an NVA-Gerät zu kommen. Der Bundessicherheitsrat erlaubte am 27. Februar 1991 nur die Ausfuhr von ABC-Schutzmaterial. Die israelische Regierung versuchte über das Bundesministerium der Verteidigung an ZSU-23-4 und SA-6 mit Zubehör und Gabelstapler zu kommen. Mit dem Hinweis auf den Beschluss des Bundessicherheitsrates wurde am 11. März 1991 entschieden, nur Gabelstapler zu liefern.[1]
Aufdeckung
Aufgedeckt wurde die Affäre von der Wasserschutzpolizei Hamburg in der Nacht auf den 26. Oktober 1991 im Hamburger Hafen, als sie Container des israelischen Schiffs Palmah II überprüfte. Das Schiff hatte angeblich landwirtschaftliches Gerät geladen, tatsächlich handelte es sich jedoch um Rüstungsgüter. Die Ladung wurde in der Nacht von der Wehrtechnischen Dienststelle 91 in Meppen verladen. Die Rüstungsgüter umfassten zwei ZSU-23-4, SA-6, ein Radarfahrzeug und vier Brückenleger-Lkw. Um den Transport nicht zu gefährden, hatte die Beschaffungsabteilung I des BND dem Zoll in Hamburg, der Verkehrspolizei und der Hafenverwaltung des Hamburger Hafens mitgeteilt, dass etwas unterwegs war. Allerdings hätte normalerweise auch die Wasserschutzpolizei informiert werden sollen, was jedoch nicht geschehen war. Am 28. Oktober 1991 meldeten Presseagenturen erste Berichte. Lutz Stavenhagen, damals zuständig für die Kontrolle der Geheimdienste, machte am 30. Oktober vor dem Bundestag die Aussage: „Die Frage, wie man Nachrichtendienste, die ja etwas andere Behörden sind, richtig kontrolliert, ist eine Frage, die mich schon lange bewegt.“[1] Juristisch wurden vom Hamburger Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagge Ermittlungen eingeleitet.[2]
Daneben gab es auch noch andere Vorgänge, die im Zuge der Affäre herauskamen. Auf dem Fliegerhorst Ingolstadt/Manching wurde eine MiG-29 Belastungstests unterzogen. Neben US-amerikanischen und britischen, waren auch israelische Experten an diesen Tests beteiligt, was aber nach den NATO-Bestimmungen unzulässig war. Zudem wurde die Radaranlage einer MiG-29 an die Israelis zur Untersuchung ausgeliehen, war jedoch bei deren Rückgabe nicht mehr vollständig. Mit Stand vom 31. Oktober 1991 hatte die Bundeswehr in einer Liste folgende Überlassungen von NVA-Gerät per Luftfracht aufgeführt:[3]
- am 16. Oktober 1990 zwei Schiff-Schiff-Flugkörper (FK) vom Typ P-21/P-22,
- am 31. Oktober 1990 sieben Luft-Boden-Raketen Ch-25/Ch-29/Ch-58,
- am 6. Dezember 1990 eine Schiff-Schiff-Rakete P-15,
- am 8. Februar 1991 zwei Raketensuchköpfe P21/22,
- am 19. Juli 1991 zwei Torpedos Saet-40.
Juristische Folgen
Als im Jahr 1991 die Ermittlungen aufgenommen wurden, entschied sich die Staatsanwaltschaft in Hamburg, Anklage wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz gegen die BND-Mitarbeiter Alexander Weber und Dieter Seibt zu erheben. Der erste Verhandlungstag war der 22. Mai 1995, und das gesamte Verfahren sollte insgesamt 10 Verhandlungstage in Anspruch nehmen. Auf Antrag der Verteidigung wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen.[4]
Einzelnachweise
- ↑ a b Der Apparat macht, was er will. In: DER SPIEGEL 45/1991. 4. November 1991, abgerufen am 10. Oktober 2015.
- ↑ Wolfgang Hoffmann: Schwerter zu Pflugscharen. Wie der BND aus Panzern Landmaschinen machte. In: ZEIT ONLINE. ZEIT ONLINE GmbH, 1. November 1991, abgerufen am 10. Oktober 2015.
- ↑ Panzer und Torpedos. In: DER SPIEGEL 47/1991. 18. November 1991, abgerufen am 10. Oktober 2015.
- ↑ PHILIP ALSEN: Hamburger "Panzer-Affäre" vor Gericht. Auftrag für BND-Waffenhandel mit Israel soll von der Bundeswehr erteilt worden sein. In: DIE WELT. 23. Mai 1995, abgerufen am 10. Oktober 2015.